Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
einem Museum. Obwohl die meisten Museen nicht besonders teuer sind, finde ich es viel reizvoller, mein Kunstbedürfnis kostenlos zu befriedigen. Aber natürlich bin ich da nicht der Einzige. An solchen Tagen ist das Museum überfüllt. Es bildet sich eine lange Schlange; man sieht kaum etwas, und sich mit den vielen Leuten im Museum und im Café herumzuschlagen ist schlicht unangenehm. Weiß ich, dass es ein Fehler ist, dann ins Museum zu gehen, wenn der Eintritt frei ist? Darauf können Sie wetten – aber ich tue es trotzdem.
Die Null kann auch bei Lebensmittelkäufen eine Rolle spielen. Lebensmittelhersteller müssen auf der Verpackung alle möglichen Informationen liefern – über Kalorien, Fettgehalt, Ballaststoffe und so weiter. Könnte es sein, dass uns null Kalorien, null Transfettsäuren, null Kohlenhydrate und so weiter ebenso attraktiv erscheinen wie null Kosten für ein Produkt? Gilt hier dieselbe Regel, müsste Pepsi mehr von seinem Getränk verkaufen, wenn auf der Dose »null Kalorien« statt »eine Kalorie« stünde.
Nehmen wir einmal an, Sie sitzen in einer Bar und unterhalten sich mit Freunden. Von einer Biermarke wird eine kalorienfreie Sorte angeboten, von einer anderen eine mit drei Kalorien. Welche Marke lässt Sie glauben, wirklich ein leichtes Bier zu trinken? Obwohl der Unterschied zwischen den beidenvernachlässigenswert ist, wird Ihnen das Null-Kalorien-Bier das Gefühl geben, dass Sie, was Ihre Gesundheit betrifft, das Richtige tun. Möglicherweise fühlen Sie sich sogar so gut, dass Sie dazu noch einen Teller Pommes frites bestellen.
Man kann also mit einer geringen Versandgebühr von 20 Cent den Status quo erhalten (wie im Fall der Amazon-Versandkosten in Frankreich) oder aber einen Massenansturm auslösen, indem man etwas gratis anbietet. Vergessen Sie nicht, wie zugkräftig dieser Gedanke ist. Null ist nicht einfach ein Preisnachlass. Null ist geradezu eine andere Welt. Der Unterschied zwischen zwei Cent und einem Cent ist klein, der zwischen einem Cent und null Cent hingegen enorm!
Als Geschäftsmann oder -frau können Sie mit diesem Wissen wunderbare Dinge erreichen. Sie wollen einen Massenansturm auf Ihr Produkt? Geben Sie etwas gratis her. Sie wollen mehr von Ihrem Produkt verkaufen? Setzen Sie die Kosten für einen Teil des Kaufs auf null herab.
In gleicher Weise lässt sich mit einem Gratis! auch Politik machen. Sie wollen, dass die Leute elektrisch betriebene Autos fahren? Dann senken Sie nicht nur die Anmelde- und TÜVGebühren – schaffen Sie sie ganz ab, und kreieren Sie auf diese Weise ein Gratisangebot. Wenn Sie im Gesundheits bereich etwas erreichen wollen, konzentrieren Sie sich auf die Früherkennung, um das Fortschreiten schwerer Krankheiten zu verhindern. Sie wollen, dass die Leute das Richtige tun – regelmäßig zur Darmspiegelung, Mammographie, zum Cholesterin- und Diabetestest und so weiter gehen? Dann senken Sie nicht einfach die Kosten (durch Herabsetzung der Zuzahlung), nein, bieten Sie diese wichtigen Untersuchungen kostenlos an.
Ich glaube, dass sich die meisten Politikstrategen gar nicht darüber im Klaren sind, dass sie die Karte Gratis! in der Handhalten – ganz zu schweigen davon, dass sie wissen, wie man sie ausspielt. Natürlich geht es einem gefühlsmäßig gegen den Strich, in Zeiten der Haushaltskürzungen etwas gratis anzubieten. Hierüber einmal nachzudenken kann jedoch enorme Möglichkeiten eröffnen und ist äußerst sinnvoll.
Anhang
Wie lässt sich die Logik der gängigen Wirtschaftstheorie auf unser Szenario anwenden? Wenn jemand eine von zwei Pralinen wählen soll, muss er nicht den jeweiligen absoluten Wert der beiden Pralinen in Betracht ziehen, sondern ihren relativen Wert – das heißt, was er jeweils bekommt und auf was er verzichtet. In einem ersten Schritt muss der rationale Konsument den relativen Nettogewinn der beiden Pralinen (den Wert des erwarteten Genusses abzüglich der Kosten dafür) beurteilen und entscheiden, welche Schokolade den höheren Nettogewinn hat. Wie würde dies aussehen, wenn die Kosten der Lindt-Trüffeln 15 Cent betrügen und die der Hershey-Pralinen einen Cent? Der rationale Konsument würde den Genuss, den er jeweils von der Trüffel und dem Hershey’s Kiss erwartet, abschätzen (sagen wir 50 beziehungsweise 5 Genusseinheiten) und das Missfallen abziehen, das er in Kauf nimmt, weil er 15 Cent beziehungsweise einen Cent bezahlen muss (sagen wir 15 Missfallenseinheiten im Verhältnis zu einer
Weitere Kostenlose Bücher