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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
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Missfallenseinheit). Auf diese Weise erhält er in der Summe 35 Genusseinheiten (50 minus 15) für die Trüffel und 4 Genusseinheiten (5 minus 1) für den Kiss. Damit liegt die Trüffel um 31 Punkte vorn, womit die Entscheidung leichtfallen dürfte – die Trüffel ist der eindeutige Sieger.
    Was aber ist, wenn bei beiden Produkten die Kosten um denselben Betrag gesenkt werden – also die Trüffel 14 Centkostet und der Kiss nichts? Hier gilt dieselbe Logik. Der Geschmack der Pralinen hat sich nicht verändert, somit würde der rationale Konsument den Genuss auf 50 beziehungsweise fünf Genusseinheiten schätzen. Was sich jedoch verändert hat, ist das Missfallen. In diesem Fall würde der Konsument bei beiden Pralinen weniger Missfallen empfinden, weil der Preis jeweils um einen Cent (und somit um eine Missfallenseinheit) gesenkt wurde. Und genau dies ist der entscheidende Punkt: Da der Preis beider Produkte um denselben Betrag gesenkt wurde, bleibt der relative Unterschied unverändert. Der erwartete Genuss für die Trüffel würde jetzt 36 Genusseinheiten (50 minus 14) betragen, der für den Kiss 5 (5 bis 0). Die Trüffel liegt daher immer noch mit 31 Punkten in Führung, die Entscheidung würde also genauso leichtfallen wie früher. Die Trüffel trägt den überwältigenden Sieg davon.
    So würde also die Entscheidung ausfallen, wenn dabei nur die Kräfte einer rationalen Kosten-Nutzen-Analyse am Werk wären. Die Tatsache, dass die Ergebnisse unserer Experimente völlig anders ausfallen, zeigt uns aber klar und deutlich, dass sich in Wirklichkeit andere Dinge abspielen.

VIER
Die Kosten sozialer Normen
     
    Warum wir manche Dinge gern tun, aber nicht, wenn wir dafür bezahlt werden
     
    Stellen Sie sich vor, Sie sind zum Thanksgiving-Essen bei Ihrer Schwiegermutter. Was hat sie für ein fürstliches Mahl aufgetischt! Der Truthahn ist goldbraun gebraten, die selbstgemachte Füllung genau so, wie Sie sie mögen. Ihre Kinder sind begeistert: Die Süßkartoffeln sind mit Marshmallows dekoriert. Ihre Frau fühlt sich geschmeichelt: Zum Nachtisch gibt es einen Kürbis-Pie nach ihrem Lieblingsrezept.
    Das Festessen zieht sich bis in den späten Nachmittag hinein. Sie lockern Ihren Gürtel und trinken ein Glas Wein. Mit einem liebevollen Blick zu Ihrer Schwiegermutter stehen Sie auf und ziehen Ihr Portemonnaie heraus. »Liebe Schwiegermama, du hast so viel Liebe in all dies gesteckt, was schulde ich dir?«, sagen Sie mit feierlicher Stimme. Während die Anwesenden in Schweigen verfallen, wedeln Sie mit ein paar Geldscheinen. »Glaubst du, dass dreihundert Dollar genug sind? Ach, warte, ich gebe dir lieber vierhundert!«
    Nein, das ist keine Idylle im Stil von Norman Rockwell. Ein Weinglas fällt um, Ihre Schwiegermutter erhebt sich mit gerötetem Gesicht, Ihre Schwägerin wirft Ihnen einen wütenden Blick zu, und Ihre Nichte bricht in Tränen aus. Es sieht so aus, als würden Sie Thanksgiving nächstes Jahr mit einem Fertiggericht vor dem Fernseher verbringen.
     
    Was geht hier vor sich? Warum setzt das Geldangebot den Feiernden einen solchen Dämpfer auf? Die Antwort lautet, dass wir in zwei verschiedenen Welten gleichzeitig leben – in der einen herrschen soziale Normen vor, in der anderen bestimmen die Normen des Marktes die Regeln. Zu den sozialen Normen gehören auch freundliche Bitten an andere. Könnten Sie mir helfen, diese Couch umzustellen? Könnten Sie mir helfen, den Reifen zu wechseln? Soziale Normen sind in unserer sozialen Natur und unserem Bedürfnis nach Gemeinschaft verankert. In der Regel vermitteln sie Wärme und Wohlgefühl. Man erwartet keine sofortige Belohnung: Sie helfen Ihrem Nachbarn, seine Couch umzustellen, aber das heißt nicht, dass er gleich zu Ihnen herüberkommen muss, um nun Ihre Couch umzustellen. Es ist, wie wenn Sie jemandem die Haustür öffnen: Beide Seiten freuen sich, aber eine unmittelbare Gegenleistung ist nicht nötig.
    Die andere Welt, die von den Normen des Marktes beherrscht wird, ist völlig anders. Hier ist es keineswegs warm und kuschelig. Vielmehr geht es um eindeutig definierte Dinge: Löhne, Preise, Mieten, Zinsen sowie Kosten und Nutzen. Solche wirtschaftlichen Beziehungen sind nicht unbedingt schlecht oder schäbig – sie beinhalten auch die Werte Selbstvertrauen, Erfindungsreichtum und Individualismus –, aber sie implizieren vergleichbaren Nutzen und pünktliche Bezahlung. Im Reich der Marktnormen bekommt man das, wofür man bezahlt – Schluss, aus.
    Wenn

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