Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
Vom Netzwerk:
umgetauscht. So sagten sie voraus, dass die Teilnehmer die Chips wie richtiges Geld behandeln würden.
    Doch wie sehr irrten sie sich da! Ihnen war nicht klar, wie schnell wir unsere Unehrlichkeit rationalisieren können, wenn es nicht direkt um Geld geht. Natürlich sind wir nicht weniger blind als sie, und das ist vielleicht der Grund, warum es so viel Betrug gibt. Vielleicht sind Jeff Skilling, Bernie Ebbers und all die Führungskräfte, die in den letzten Jahren belangt wurden, deshalb mitsamt ihren Unternehmen auf die schiefe Bahn geraten.
    Natürlich haben wir an dieser Stelle alle einen Schwachpunkt. Denken Sie nur einmal an den so häufig vorkommenden Versicherungsbetrug. Schätzungen zufolge strecken Kunden, die Haus- oder Autoschäden melden, ihre Ansprüche um etwa zehn Prozent. (Sobald Sie einen übertrieben hohen Schaden melden, hebt die Versicherung selbstverständlich Ihre Prämie an, so dass Sie es mit gleicher Münze heimgezahlt bekommen.) Auch hier gilt, dass nur wenige Kunden völlig schamlose Forderungen stellen. Vielmehr wird beispielsweise beim Verlust eines 27-Zoll-Fernsehers ein 32-Zoll-Fernseher angegeben, statt eines 32-Zoll- ein 36-Zoll-Fernseher und so weiter. Dieselben Menschen würden höchstwahrscheinlich der Versicherung nicht direkt Geld stehlen (so verlockend das auch manchmal sein mag), aber zu melden, was sie gar nicht mehr haben –, und dessen Größe und Wert nur ein wenig nach oben zu korrigieren – macht die moralische Last ein wenig leichter.
    Es gibt aber auch noch andere interessante Formen des Betrugs. Haben Sie schon einmal etwas von »Wardrobing« gehört? Wardrobing heißt, dass man ein Kleidungsstück kauft, es eine Weile trägt und es dann in einem solchen Zustand wieder umtauscht, dass das Geschäft es akzeptieren muss, es aber nicht mehr verkaufen kann. Dabei stehlen die Kunden dem Unternehmen nicht direkt Geld. Stattdessen handelt es sich um ein ständiges Kaufen und Umtauschen, bei dem viele unklare Transaktionen im Spiel sind. Eine Folge dieser »Mode« aber ist vollkommen klar – die Bekleidungsindustrie schätzt ihre jährlichen Verluste durch Wardrobing auf etwa 16 Milliarden Dollar (auf etwa dieselbe Summe wird der jährliche Gesamtschaden durch Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle geschätzt).
    Und wie steht es mit den Spesenabrechnungen? Von Menschen, die auf Geschäftsreise gehen, wird erwartet, dass sie die Regeln kennen, aber auch Spesenabrechnungen haben nur indirekt mit Geld zu tun. In einer Studie stellten Nina und ich fest, dass hinsichtlich der Möglichkeit, falsche Angaben zu machen, nicht alle Ausgaben gleich bewertet werden. So galt zum Beispiel der Kauf eines Fünf-Dollar-Bechers für eine attraktive fremde Dame eindeutig als Tabu, derselben Dame in einer Bar einen Drink für acht Dollar zu spendieren war hingegen ausgesprochen leicht zu rechtfertigen. Der Unterschied lag nicht im Preis oder in der Angst, erwischt zu werden, sondern darin, ob die jeweilige Person es vor sich selbst rechtfertigen konnte, die Ausgabe auf die Spesenabrechnung zu setzen.
    Ein paar weitere Untersuchungen zur Frage der Spesenabrechnungen ergaben ähnliche Rationalisierungen. In einer Studie zeigte sich, dass Leute, die ihren Mitarbeitern ihre Spesenabrechnungen zur Weitergabe in die Hand drücken, damitschon einen Schritt von dem betrügerischen Akt entfernt sind und eher dazu neigen, fragwürdige Belege dazwischenzuschmuggeln. Eine andere Studie ergab, dass Geschäftsleute, die in New York leben, ein Geschenk für ihr Kind eher als Geschäftsausgabe deklarieren, wenn sie es am Flughafen von San Francisco (oder irgendwo anders weit weg von ihrem Wohnsitz) erworben haben, als wenn sie es am Flughafen von New York oder auf dem Nachhauseweg vom Flughafen gekauft haben. All das erscheint nicht logisch, aber wenn das Mittel des Tausches nicht Geld ist, steigt unsere Fähigkeit zu rationalisieren sprunghaft an.
     
    Vor ein paar Jahren wurde ich selbst einmal Opfer eines Betrugs. Jemand war in mein Skype-Benutzerkonto eingedrungen (eine sehr coole Internet-Telefon-Software), und mein PayPal-Konto (ein Internet-Zahlungssystem) war mit ein paar hundert Dollar belastet worden.
    Ich glaube nicht, dass die Person, die das getan hat, ein abgebrühter Krimineller war; aus der Sicht eines Verbrechers hätte er nämlich damit nur Zeit und Talent verschwendet, denn wer so clever ist, in Skype einzudringen, hätte sich wahrscheinlich auch Zugang zu Amazon-, Dell- oder sogar

Weitere Kostenlose Bücher