Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten!
habe, dass es sinnvoller sei, sich anders
zu entscheiden, sind sie fast alle bei Ihrer Entscheidung geblieben. Offenbar steckt sehr tief in uns allen der Grundsatz:
Die erste Entscheidung ist die richtige – oder auch die Variation davon, nämlich dass der erste Gedanke immer der richtige
wäre. Das stimmt offensichtlich nicht und hat auch mit Intuition nichts zu tun.
Bevor Sie dieses Beispiel als rein akademisch abtun, seien Sie versichert: Wir bleiben sehr oft auch im echten Leben bei unseren
ersten Entscheidungen, auch wenn wir wissen, dass es sinnvoller wäre, sie zu ändern. Zum Beispiel wenn wir «eine Sache durchziehen»,
einfach nur der Konsequenz wegen. Nach dem Motto: Wer A sagt, muss auch B sagen. Ich habe einerseits schon einige Teamsitzungen
miterlebt, in deren Verlauf sehr gute Vorschläge abgeschmettert wurden, weil einige der Teilnehmer auf ihrem nachweislich
falschen Standpunkt beharrten, nur weil sie ihn einmal eingenommen hatten. Andererseits wurden völlig schwachsinnige Vorschläge
viel zu lange diskutiert, obwohl klar gezeigt werden konnte, dass sie unsinnig waren – nur weil der Verantwortliche es als
Zeichen der Schwäche gedeutet hätte, seinen Standpunkt zu ändern. |42| Das Monty-Hall-Problem oder Ziegen-Problem, wie das oben beschriebene Entscheidungsdilemma auch genannt wird, beweist, dass
wir lieber bei einer schwachen Entscheidung bleiben, statt sie zu ändern. Ist das Freiheit der Gedanken? Ich denke nicht.
Entscheidungen sind eine der großen Fragen der Menschheit. Jeder von uns fragt sich von Zeit zu Zeit, wie sein Leben jetzt
verlaufen würde, wenn er sich zu einem bestimmten Zeitpunkt anders entschieden hätte, und Entscheidungen großer Tragweite
breiten sich in Form von immer weiter kreisenden Gedanken unaufhörlich in unserem Kopf aus. Diese endlos kreisenden Gedanken
können die Ursache für schlaflose Nächte sein und uns das Leben zur Hölle machen.
Dabei muss es sich noch nicht einmal um wirklich große Wendepunkte im Leben handeln! Eines meiner Lieblingsbücher der vergangenen
Jahre ist Helge Timmerbergs «In 80 Tagen um die Welt». Sollten Sie von Fernweh geplagt sein, lesen Sie dieses Buch. Timmerberg bereist dieselbe Strecke wie Jules
Vernes Abenteurer Phileas Fogg, und dafür nimmt er sich ebenfalls 80 Tage Zeit. Es ist ein unglaublich unterhaltsamer Reisebericht. Sehr viel Komik entsteht aus der Tatsache, dass es zu Jules
Vernes Zeiten unmöglich war, so schnell einmal um die Erde zu reisen – es heute aber ein unfassbarer zeitlicher Luxus ist,
eine Reise mit so viel Muße zu unternehmen.
Eine von Timmerbergs Stationen ist Indien. Dort angekommen, weiß er nicht, ob er mit dem Zug weiterreisen soll oder mit dem
Flugzeug. Gegen das Fliegen spricht Timmerbergs Angst, etwas zu verpassen – gegen Zugfahrt die Toiletten, die er in schlechtem
Zustand wähnt. Timmerberg wird eindringlich nahegelegt, «mit indischen Zügen im wirklichen Leben nie solche Distanzen zu überbrücken,
auf denen man seinen Stuhlgang nicht die ganze Zeit zurückhalten könne».
Er kann sich einfach nicht entscheiden. Es geht ihm dabei wie sehr vielen von uns: Er denkt und denkt – er überlegt ohne |43| Ende und damit
zu viel.
Die Entscheidung ist nicht von allzu großer Bedeutung – dennoch frisst sie ihn auf. Ohne klare Entscheidung geht es überhaupt
nicht weiter, und die Reise stockt derweil – Gift für seinen Reiseroman.
Um eine Lösung zu finden, diskutiert er seine Möglichkeiten mit fremden Menschen in Cafés und Restaurants. Seine Unfähigkeit,
eine Entscheidung zu fällen, nimmt dabei immer abstrusere Formen an. Beispielsweise trifft er eines Abends jemanden, der ihn
derartig langweilt und den er so unsympathisch findet, dass er sich vornimmt, das genaue Gegenteil von dem zu tun, was dieser
Mensch ihm rät. Seine Unentschlossenheit ist zwischenzeitlich aber so groß, dass er sich noch nicht einmal dazu durchringen
kann.
Nach einigen Tagen sucht er Rat bei einem Guru – schließlich ist er ja in Indien. Dem offenbart Timmerberg, dass er sich einfach
zu nichts entschließen könne. Egal, ob es um Wichtiges oder Unwichtiges gehe, er fände es stets äußerst schwierig, wenn nicht
unmöglich, eine Option gegen eine andere abzuwägen. Es sei eine psychologische Fehlfunktion seinerseits, eine besondere Schwäche,
die ihm das Leben schwermache, räumt er ein. Was er tun solle, fragt er den Guru. Der gibt eine
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