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Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben

Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben

Titel: Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie haben richtig gelesen — Phyllis Carter! New Yorks Top-Fotomodell. Das Girl, das seinen Namen für eine populäre Kosmetikserie hergab. Die junge Dame, nach der eine Moderichtung benannt wurde — der Carter-Look. Dasselbe Mädchen schließlich, das mit einem Privatflugzeug von Termin zu Termin flog, um allen Nachfragen gerecht werden zu können.
    Phyllis flog die Maschine selbst. Mindestens einmal im Monat landete sie zu Hause in Springfield.
    Phyllis Carter war so elegant und selbstbewußt, als sei sie in einer Millionärsvilla aufgewachsen, aber sie hatte ihre Jugend auf der kleinen, verschuldeten Farm der Eltern verbracht.
    Phyllis liebte New York und den Erfolg, aber innerlich kam sie nicht von Springfield los. Sie betrachtete sich noch immer als eine Bürgerin ihres Heimatortes.
    Springfield nannte sich Stadt. In Wahrheit war es nur ein kleiner Ort von achtundsiebzig Einwohnern. Trotzdem kamen auf jeden Bürger mindestens vier Häuser — auch wenn die meisten davon leer standen und allmählich verfielen.
    Springfield befand sich schon seit Jahren auf dem Weg zu einer Geisterstadt. Seitdem die zwei Ölquellen versiegt waren, von denen die meisten Menschen des Ortes gelebt hatten, waren immer mehr Einwohner fortgezogen. Geblieben waren nur die Älteren, vor allem die Leute vom Land, die keine Chance mehr hatten, irgendwo neu zu beginnen, oder die sich nicht von ihrem kläglichen Besitz trennen konnten, für den es keine Käufer mehr gab.
    Als die Ölgesellschaft noch ihre Büros im Ort gehabt hatte, war der kleine Flugplatz am Westrand der Stadt gebaut worden — eine gewalzte, etwas holprige Rollbahn mit einem kleinen Wellblechhangar und einem Mast, an dem ein rot-weiß gestreifter Windsack hing.
    Die kalkige harte Piste war das erste, was Phyllis an jenem denkwürdigen Anflug von der Stadt sah. Die Rollbahn wies wie ein Pfeil auf den Ort, der aus der Vogelperspektive wie eine Goldgräbersiedlung der Pionierzeit aussah.
    Phyllis steuerte eine zweimotorige Cessna-Reisemaschine, die sie vor einem Jahr gebraucht erstanden hatte und die sie von einer New Yorker Charterfluggesellschaft betreuen ließ. Phyllis brachte den blauweißen Vogel glatt auf die Piste und ließ ihn dann in den offenen Hangar rollen.
    Dort wartete der alte, klapprige Willys-Jeep, den sie sich gekauft hatte, um rasch vom Flugplatz in den Ort und wieder zurück zu kommen.
    Phyllis stellte ihre Reisetasche in den Wagenfond und schob den Zündschlüssel ins Schloß. Sie drückte auf den Starter. Die Batterie lieferte nur die Kraft für ein paar wehleidige Töne, dann kapitulierte sie.
    Phyllis kletterte seufzend von ihrem Sitz und überlegte, ob sie auf dem nun notwendig gewordenen Fußmarsch ihre Reisetasche mitnehmen sollte. Sie beschloß, das Gepäckstück zurückzulassen und Ernie Hopkins, der am Ortsrand eine Tankstelle betrieb, darum zu bitten, die Tasche für sie abzuholen.
    Es war einfach zu heiß, um sich auf einem Anderthalb-Meilen-Spaziergang mit Gepäck zu belasten. Phyllis blinzelte, als sie aus dem Schatten des Hangars in die pralle Sonne trat. Wenn sie Glück hatte, würde ihr ein Wagen begegnen und sie ein Stück mitnehmen, aber um diese Zeit — vierzehn Uhr dreißig — hielten die meisten Einwohner des Ortes ihren Mittagsschlaf.
    Phyllis war wegen der kleinen Panne nicht mißgestimmt. Im Grunde liebte sie diese kochende Hitze, die das Land ausdörrte und gleichzeitig konservierte, diese wabernde, alle Konturen auslöschende Glut, die den Farben einen ganz eigenen unverwechselbaren Glanz gab.
    Phyllis marschierte los. Sie war froh, daß sie die flachen, leichten Segeltuchschuhe mit den weichen Gummisohlen angezogen hatte. Während des Gehens streifte sie den ledernen Lumberjack ab und legte ihn über die Schulter.
    Weit hinter dem Ort stieg die stahlblaue Hügelkette der Saw Mountains in den Himmel. Westlich der Stadt zeichneten sich vor den Bergen die Stahlgerippe der längst stillgelegten Bohrtürme ab.
    Phyllis fragte sich zuweilen, warum sie diesen Ort und seine Umgebung liebte. Nichts von dem, was Springfield zu bieten hatte, war wirklich schön oder reizvoll. Es war ein tristes Nest in einer weiten, steinigen Ebene. Die nahen Berge waren nur von optischem Reiz; ihre kahlen felsigen Flächen wurden von giftigen Schlangen bevölkert.
    Aber es war ihre Heimat. Es waren die unabwägbaren und scheinbar belanglosen Dinge, die ihr an Springfield gefielen. Das weiche Licht der Abendstimmung, der süßliche Geruch im einzigen

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