Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Frühjahr 2005 wußte E., daß er diese Silvia ja auch wirklich kennenlernen, beim Schreiten begleiten o.ä. wollte. Schlecht standen die Aussichten in der Frankfurter Fußgängerzone, unter all diesen allzu seelenlosen Schnepfen und haspeligen Hühnern war sicher, war ganz bestimmt keine schwungvoll schreitende Silvia darunter – und also machte E. zuerst halbherzig, dann entschlossen sich auf den Weg nach München und bereitete sich, in der Leopold- oder Maximilianstraße standen die Chancen schon viel besser, auch wegen der an der Isar ja auch wohl viel höher situierten Schubertlieder-Kultur und –
Wie es E. in München ergehen und weitergehen könnte? Weiß noch nicht recht. Fast allzu zahlreiche Spielmöglichkeiten böten sich hier an, bis hin zu einer Begegnung mit Waltraud Meier und/oder Anna Netrebko. Oder wenigstens Joachim Kaiser – ahaaaaber: So oder so kein reizloses Thema, oder?
Und auch kein gar zu verschrobenes und gestelztes!
Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ausgeführten Roman »Dolce Madonna Bionda« von 1983 ist bei beiden Romanideen nicht von der Hand zu weisen. Ja, es möchte eine Art (nur epische?) Lebensmelodie die dahinterstehende sein: Frauensuchen als aussichtsloses, nein, als fast aussichtsloses Unterfangen. Hm. Aber jetzt – bin ich wohl für das Projekt, und gar seine Ausführung, zu alt, zu reif, nicht mehr kindisch genug. Und also froh , daß das im Prinzip schon einmal abgefackelt ist .
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Alles über die Deutschen. Wenn den deutschen Schriftstellern schon gar nichts mehr einfällt, nicht mal ein Silvia-Epos, dann schreiben sie ein Buch oder mindestens einen Zeitungsriemen »Über die Deutschen«. Von Heine bis Thomas Mann, von Gustav Freytag über Horst Vetten und Willi Winkler bis (es mußte sein) Gerh. Zwerenz schreiben sie über »die Deutschen« oder »Deutschland«, und auch mir sind ja beide längst ein Dorn im Auge und schreien nach meiner kritischen Einlassung, und warum soll also nicht auch ich dürfen, und das Ganze könnte mit Tacitus oder Caesar o. dgl. angehen und loslegen, dann aber rasch auf den endlich, evviva, geschafften ersten grünen Ministerpräsidenten in »BaWü« (Ute Vogt, SPD ) oder doch gleich besser, wenn auch reichlich grobschlächtig, auf Jockel Fischers Doppelformel »Nie wieder Auschwitz, nie wieder Krieg« pro und contra kommen, vielleicht auch auf Sepp Herberger als das noch väterlichere Seitenprachtstück von Adenauer, später auf Walter Benjamins »Deutsche Menschen«, sodann natürlich auf Paul Celans Tod als Weltmeister aus Deutschland sowie, nie zu vergessen, Caspar David Friedrichs »Wider den undeutschen Geist« (Sepp Goebbels 1933) einschreitenden Wanderer über dem Nebelmeer, jetzt nach dutzendfachem Einsatz als Buch-Cover und »Spiegel«-/»Focus«-Titel auch endlich als Briefmarke erhältlich.
Gebannt, ja besessen von mir selber werde ich das Blaue vom Himmel herunterfaseln und mich über mich selber und vor allem mein unverbrüchliches, aber kritisches Deutschtum inmitten von diesem »Deutschland, heiliges Vaterland« (Ernst Moritz Arndt) wundern, und wenn mir ab ca. S. 274 gar nichts mehr einfällt, werde ich einfach was abkupfern, z.B. aus diesem hoffentlich nicht mehr allzu bekannten Werk einer Madame de S.: »In Deutschland reicht der philosophische Geist viel weiter als in irgendeinem andern Land. Nichts hält ihn auf. Es gibt in Deutschland unter den Studierenden Unabhängigkeits-Sinn und selbst militärischen Geist und« –
Usw., der letzte Unfug, ich werde lügen und schwadronieren, was das Schreibzeug hält, und abfeilen, daß die Wände wackeln – merkt eh keiner mehr bei der von mir a.a.O. gleichfalls verdammten pisamäßig manifesten Unbildung trotz aller getoppten Elite- und sogar Excelsior-Optimalbildung mit Evaluierungsabitur-Effectivity, oder wird dabei dann auch mich die bösböse Google-Suchmaschine entlarven?
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Der Journalismus, Karl Kraus hat einen jeglichen Tag aufs neue tausendfach recht, ist schon eine böse Krankheit, und es ist nicht zu besorgen, daß das jemals groß anders wird, auch nicht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung; die zwar phasenweise der Wahrheit näher rückte, indem sie den angeblich auf den Namen »Joschka Fischer« hörenden Außenminister eine Weile korrekt mit »Joseph Fischer« benannte, ehe sie dann doch dem leichtgläubigen Volksmund wieder nachgab und der Legende und im angeblich freien Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte doch wieder dem »Joschka« vertraute,
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