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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Verwunderung wich, je länger der Alte sprach, echtem Interesse. Gold bemerkte wohl, daß ihn die Reaktion des Polizisten überraschte. Seine Voreingenommenheit war ihm auf eine gewisse Art unangenehm. Sicher, dachte er, mußte er seine Ansichten revidieren, doch er hatte eben angefangen, darüber nachzudenken, als ihn eine laute Stimme unterbrach, die ins Zimmer drang. Gold verließ die Küche und sah den blonden Schnurrbartträger, der sich als Polizeipressesprecher vorstellte und die Anwesenden bat, die Eingangshalle zu verlassen. Der Pressesprecher begleitete die Mitglieder des Instituts auf die Veranda, sprach mit ihnen, kehrte zurück, faßte die beiden Männer mit den Kassettenrecordern bei den Armen und sagte: »Auch die Journalisten werden gebeten, hinauszugehen. Warten Sie bitte drau ßen.«
    Entsetzt begriff Gold mit einemmal, daß Journalisten anwesend waren. Das mußte er sofort Hildesheimer mitteilen. Doch bevor er etwas unternehmen konnte, setzten sich alle in Bewegung, verließen die Eingangshalle, und einige verlangten lautstark Aufklärung über das Vorgefallene. Das Gerücht von einem Todesfall war aufgekommen und verbreitete sich, überall sah man Verstörung und Schrecken. Auf der Veranda scharten sich Zweier- und Dreiergruppen, doch niemand verließ das Institut.
    Aus den Augenwinkeln sah Gold, wie die beiden hohen Beamten, der Chef des Hauptkommissariats und der Polizeichef, das kleine Zimmer verließen, offensichtlich, um dem Langen in die Küche zu folgen. Gold näherte sich der Küche, niemand hielt ihn auf. Er stand neben der Tür und lauschte dem Gespräch. Der Lange setzte dem Chef des Hauptkommissariats auseinander, welche Probleme eine zu schnelle Veröffentlichung des Vorfalls nach sich ziehen würde. Dr. Hildesheimer, so der Lange, habe ihm erklärt, man müsse die Presse zurückhalten, da die Tote – es war schrecklich für Gold, dieses Wort zu hören – viele Patienten gehabt hätte, die man behutsam benachrichtigen müßte.
    Der Gesichtsausdruck des Langen wirkte sehr ernst bei den letzten Worten, doch der Polizeichef bezweifelte, daß man eine Nachrichtensperre über »das Geschehen«, wie er es nannte, verhängen könnte. Er schlug vor, den Journali sten »irgendwas zu fressen« zu geben. Hildesheimer schnitt ihm das Wort ab und fragte mit zurückgehaltener Wut, wieso die Zeitungsleute überhaupt so schnell hier sein konnten.
    Der Polizeichef erklärte geduldig, dies hänge mit Funkfre quenzen zusammen: Die Radiogeräte der Kriminalreporter seien auf die Frequenz des Polizeisprechfunks eingestellt. Hildesheimer verschlug es die Sprache. Er wandte sich an Lizzi, die inzwischen aufgehört hatte zu weinen, und streckte seine Hände mit einem Ausdruck der Hilflosigkeit aus. Gold erinnerte sich, daß der Jerusalemer Polizeichef daraufhin zu dem Langen gesagt hatte: »Komm, Ochajon, lassen Sie uns hier ein paar Sachen zu Ende bringen.« Gold, der sich den Namen sofort merkte, blickte ihnen nach, ohne seinen Platz zu verlassen.
    Ochajon und seine Vorgesetzten traten in eins der Zimmer; ihnen folgten, in feierlicher Prozession, alle anwesenden Polizisten. Dieser Zug war, wie Gold sich später erinnerte, das einzig Komische, was sich an diesem Tag ereignete. Nur weil es einem Reporter gelungen war, wieder hereinzuschleichen und neben der Tür des Zimmers auf seinen Recorder zu sprechen begann, erfuhr Gold, wer die Polizisten waren.
    Der Reporter, ein kleiner und energischer Mann, dik tierte, daß Polizeiinspektor Michael Ochajon eingetreten sei, der stellvertretende Leiter des Hauptkommissariats, gefolgt von dem Chef der Jerusalemer Kriminalpolizei und dem Leiter des Hauptkommissariats sowie dem Polizeipressesprecher. Der Polizeisprecher warf dem Reporter einen vernichtenden Blick zu, worauf dieser für einen Augenblick innehielt. Aber kaum war der Sprecher wieder in dem Zimmer verschwunden, fuhr der Reporter fort. Er erzählte seinem kleinen Gerät, daß nun der Einsatzleiter ins Zimmer gekommen sei und mit ihm Leute von der Spurensicherung.
    Als die Prozession der Polizisten das Zimmer wieder ver ließ, kam Michael Ochajon als letzter, zusammen mit seinem direkten Vorgesetzten, dem Leiter der Untersuchungskommission. Sie waren in ein Gespräch vertieft, von dem Gold nur Fetzen aufschnappen konnte, abgesehen von einem vollständigen Satz, den Ochajon sagte: »Gut, warten wir ab, bis die Obduktion abgeschlossen und die Spurensicherung fertig ist, dann werden wir ein bißchen klüger

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