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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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die beiden Elfenbeinstatuetten, den Teppich, die chinesische Handarbeit, alles sehr wertvoll. Bei den Bildern, sagte er, handele es sich um kostbare Originale; er nannte auch die Maler, Michael hatte nie von ihnen gehört. Schließlich beantwortete er Michaels Frage nach dem Schmuck: »Den Schmuck brachte sie vor jeder Reise in ihren Banksafe. Sie nahm nur wenig mit. Da sie erst Freitag zurückgekehrt ist, nehme ich nicht an, daß sie ihn schon abgeholt hat. Soviel ich weiß, ließ sie einiges dauernd im Safe, denn nicht alles mochte sie tragen. Aber da müssen sie die Kinder fragen.«
    Sie waren um vier Uhr fertig. Eine Reihe von Tüten stand im Vorraum, Michael half Eli, sie in den Kleinbus zu laden. Schaul sagte, daß er verschiedene Fingerabdrücke gefunden habe, einige stammten wohl von Michael und dem Herrn Professor – er deutete auf Hildesheimer und sah Michael tadelnd an –, aber das müsse man überprüfen.
    Erst als alle das Haus verlassen hatten, ließ sich der Alte von Michael nach Hause fahren. Auf dem Weg versuchte Michael noch einmal zu klären, ob die Tatsache, daß er Eva Neidorf bei der Vorbereitung ihrer Vorträge half, allgemein bekannt gewesen sei. Wieder hatte Michael den Eindruck, daß seine Frage nicht verstanden wurde, aber er setzte nach: »Gibt es jemanden, der eine Abschrift des letzten Vortrages in Ihrem Besitz vermuten könnte?« Jetzt verstand der Alte. Ja, er glaube entschieden, daß es Leute gebe, die denken könnten, daß der Vortrag bei ihm sei, wenn man ihn auch nicht danach gefragt habe.
    »Noch nicht«, sagte Michael, »noch nicht, aber ich be fürchte, daß Sie noch danach gefragt werden – und nicht nur gefragt.«
    Als Antwort ließ der Alte nur ein »Aha« vernehmen, er klang weder begeistert noch überrascht und schon gar nicht furchtsam. Nur als begriffe er eine neue technische Einzelheit. Michael dagegen war sehr besorgt, wenn er an die Mühe dachte, die Eva Neidorfs Mörder bereits auf sich genommen hatte. Immerhin war er noch am selben Tag in das Haus eingedrungen, um die Kopien des Vortrags und die Patientenlisten verschwinden zu lassen.
    Wieder prüfte er das Gesicht des Alten, der im Auto zu seiner Rechten saß und vor sich hinsah. Er überlegte, ob er ihn mit seinen Sorgen behelligen sollte, und bat ihn schließlich, niemandem zu sagen, daß der Vortrag sich nicht bei ihm befinde. Obwohl er sich damit in Gefahr bringen würde. »Vielleicht kann sich daraus etwas entwickeln«, erklärte Michael, und ihm war nicht wohl bei diesem Gedanken.
    Er verabschiedete sich von Hildesheimer an dessen Haus tür und blieb in seinem Auto vor dem Haus, bis der weiße Kleinbus mit den beiden Zivilbeamten erschien, die er per Sprechfunk angefordert hatte.
    Erst nachdem er sicher sein konnte, daß das Haus rund um die Uhr bewacht würde, kehrte er in sein Büro zurück. Es war nach fünf Uhr früh, noch war es dunkel, doch es hatte aufgehört zu regnen.
     
     
     

Sechstes Kapitel
     
     
     
    Joe Linder konnte nicht einschlafen. Das war nichts Neues, aber in dieser Nacht war die Schlaflosigkeit besonders quälend.
    Er lag zum Fenster hin und hatte die Rolläden offen gelas sen. Er konnte sehen, wie die Regentropfen von den Zweigen der Zypresse fielen. Der Baum überragte beinahe das ganze Gebäude. Er sah den Lichtschein der Straßenlaterne, der seinem vierjährigen Sohn Daniel Schwierigkeiten beim Einschlafen bereitete. Joe hatte ihm heute Abend etwas ungeduldig geraten, so lange weiße Elefanten zu zählen, bis das Sandmännchen komme, das den Kindern Sand in die Augen streue und ihnen Schlaf bringe. Das Kind hatte protestiert. Es fürchtete sich vor dem Sandmännchen, hatte Angst vor Sand, es kannte keine weißen Elefanten, konnte nur bis zwanzig zählen, und vor allem fühlte es nur zu genau, daß sein Vater innerlich weit weg war. Joe war kurz angebunden gewesen. Zuviel war an diesem Tag geschehen, er konnte sich nicht entspannen und länger bei seinem Kind sitzen.
    Das Bild von Hildesheimer, der eben das kleine Zimmer verlassen hatte, tauchte vor Joe auf, jedesmal, wenn er die Augen schließen wollte.
    Er nahm den Wecker von seinem Nachttisch. Es war zwei Uhr morgens. Er seufzte und stand schwerfällig auf, bemüht, keinen Lärm zu machen, um Dalia nicht zu wecken. Einen Augenblick betrachtete er ihr Gesicht. Er war erleichtert, als er sah, daß sich ihr Ausdruck nicht verändert hatte. Was er gerade am wenigsten brauchen konnte, war ein ernsthaftes Gespräch über die

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