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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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hatte er sie sehr geliebt, auf seine unzulängliche, infantile Art. Doch was er von dieser Liebe damals zu zeigen vermochte, war so verzerrt, daß ein neuer Anfang vollkommen unmöglich war.
    Zwanzig Jahre waren inzwischen vergangen, und seit sieben Jahren war er mit Dalia verheiratet, die ihm von ihrer Schwangerschaft erst erzählte, als es für einen Eingriff zu spät war. Jedesmal, wenn er Daniel anblickte, empfand er Freude und Liebe, aber oft versank er in einem Meer der Angst, vor allem nachts. Dann ging er zu seinem Bettchen und untersuchte, ob das Kind noch lebte. Nur in Gegenwart des Kindes, dachte Joe und betrachtete das Buch auf seinen Knien, empfand er die Wärme und Sicherheit einer bedingungslosen Liebe.
    Und manchmal auch in Gegenwart Joavs.
    Seine Beziehung zu Joav, die ihm wie eines der seltenen Wunder seines Lebens vorkam, führte zu immer neuen Spannungen zwischen ihm und Dalia. Sie konnte mitten in der Nacht davon anfangen, und für gewöhnlich kehrte sie das Gesicht zur Wand, um gehässig zu fragen: »Was findest du bloß an diesem Joav? Gut, er ist weit jünger als du und verehrt dich grenzenlos. Aber ich wüßte doch zu gerne, was wirklich dahinter steckt. Manchmal glaube ich, daß hinter dem Ex-Don-Juan ein kleiner, netter Homo steckt. Das ist es doch, oder? Im Grunde bist du schwul.«
    Joe lächelte dann. Wie jeder ernstzunehmende Psychologe ging er davon aus, daß die Homosexualität latent in jedem vorhanden ist: daß sich in jedem Mann ein feminines, in jeder Frau ein maskulines Element befindet und eine gewisse Anziehungskraft zum eigenen Geschlecht besteht. »Die unterschiedlichsten Neigungen«, hatte er Dalia einmal erklärt, »sind in jedem von uns angelegt. Homosexualität und Selbstzerstörungstrieb, Aggression und Neid, Sadismus und Masochismus. Die Frage ist, wie stark diese Neigungen sind. Das ist der ganze Unterschied zwischen Kranken und Gesunden. Ich liebe Frauen, und ich liebe auch Männer, richtig. Aber in meiner Persönlichkeit ist die Homosexualität nicht dominant. Dieses Problem stellt sich nicht.« Doch Dalia zog es vor, Joes Erklärung zu ignorieren.
    Die Vorwürfe, die sie heute zu Beginn ihres morgendlichen Streites aufgebracht hatte, waren tatsächlich schmerzhaft gewesen, obwohl, wie gewöhnlich, nicht neu. Joav Alon, der fünfzehn Jahre jünger als Joe war, bewunderte ihn vorbehaltlos, stand ihm nahe und war von ihm abhängig. Joe war ihm ein Vaterersatz, ein großer Bruder, aber darüber hatten sie niemals offen gesprochen.
    In ihrer Beziehung blieb Joavs Achtung dadurch gewahrt, daß er sich um die handwerklichen Probleme im Haus kümmerte – Joe konnte nicht einmal einen Kurzschluß reparieren –, und dadurch, daß er die Familie ununterbrochen mit Nachrichten aus aller Welt versorgte, denn Joe las keine Zeitungen. Und der Ausspruch »Da fragen wir am besten Joav« wurde zu einem vereinbarten Signal in ihrem Spiel, dessen Regeln Joe so festgelegt hatte: »Ich bin ein Mann der inneren Welt, und du bist für die große Welt draußen zuständig.«
    Sie begegneten sich zum ersten Mal, als Joe kurz nach seiner Scheidung eine Affäre mit Joavs Schwester hatte. Sie brachte Joav in Joes Wohnung in Arnona, und als die Schwester nach zwei Monaten ihres Weges ging, kam Joav weiterhin regelmäßig, mit stummer Hartnäckigkeit, ohne sich vorher anzumelden. Er schwieg stundenlang und hörte nur den Gesprächen zu, die im Hause geführt wurden, das immer voller Menschen war. Schließlich blieb er auch über Nacht, jedenfalls, wenn Joe keine Frau bei sich hatte. Dann saßen sie bis in die frühen Morgenstunden zusammen und redeten.
    Joav brachte seine Freundin Osnat mit, um sie Joe vorzu stellen, noch bevor er sie mit seinen Eltern bekannt machte. Dalia hatte Joav als ein Teil der Welt ihres Mannes akzeptiert, erst im vergangenen Jahr begann sie, gegen das gute Verhältnis zwischen ihrem Mann und dem jungen, braungebrannten Offizier zu protestieren, den »Zabar«, dessen Dornen in Joes Gegenwart verschwanden.
    Im letzten Jahr war es Joe, als zöge sich auch Joav von ihm zurück. Ein einziges Mal nur hatte er möglichst unbekümmert gefragt, ob etwas nicht in Ordnung sei. Und Joav, der anfangs so tat, als wüßte er nicht, wovon die Rede ist, errötete schließlich und sagte: »Es ist wegen dieser beschis senen Arbeit, die saugt mir das Mark aus den Knochen.« Joe versuchte nachzuhaken, aber Joav wich aus. Jetzt verbrachten sie viele Stunden schweigend oder mit Gesprächen

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