Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
Vom Netzwerk:
Couch mit einem schwarzen Stoff bezogen. Michael lächelte bei dem Gedanken, daß es noch einhundertfünfzig weitere Zimmer in dieser Art geben mußte. Er fragte Linder danach, der aus der Küche zurückkehrte, zwei Tassen in den Händen.
    Linder lachte laut – er hatte ein volles, warmes Lachen. Er schloß die Tür mit einem leichten Tritt und stellte die Kaffeetassen auf den kleinen Tisch. Während er die Schreib tischschublade durchsuchte, der er schließlich zwei mit einer ungestümen Handschrift beschriebene Bögen ent nahm, erwiderte er: »Stellen Sie anderen lieber nicht solche Fragen, denn sie werden sicher nicht lachen. Das heißt nicht, daß sie keinen Humor besitzen, den haben sie. Aber nicht in diesen Angelegenheiten.« Dann wurde er etwas ernster: »Ja, die Zimmer ähneln sich, aber auch die Arbeit ähnelt sich: Der Patient liegt auf der Couch, deshalb braucht man sie überall. Und jeder Analytiker arbeitet auch als Psychotherapeut, daher hat auch jeder zwei Stühle. Jeder Patient weint manchmal, daher braucht man auch Papiertaschentücher. Aber daran habe ich nicht gedacht, es ist wirklich sehr komisch.«
    Auch Michael wurde ernst, als er fragte, ob Linder alle Leute benennen könne, die in den letzten zwei Wochen in seinem Haus gewesen waren.
    »Das ist nicht schwierig. Denn bis Freitag abend hat niemand das Haus betreten. Daniel hatte Mumps, und auch die, die bereits Mumps hatten, fürchteten sich zu kommen.«
    Michael betrachtete die Liste der Partyteilnehmer. Die Hälfte des Verzeichnisses war mit einem Sternchen versehen, und Linder erläuterte, daß er damit diejenigen gekenn zeichnet habe, die zugesagt hatten. Neben jedem Namen war in Klammern ein Nahrungsmittel verzeichnet, denn jeder Gast hatte sich verpflichtet, etwas mitzubringen. »Also war die Hälfte der Verzeichneten nicht auf der Party«, sagte Michael.
    »Nun, die Tel Aviver kommen nur, wenn es sich um jemand von ihrem Jahrgang handelt, die aus Haifa erscheinen überhaupt nicht, und dann sind da noch einige sehr alte Leute, die niemals kommen, man lädt sie nur aus Höflichkeit ein. Hildesheimer ist nur dann bereit, dem Fest die Ehre zu geben, wenn weder Patienten noch Kandidaten da sind, was niemals der Fall ist. Eva war im Ausland, ebenso einige andere, denn Anfang März war irgendein Kongreß, den man erfunden hat, um im April etwas von der Einkommensteuer absetzen zu können. Aber vierzig sind gekommen, und diese Zahl gilt als sehr respektabel.«
    »Wußte jemand von den Gästen, wo sich der Revolver befand?« fragte Michael.
    Linder antwortete nicht. Sein Gesicht bekam einen verlegenen und gequälten Ausdruck. »Ach«, begann er schließlich, »was bedeutet es, wenn es jemand wußte. Auf dieser Party waren Leute, die mehr oder weniger zum Haus gehören und genau wissen, daß ich keinen Safe besitze. Wo kann man denn schon einen Revolver aufbewahren?«
    Michael schwieg und wartete.
    »Gut. Joav wußte genau, wo er liegt. Aber er brauchte nicht bis zur Party zu warten, er ist sehr oft bei uns. Ein paar andere wußten wohl auch Bescheid. Vielleicht habe ich irgendwann darüber gesprochen, ich erinnere mich nicht immer, was ich sage und wann ich es sage. « Er steckte sich mit zittrigen Fingern eine Zigarette an, stand auf und schaltete die Elektroheizung ein. Das Zimmer war sehr kühl.
    Michael fragte, ob er sich zufällig erinnere, wer das Wohnzimmer verlassen habe, wer im Haus umhergegangen sei.
    »Alle, aber wirklich alle, waren die ganze Zeit über in allen Zimmern. Die Mäntel lagen im Schlafzimmer, und ständig war irgend jemand dort, um einen Mantel zu holen oder abzulegen, oder um etwas aus der Tasche zu nehmen. Tami schaute außerdem einige Male nach Daniel, der in unserem Bett schlief. Auch andere haben nach ihm gesehen. Das war keine Party, auf der die Leute sich ins Schlafzimmer absondern.«
    Michael fragte vorsichtig, ob er ihm sagen könne, in welcher Beziehung die einzelnen Gäste seiner Party zu Eva Neidorf gestanden hätten.
    Linder begann zu sprechen, besann sich, nahm einen Schluck Kaffee, blickte auf die Gästeliste, die Michael ihm reichte, hob die Augen und sagte dann mit einer nun zögernden, leisen Stimme: »Ich weiß viele Einzelheiten über all diese Leute. Ich weiß, wer bei wem in Analyse ist, aber das ist meiner Meinung nach unbedeutend. Keiner von ihnen hätte sie ermorden können. Mit welchem Motiv denn?« Seine Stimme wurde bestimmter und bekam einen Beiklang leidenschaftlicher Überzeugung. »Sie

Weitere Kostenlose Bücher