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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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einige, denen Michael auf Polnisch vorgestellt wurde. Gesungen wurde nie, und Juval war das einzige Kind. Michael konnte sich die Hartnäckigkeit nicht erklären, mit der man an einer Feier fest hielt, die alle bedrückte. Und siehe da, jetzt war es auch Nira gelungen, sich davon zu befreien. Wie er die alten Leute kannte, zogen sie es gewiß vor, ihre geschiedene Tochter ins Ausland zu schicken, anstatt diese Schande hinzunehmen.
    Für Josek und Fela war die Scheidung eine Katastrophe. Michael hatte sie »vor aller Welt« bloßgestellt. Aber diesmal hatte Michael nicht klein beigegeben, sondern beiden – anfangs leise, dann, entgegen seinen Vorsätzen, mit erhobener Stimme – klargemacht, daß es jetzt ein für allemal Schluß sei mit dem »Was-werden-nur-die-Leute-Sagen«. Zum ersten Mal brachte er zur Sprache, wie schrecklich für ihn die Heirat gewesen sei, die nur beschlossen wurde, um Gerede zu vermeiden. »Wenn eine Abtreibung etwas so Furchtbares für euch ist«, hatte er gesagt, »dann hättet ihr eurer Tochter helfen müssen, ein Baby zu kriegen. Aber ihr habt geschrien, weil sie ein Kind bekam, und nur wiederholt, daß ihr niemanden auf der Welt hättet als Nira, und was denn die Leute denken sollten. Weil ihr so verbohrt wart, mußte ich sie heiraten.«
    Noch immer, acht Jahre nach der Scheidung, kam ein beinahe unkontrollierbarer Zorn in ihm hoch, wenn er daran dachte, wie er vor dieser ungeheuerlichen Erpressung kapituliert hatte.
    Der kleine, runde, knopfäugige Josek war zu klug, um Michael mit Geld zu locken oder mit einem Posten in seinem Geschäft. Sie trafen sich in einem Café im Norden Tel Avivs, und er sagte immer wieder, daß Michael »ein anständiger und verantwortungsvoller Junge« sei und etwas für »unsere Nira« empfinde, »sie ist alles, was wir haben« – und so weiter. Nach dieser Begegnung wurde die Hochzeit beschlossen. Michael war ihnen nicht gewachsen. Vor allem Josek nicht. Michael behauptete, daß sie sich nicht liebten, doch das wurde nicht akzeptiert: »Liebe hin, Liebe her; das Eheleben besteht aus Gewöhnung und Kompromissen. Glaub mir: All das Gerede von Liebe vergeht schnell. Ich weiß, wovon ich rede, glaub mir.«
    Er glaubte ihm nicht, er war vierundzwanzig und wußte, daß Joseks Modell nicht das einzig mögliche war. Doch sie heirateten kurz darauf. Sie standen im Hilton von Tel Aviv nebeneinander, sie im weißen Kleid, die einzige Tochter des Diamantenhändlers; und er, ein Student aus Marokko, im vierten Semester.
    Sie wollten, daß er seinen Familiennamen änderte, aber sie stellten ihre Überredungsversuche ein, als er seinen verstorbenen Vater erwähnte. Ihren Bekannten und entfernten Verwandten wurde der begabte Schwiegersohn vorgestellt. Sie schnitten aus der Zeitung das Verzeichnis der Universitätsabsolventen aus, aus dem hervorging, daß er die historische Fakultät mit Auszeichnung beendet habe. Als er seinen Magister machte, schnitten sie schon nichts mehr aus, obwohl er sich auch diesmal unter den drei Ausgezeichneten befand. Aber da war schon von Scheidung die Rede.
    Michael blickte wieder auf Juval, dessen Zeugung der Grund all des Unheils war, und strich ihm über den Kopf. »Also, du hast dich an meinen Geburtstag erinnert? Und ein Geschenk besorgt? Und jetzt werde ich bestraft und bekomm' es nicht. Was hast du gekauft?«
    Mit unverhülltem Stolz überreichte der Junge ihm ein Paket, und Michael öffnete es neugierig. Es enthielt den neuen Roman von John le Carré The Little Drummer Girl, und auf der ersten Seite stand in kindlicher Handschrift: »Meinem Vater, dem großen Trommler, von seinem Sohn, dem kleinen Trommler.«
    »Der Junge ist zu sentimental«, sagte Michael zum tausendsten Mal.
    »Du hast gesagt, daß du ihn magst, und ich wollte dir eine Freude machen«, sagte Juval, und die ersten Zeichen der Furcht, daß dem Vater das Buch nicht gefallen könnte, erschienen auf seinem Gesicht.
    Michael legte das Buch aufs Sofa im Salon, fuhr seinem Sohn durchs Haar, streichelte seine Wange, bückte sich und drückte ihn an sich. Es rührte ihn, daß sich sein Sohn gemerkt hatte, was er mochte. Er erinnerte sich an die Zeichnungen, die Juval als Kind für ihn gemacht hatte, und an all die seltsamen Kollagen aus Illustriertenfotos, an denen er tagelang für ihn arbeitete. Er fragte vorsichtig nach der Widmung.
    »Die wirst du erst verstehen, nachdem du es gelesen hast«, sagte Juval ernst, und Michael fragte, ob das Buch keine zu schwere Lektüre

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