Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
gestritten. War sicher betrunken. Nicht so sehr, aber … ja, ich bin zu ihr gegangen. Eigentlich kenne ich sie ja nicht so richtig. Man grüßt natürlich, wenn man sich irgendwo begegnet. Aber ich hätte nicht zu einer gemeinsamen Bekannten gehen können, das hätte so viel Gerede gegeben. Ich konnte nicht das Auto nehmen, dazu hatte ich zu viel getrunken. Also ging ich los. Ich wusste nicht, wohin. Und ich fror, hatte mir keine Jacke übergezogen. Plötzlich stand ich vor ihrem Haus. Es war purer Zufall.«
Er schaute zu Sven-Erik hoch.
»Ich hab sie nicht umgebracht.«
Mist, dachte Anna-Maria.
»Jetzt mal eins nach dem anderen«, sagte Sven-Erik. »Wie ging es dann weiter?«
»Wir haben nur geredet. Mehr nicht. Aber ich habe es sicher versucht. Sie hatte doch einen Ruf.«
»Was war das für ein Ruf?«
»Dass sie … sich mit jedem einließ. Die Leute … die reden so viel Dreck.«
Er stieß Luft aus. Atmete gierig ein, als bekäme seine Lunge nicht, was sie brauchte.
»Au«, sagte er und fuhr sich mit der Hand über den Kiefer.
»Und dann?«, fragte Sven-Erik noch einmal.
»Dann? Verdammt, danach weiß ich nichts mehr. Nächstes Mal … haben wir gevögelt. Und dann haben wir weitergemacht … ab und zu. Das war alles. Ich habe sie nicht umgebracht. Ich … weiß nicht … wer es war.«
Er keuchte wie ein Elchbulle. Stützte das Kinn mit der Hand. Aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen.
»Au«, jammerte er noch einmal. »Au, verflucht.«
Anna-Maria und von Post wechselten einen Blick. Sven-Erik konzentrierte sich auf Jocke Häggroth.
»Wie geht es dir?«
»Nicht gut. Scheiße.«
Die Hand jagte über seinen Hals und landete auf der Brust. Er beugte sich vor.
»Versuch, ruhig zu atmen, Kumpel«, sagte Sven-Erik. »Wo tut es weh?«
»Im Gesicht, hier«, der andere berührte seine Wange und seine Nase, »o verfluchter Mist.«
Er legte die andere Hand auf den Tisch, wie um sich zu stützen.
Dann fiel er vom Stuhl. Knallte aufs Gesicht.
Anna-Maria Mella und Carl von Post sprangen auf.
»Scheiße, was hast du angerichtet?«, schrie von Post Sven-Erik Stålnacke an.
Jocke Häggroth lag in Schweiß gebadet da.
»Holt einen Krankenwagen«, befahl von Post. »Er darf verdammt noch mal nicht abnippeln. Einen Krankenwagen! Aber dalli. Er muss doch in U-Haft!«
C ARL VON P OST RANNTE wütend durch den Krankenhausflur. Er hätte die Vernehmung selbst leiten müssen. Genau so war es. Er musste aufhören, auf andere zu hören. Musste diese Scheißwache in den Griff bekommen.
Er schielte zu Anna-Maria Mella hinüber, die hinter ihm herlief. Er öffnete die Türen, ging hindurch und ließ sie ihr dann ins Gesicht fallen.
Die Zwergeneinheit, dachte er und schielte nochmals zurück. Sondereinsätze gegen Wichtel und Trolle.
»Wer bringt sie um und schreibt Hure an die Wand?«, schrie er und drückte mehrmals auf den Fahrstuhlknopf, als könnte er dem Fahrstuhl damit Dampf machen. »Der Freund oder Liebhaber! Das ist die erste Lektion bei Frauenmorden. Sie hat Schluss gemacht! Jocke Häggroth war wütend. Hat sich dumm und dämlich gesoffen. Und dann hat er die Heugabel gepackt und kurzen Prozess mit ihr gemacht. Ist auf seine Klitsche zurückgetorkelt, hat die Heugabel unter die Scheune geschoben und ist ins Bett gefallen. Genau so ist das abgelaufen. Ein absolut hyperwahrscheinlicher Verlauf. So ist das doch verdammt noch mal immer.«
Sie verließen den Fahrstuhl. Gott, wie er Krankenhäuser hasste. Ein Handlauf zog sich an der ganzen Wand entlang. Einzelne Stühle vor den geschlossenen Türen. Ein leeres Krankenhausbett auf Rädern. Die Wände mit etwas wie Kunst dekoriert. Künstlerisch kaum wertvoller als die Schilder mit den Fluchtwegen. Grüner blank polierter Plastikboden, in dem sich die Neonröhren spiegelten.
Sie hatten die verschlossene Tür der Intensivstation erreicht, und er drückte ohne Unterbrechung auf die Klingel, um eingelassen zu werden.
Jetzt hat sie Angst, dachte er und sah Anna-Maria an. Jetzt sitzt ihr ein Kloß in dieser zitternden Mamakehle.
Jocke Häggroth war der allertypischste Frauenmörder. Obwohl das mit der Heugabel mal eine neue Idee war. Fast ein wenig wie Jocke der Erfinder. Statt die Alte gegen die nächste Wand zu klatschen, auf sie einzudreschen oder sie ein wenig mit dem Küchenmesser aufzuschlitzen.
Nervöse Ärsche. Ganz zu schweigen von Sven-Erik Stålnacke. Der hatte mit den Tränen gekämpft, als der Krankenwagen Häggroth geholt hatte.
Und dazu hatte
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