Denn die Gier wird euch verderben - Thriller
über die Mordnacht gesagt. Er schien gar nicht zu begreifen, wovon sie da redete. Aber er hat gesagt, ihr Hund sei verschwunden.«
»Und?«
Umständlich zog sie ihr Telefon hervor und rief Sivving an. Er meldete sich so schnell, als ob er seins bewacht hätte. Rebecka wurde von schlechtem Gewissen erfasst. Sie hätte auch ihn zur Sauna einladen sollen.
»Hör mal«, sagte sie. »Sol-Britt Uusitalo hatte einen Hund. Weißt du, wann der verschwunden ist?«
»Sicher«, sagte Sivving. »Sie hat Aushänge gemacht. Wie lange kann das her sein? Keinen Monat jedenfalls. Ich hab es dir ja gesagt. Nimm Vera an die Leine. Leute gibt’s! Manche überfahren Hunde zum Spaß, wenn sich die Gelegenheit bietet.«
»Danke«, fiel Rebecka ihm ins Wort. »Ich rufe später noch mal an.«
»Hast du getrunken? Du klingst so beschwipst.«
»Ach wo«, sagte Rebecka. Sie legte auf, ehe Sivving weiterreden konnte.
»Vor einem Monat verschwunden«, sagte sie zu Pohjanen. »Wenn ich vorhätte, bei jemandem einzubrechen und diesen Menschen umzubringen, würde ich unbedingt dafür sorgen, dass kein Hund im Haus ist.«
Pohjanen nickte.
»Klar doch«, sagte er. »Solche Banden, die mitten in der Nacht in jedes Haus einer Straße einbrechen. Gehen rein, während die Leute in ihren Betten schlafen. Häuser, wo es einen Hund gibt, lassen die ja immer aus.«
»Wenn es wirklich Jocke Häggroth war«, sagte Rebecka. »Falls er es war. Dann war es jedenfalls keine spontane Eingebung.«
A M T AG NACH DEM Z WISCHENFALL mit Obergrubenvogt Fasth kommt Elina gegen drei nach Hause. Flisan und Johan Albin sitzen am Tisch. Die Schlafgänger sind noch bei der Arbeit. Johan Albin hat den Kopf gesenkt, und Flisan hält seine Hände. Sie schaut Elina mit ernster Miene an. Johan Albin starrt auf die Tischplatte.
»Was?«, fragt Elina. »Was ist passiert?«
Johan Albin schüttelt kurz den Kopf. Aber Flisan erzählt.
»Es ist wegen Fasth«, sagt sie. »Er hat Johan Albin entlassen.«
»Nicht entlassen«, widerspricht Johan Albin.
»Nein, dazu hat er zu große Angst vor der Gewerkschaft. Im Moment brodelt überall die Unzufriedenheit. Und Johan Albin ist beliebt. Aber Fasth hat ihn versetzt. Er war doch Hauer. Hat pro Stunde sechs Kronen verdient. Und jetzt hat Fasth ihn zum Steinbrecher gesteckt. Drei Kronen die Stunde. Davon kann man doch kaum leben! Und wir wollten doch für die Zukunft sparen.«
»Aufpasserjob«, sagt Johan Albin. »Da verdient man ja nichts. Und Heikki muss die Scheißbuden bei den Rasthäusern leeren.«
Elina schafft es nicht einmal, in die Küche zu gehen. Sie bleibt im Vorraum stehen.
Der Steinbrecher. Die Höllenmaschine, die das Erz zu kleineren Steinen zermalmt. Eine schlimmere Arbeit gibt es gar nicht im Bergwerk. Die Männer werden taub vom Lärm des riesigen Mahlwerks, das die Steine zerbricht und in die darunter stehenden Erzloren spuckt. Die Lunge wird schwarz vom Steinstaub. Gefährlich ist es außerdem. Die Aufpasser gehen mit ihren Eisenstangen umher und sollen Steine und Blöcke losstemmen, die im Mahlwerk stecken bleiben. Auch die Eisenstange kann stecken bleiben und den Mann in den Steinbrecher ziehen oder zurückschnellen und ihn erschlagen. In nicht einmal einer Sekunde kann das passieren.
»Verzeih mir«, sagt sie. »Das ist meine Schuld.«
Johan Albin schüttelt wieder den Kopf, aber weder er noch Flisan widersprechen.
Flisans Gesicht, das sonst immer von unbezwinglich guter Laune zeugt, ist von Sorge gezeichnet. Energisch blickt sie Elina an.
»Du musst mit dem Direktor sprechen.«
Elina erbleicht.
Flisan erhebt sich und kommt auf sie zu. Sie zieht Elinas Schal gerade und streichelt ihr über die Wange.
»Du musst doch ohnehin mit ihm reden … auf jeden Fall. Stimmt das nicht?«, fragt sie leise und lässt den Blick über Elinas Brust und Bauch huschen.
Elina nickt stumm. Natürlich. Zwei Frauen, die auf derselben Ausklappbank schlafen, was können die voreinander verbergen?
»Du brauchst das nicht lange vorzubereiten oder dich davor zu grausen«, sagt Flisan jetzt. »Er ist zu Hause. Also einfach raus damit.«
W AS SOLL ICH MACHEN ?, überlegte Rebecka Martinsson.
Pohjanen und Rotzwelpe waren auf dem Sofa in der Kammer eingeschlafen. Das Feuer war in sich zusammengefallen, die letzten Holzscheite glühten im Dunkeln.
Von Post war es gelungen, ihr Angst zu machen. Richtige Angst. Rebecka konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement ihren Fall untersuchen
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