Denn ewig lebt die Liebe
Zeugen von Wind und Wetter, von Stürmen und sogar von gelegentlichen Blitzschlägen.
Seit vielen Jahren schon lebte Max Berger am Ortsrand von Haselheide, wo ihm die Gemeinde ein altes Haus zur Verfügung gestellt hatte mit einem kleinen Garten drumherum. Dort vegetierte er dahin mit nur dem Nötigsten, das er zum Leben brauchte.
Wenn Max dann auf der Bank unter der alten Eiche saß, kam öfter mal ein Spaziergänger vorbei und hatte längst ein Geldstück in der Hosentasche bereit, das er ihm heimlich zusteckte. Immerhin gab es Max schon so lange, dass er zu einem regelrechten Fossil geworden war, das man eigentlich unter Denkmalschutz stellen sollte, wie der Bürgermeister einmal im Scherz bemerkt hatte.
Wieder führte Max die Flasche an die Lippen und nahm einige kräftige Schlucke, dann setzte er sie seufzend ab und lehnte den Kopf zurück, bis er die rauhe Rinde der Eiche fühlen konnte. Er schloß die Augen und träumte von vergangenen Zeiten, ein Zeichen für seinen vierbeinigen Begleiter, dass jetzt ein kleines Nickerchen angebracht war.
Doch heute sollte es nicht ganz gelingen. Kaum war Max eingedöst, weckte ihn schon wieder eine laute, etwas polternde Stimme, die ihm bekannt vorkam. Nur widerwillig öffnete er die Augen und blickte sich um. Eine massige Gestalt stand nur wenige Schritte von ihm entfernt unbeweglich da und verdeckte mit seiner Körperfülle die wärmenden Sonnenstrahlen.
"Was soll das?", fragte Max ungehalten und blinzelte, weil die Sonne ihn blendete.
"Schläfst du schon wieder, Max?" Arnfried Paulsen, der Bürgermeister, schmunzelte vor sich hin. "Wie ich sehe, hast du dich mal wieder nur flüssig ernährt, zumindest ist die Flasche bald leer. Hast du heute eigentlich schon etwas gegessen?"
Der etwas zerlumpt aussehende Mann schüttelte den Kopf. "Wo man hintrinkt braucht man nicht hinzuessen", antwortete er und grinste dabei verschmitzt. "Wein ist das Brot der Armen."
"Da irrst du dich gewaltig, Max. Das Sprichwort sagt, dass Bier das Brot der Armen ist. Und arm bist du gewiß nicht, solange du dir noch solch einen Vorrat leisten kannst." Heftig stieß der Bürgermeister die Tasche an. Es schepperte verdächtig darin, als würden lauter leere Flaschen aneinanderstoßen.
"Stört es sie, Herr Bürgermeister?", kam spöttisch die Frage. Forschend blickte Max den recht sympathisch aussehenden Mann an. Er sah älter aus als Ende fünfzig, was seinen schwer wiegenden Grund hatte. Der Bürgermeister war früh gealtert, denn der überraschende Tod seiner Frau, die einem Gehirnschlag erlegen war, hatte ihn für einige Zeit so aus der Bahn geworfen, dass er sich bis heute noch nicht richtig hatte erholen können. Noch immer fehlte ihm die rechte Lebensfreude, was er sich aber nur sehr selten anmerken ließ.
"Du kannst machen was du willst, Max. Immerhin bist du über achtzehn und somit Herr deiner Entscheidungen. Ich muss sagen, es würde mir etwas fehlen, wenn du mich nicht mehr mit diesem verträumten glasigen Blick ansehen würdest", spöttelte das Oberhaupt von Haselheide weiter, denn er wußte ja, dass Max seinen etwas herben Humor durchaus verstand.
"Das haben sie schön gesagt, Herr Bürgermeister." Demonstrativ hielt Max ihm seine geöffnete Handfläche entgegen. "Ich könnte wieder etwas Nachschub gebrauchen. Der Wein ist bald alle. Und mit meiner kleinen Rente kann ich keine großen Sprünge machen. Die reicht gerade für das Futter von Admiral und ab und zu einen Leib Brot für mich."
"Du solltest eben nicht alles in Alkohol umsetzen." Arnfried Paulsen hatte bereits eine Hand in der Hosentasche. Lächelnd reichte er dem Alten ein Geldstück. "Und was ist mit dir, Admiral? Bring dein Herrchen mal zu mir in die Gastwirtschaft. Dann kannst du dir ordentlich den Bauch vollschlagen."
Er fuhr mit den Fingern durch das zottelige Fell des Hundes. "Dann kann Andrea dich auch in den Waschzuber stellen und ordentlich sauber machen. Nötig hättest du es wieder einmal. Dein Fell sieht ganz struppig aus, früher mal hat es mal geglänzt. Jetzt ist es richtig stumpf geworden."
"Würde ihre Tochter das wirklich für uns tun?" Max strahlte über das ganze Gesicht. "Ich hab sowieso schon immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich Admiral ansehe. Er hätte bestimmt etwas Besseres verdient als mich alten Schlamper."
Der Bürgermeister, der für sein gütiges Herz in ganz Haselheide bekannt war, setzte sich zu dem Alten auf die Bank. "Ich glaube, für Admiral zählt mehr, dass du gut zu ihm
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