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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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brach sie schließlich über dem Lenkrad zusammen und weinte hemmungslos.
     
    Sam stand an ihrem Pult im Vorlesungssaal und blickte in die Gesichter ihrer jungen Studenten. Sie fragte sich, wie viele von ihnen wohl einmal Gerichtsmediziner werden würden. Wahrscheinlich nicht viele, sie waren alle Kinder der Thatcher-Ära und weit mehr an den verlockenden Auszeichnungen und Gehältern interessiert, die mit den diversen chirurgischen Berufen viel leichter zu erringen waren. Sie nickte dem Studenten zu, der ganz hinten saß, und mit einem schnellen Knopfdruck war der Saal in Dunkelheit getaucht. Sam startete den Diaprojektor mit der Fernbedienung und ein Foto wurde auf die Wand hinter ihr geworfen. Es zeigte ein Sofa in einem geräumigen Wohnzimmer, auf dem die Leiche eines Mannes lag. Die linke Seite seines Schädels war weggepustet und große Stücke von Gehirn, Schädel und Fleisch klebten an der Wand hinter ihm. Der Körper war leicht nach rechts gekippt und das, was von seinem Gehirn übrig war, hing aus dem geöffneten Schädel heraus. Die rechte Seite seines Gesichts, die intakte Seite, zeigte einen Ausdruck von Schock und Überraschung. Es war ein schreckliches Szenario. Mit der Fernbedienung aktivierte Sam einen kleinen roten Punkt, der sich über das Bild bewegen ließ, und zeigte damit auf die Körperregion, über die sie gerade redete.
    »Der Ort eines Verbrechens? Vielleicht. Wir sehen hier« – sie zeigte auf den Schädel des Opfers – »erhebliche Kopfverletzungen. Hat jemand eine Idee, womit sie verursacht wurden?«
    Nach einem Augenblick der Stille erklang eine Stimme in der Dunkelheit: »Schusswaffe.«
    »Gut, haben Sie eine Ahnung, was für eine?«
    Dieselbe Stimme antwortete wieder: »Der Verletzung nach zu urteilen könnte es eine Schrotflinte gewesen sein.«
    »Richtig, sehr gut! Kann mir jemand sagen, woran man das sieht?«
    Niemand antwortete.
    »Was glauben Sie denn, womit wir es hier zu tun haben?«
    Eine andere Stimme antwortete: »Mord.«
    »Na, dann wollen wir mal sehen.«
    Sam ließ den Projektor ein Dia weiter transportieren. Nun sah man ein zweites Foto desselben Raums, das aus einer anderen Perspektive aufgenommen war. An einem Türrahmen lehnte eine doppelläufige Schrotflinte. Sam wies mit dem roten Punkt auf sie. »Hier haben wir die vermeintliche Mordwaffe. Eine doppelläufige Purdy-Schrotflinte. Sie ist etwa drei Meter von der Leiche entfernt. Für was halten wir das Ganze also?«
    Diesmal meldeten sich mehrere Stimmen: »Mord?«
    »Das hat auch die Polizei angenommen und mindestens drei Wochen Nachforschungen zu diesem ›Mord‹ angestellt. Man hatte sogar einen Verdächtigen. Aber es war kein Mord, es war Selbstmord.«
    Erwartungsvolles Getuschel ertönte aus der Dunkelheit.
    »Nun, hat jemand eine Idee?«
    »Er hat sich erschossen und ist dann rückwärts zum Sofa gestolpert?«
    »Und hat erst noch ordentlich die Waffe an die Tür gelehnt? Vergessen Sie nicht, dass der Großteil seines Schädels direkt hinter ihm an der Wand klebt.«
    Sam klickte wieder ein Dia weiter. Diesmal erschien das grinsende Gesicht eines uniformierten Superintendents und Sam fuhr fort: »Kennt jemand diesen Mann?«
    Schweigen.
    »Sie haben Glück. Er ist mittlerweile pensioniert, wahrscheinlich der beste Dienst, den er der Polizei je erwiesen hat. Superintendent John Munrow. Er war der zuständige Commander in dem Bezirk, wo der Tote gefunden wurde. Kurz nach der Entdeckung der Leiche erschien Munrow auf der Bildfläche. Er ging ins Haus und wies den ahnungslosen wachhabenden Polizisten an der Tür an, seinen Namen nicht zu notieren, weil er nur kurz hineingehen wollte. Der Polizist, der keine Lust hatte, in die Randgebiete der Grafschaft strafversetzt zu werden, tat, wie ihm geheißen, und schwieg. In der Zwischenzeit entdeckte unser Freund Munrow – ein kleiner Waffennarr – die Schrotflinte, die der Tote bis dahin immer noch in der Hand hielt. Er nahm sie an sich, um sie zu untersuchen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es ein wirklich sehr schönes Exemplar einer Purdy war, verließ er den Raum und lehnte die Flinte sorgsam an die Tür, damit ihr kein Schaden zugefügt wurde.«
    Ungläubiges Raunen im ganzen Saal. Sam klickte erneut und eine Nahaufnahme des Daumens des Toten wurde an die Wand geworfen.
    »Was dem Pathologen in diesem Fall verdächtig vorkam, war die Position des Daumens. Wie Sie erkennen können« – sie umkreiste den Daumen mit ihrem roten Marker – »ist er

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