Denn Gruen Ist Der Tod
siebzig Kilo. Er hatte blond gefärbtes Haar, seine natürliche Haarfarbe war dunkelbraun. Das wichtigste Erkennungszeichen ist eine kleine Tätowierung des Namens ›Frances‹ auf seinem rechten Oberarm …«
Die Beschreibung der Tätowierung ließ gar keinen Zweifel zu: Es musste sich um Mark handeln. Sie erinnerte sich an seine stolze Miene, als er sie ihr gezeigt hatte. Diese Nachricht traf Frances fast so hart wie Birds Schlag. Sie klammerte sich an die Spüle, um nicht umzufallen, dabei glitt ihr die Milchflasche aus der Hand und zersprang auf dem Boden. Milch und Glas spritzten durch die ganze Küche. Frances wurde ganz schwindelig und ihr Magen zog sich zusammen, als ihr auf einmal klar wurde, warum Mark an jenem Abend nicht aufgetaucht war. Bird hatte ihn umgebracht.
Wie von weither kommend, drang Birds Stimme an ihr Ohr. »Fran, was ist da los, zum Teufel?«
Es war der pure Selbsterhaltungstrieb, der sie plötzlich wieder klar denken ließ. Sie hatte bis zu diesem Moment nicht gemerkt, wie groß die Gefahr war, in der sie schwebte. Sie war eine sehr wichtige Zeugin und Bird wusste das bestimmt. Ein weiteres Gefühl machte sich jetzt bemerkbar, ein ganz elementares, das sie vorher nie verspürt hatte: der Mutterinstinkt. Sie musste das Kind in ihrem Leib schützen. Sie schnappte sich Birds Autoschlüssel und rannte aus der Tür hinaus zu seinem Auto.
Bird war noch einen Moment liegen geblieben, um seine Gedanken zu ordnen. Er rief noch einmal nach ihr, aber sie antwortete nicht. Plötzlich hörte er, wie der Motor seines Sportwagens aufheulte, sprang aus dem Bett und spurtete in die Küche, um zu sehen, was los war. In seiner Wut hatte er vergessen, dass er ursprünglich von dem Geräusch zersplitternden Glases hochgeschreckt war, und als er mit seinen nackten Füßen über den Küchenboden lief, drangen die Splitter tief in sein Fleisch. Er schrie auf und hielt sich am Küchentisch fest, um nicht hinzufallen. Und obwohl er große Schmerzen hatte, schaffte er es, zur weit geöffneten Tür zu humpeln, wobei er eine rote Blutspur auf dem Teppich hinterließ. Sein geliebter Porsche machte gerade einen Hüpfer nach vorn, weil Frances mit dem ihr ungewohnten Getriebe nicht zurechtkam. Doch schließlich fand sie den richtigen Gang, das Auto sauste die Vorstadtstraße hinunter und verschwand. Bird beobachtete ihre Flucht, bevor er sich auf den Boden fallen ließ und die Splitter aus seinen blutenden Fußsohlen zog.
Frances bekam die Schaltung des Porsches nicht richtig in den Griff, das Auto war einfach zu kompliziert und der Motor zu stark. Ihre Fahrpraxis hatte sie einzig in einem schäbigen Ford Escort gesammelt, der mehr Zeit in der Werkstatt verbracht hatte als auf der Straße. Ihre Augen waren immer noch rot und verquollen und über ihre Wangen kullerten dicke Tränen. Sie fror, denn der dünne Satinstoff ihres Morgenmantels bot wenig Wärme. Die Kälte und der Schock über die Nachricht von Marks Tod ließen sie stark zittern. Sie konnte nicht aufhören, an ihn zu denken und sich die Schuld zu geben für das, was geschehen war. Sie hatte mit ihm gespielt, mit seinen Gefühlen, die er für sie empfand, hatte über ihn verfügt und ihn nach ihrer Pfeife tanzen lassen. Er hätte etwas Besseres verdient gehabt! Und jetzt war er tot, ermordet von ihrem Freund, weil sie so egoistisch gewesen war. Sie wusste nicht, wie sie über diesen Schock hinwegkommen sollte.
Sie brachte den Porsche ruckartig vor einer roten Ampel zum Stehen und schaltete in den Leerlauf. Aber kaum stand sie, da sprang die Ampel auf Grün und die Motoren der Autos hinter ihr heulten laut auf. Sie versuchte wieder in den ersten Gang zu schalten und drückte mit dem Fuß die Kupplung ganz durch, aber trotz allem ließ sich der Gang nicht einlegen. Ein paar Fahrer wurden schon ungeduldig und fingen an zu hupen, damit sie weiterfuhr oder Platz machte. Endlich fand sie in einem letzten verzweifelten Versuch den ersten Gang und der Porsche bewegte sich vorwärts. Frances war überrascht, dass die Schaltung sich auf einmal ihren Wünschen gefügt hatte, und das Auto ruckelte bis auf die Kreuzung, wo sie den Motor abwürgte. In diesem Moment sprang die Ampel hinter ihr wieder auf Rot und Autos kamen von links und rechts auf die Kreuzung. Frances versuchte völlig aufgelöst, den Wagen wieder anzulassen, aber der Vergaser soff ab und das Auto wollte um nichts in der Welt anspringen. Unter einem wahren Hupkonzert und wütendem Stimmengewirr
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