Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
gewarnt. Ich schlage vor, du gehst und besorgst den Pass und nimmst ihn mit zu deiner Wohnung. Schlaf heute Nacht dort. Dann nimmst du gleich morgen Früh als Erstes den Zug nach Oxford, lieferst den Pass bei Lisa ab und kehrst wieder hierher zurück. Schließlich musst du nicht länger in Oxford bleiben, wenn du ihr den Pass gegeben hast, oder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dann mach das, und du bist sauber.«
Das ist der Grund, warum ich so gerne mit Ganesh über diese Dinge rede. Er schafft es, dass alles ganz einfach klingt.
Nachdem ich meinen Tee ausgetrunken hatte, ging ich zu meiner Wohnung, doch von meinem Hund war keine Spur zu sehen. Die Wohnung liegt im Erdgeschoss eines Mietshauses, das zwei Einheiten auf jeder Etage besitzt, bis auf das Dachgeschoss, wo es nur eine einzige Wohnung gibt. Es gibt auch zwei Erdgeschosswohnungen mit zwei verschiedenen Eingängen. Obwohl Ganesh da gewesen war und mit den anderen Mietern gesprochen hatte, klopfte ich noch einmal an sämtlichen Türen und fragte nach Bonnie oder schob Zettel unter den Türen hindurch, auf denen ich Beryls Telefonnummer in Oxford hinterließ. Erwin, der Schlagzeuger, der Mieter der anderen Erdgeschosswohnung gegenüber, versprach, all seine Freunde zu informieren, damit sie nach Bonnie Ausschau hielten. Ich schöpfte nicht viel Hoffnung daraus – ich hatte einige von Erwins Freunden kennen gelernt, die meisten von ihnen Musiker, freundliche Gestalten, die von morgens bis abends Joints rauchten und zu Gedächtnislücken neigten. Erwin bestand dennoch darauf, dass sie bei meiner Suche helfen würden, und ich dankte ihm dafür. Es gab sonst nichts, was ich hätte tun können, also machte ich mich auf den Weg zu Lisas Wohnung.
Es war bereits Abend, als ich dort ankam, etwa gegen acht Uhr, und ziemlich still überall. Lisa hatte mir drei Schlüssel mitgegeben. Einer war für den Haupteingang des Hauses, ein zweiter war der eigentliche Wohnungsschlüssel. Der dritte Schlüssel gehörte zu einer kleinen Schublade in ihrem Nachttischschrank, wo sie den Pass aufbewahrte. Ich konnte ihn nicht übersehen, hatte sie gesagt. Alles schien ganz einfach.
Die Wohnung befand sich in einem niedrigen Gebäude, das dem Anschein nach in den 1930ern errichtet worden war. Ich sperrte die Haustür auf, trat in den Flur, und die Tür schloss sich lautlos hinter mir. Nicht lautlos genug, wie es schien, oder sie hatte mich bereits kommen sehen.
Sie steckte den Kopf aus ihrer Tür zur Erdgeschosswohnung auf der linken Seite und lächelte mich freundlich an. Sie war mindestens achtzig Jahre alt, eher neunzig, und vielleicht eins fünfzig groß. Ihr Haar war erschreckend schwarz gefärbt, und sie hatte es auf dem Kopf aufgetürmt und mit Nadeln zu fixieren versucht. Einzelne Strähnen hatten sich ringsum verselbstständigt und rahmten ihr Gesicht ein, das mit üppig eingesetztem Make-up zugekleistert war. Der Mund war eine unregelmäßige, zittrige Kontur aus grellrotem Lippenstift. Was ihre Kleidung anbetraf, so sah es aus, als hätte sie in einer Kiste gekramt und willkürlich angezogen, was ihr gerade in die Finger gekommen war. Ein weiter Rock aus indischer Baumwolle reichte bis auf ihre Knöchel, und ihre Füße steckten in goldenen türkischen Schnabelschuhen.
»Besuchen Sie jemanden hier im Haus?«, erkundigte sie sich. Sie redete mit einem starken Akzent, den ich zu kennen glaubte. Sie klang sehr wie meine Großmutter Varady, und sie ähnelte ihr auch irgendwie.
Ich deutete zu den Wohnungen im ersten Stock hinauf und versuchte mich an ihr vorbeizuschieben. Sie machte einen Schritt nach vorn und versperrte mir den Weg die Treppe hinauf.
»Mrs Betterton?«, fragte sie. »Ich glaube, sie ist ihren Sohn besuchen gefahren. Er wohnt in Hendon.« Sie spähte nach oben in mein Gesicht. Ihre Augen waren kleine schwarze Scheiben vor einem gelblichen Hintergrund.
»Nein«, sagte ich. »Nicht Mrs Betterton.«
»Ah«, sagte sie schlau. »Dann also die junge Lady. Aber sie ist ebenfalls nicht zu Hause. Sie ist ebenfalls zu einem Besuch weggefahren.«
Wenn sie auch im Charakter meiner Großmutter Varady ähnelte, dann würde sie nicht aufhören Fragen zu stellen, bis ich mich erklärt hatte. Ich beschloss, mir die Zeit zu sparen und ihr mehr oder weniger zu verraten, was ich in diesem Haus suchte.
Ich hielt die Schlüssel hoch. »Ich bin hergekommen, um in ihrer Wohnung nach dem Rechten zu sehen, okay? Ich achte darauf, dass kein Wasserhahn tropft oder
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