Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
Schlafzimmer wurde beherrscht von einem riesigen Doppelbett mit einer Satin-Steppdecke und zahlreichen hübschen Kissen. Es sah aus wie im Schaufenster eines Möbelgeschäfts. Rechts und links vom Bett standen passende Nachtschränkchen mit abschließbaren kleinen Schubladen. Ich versuchte es bei dem mir am nächsten stehenden mit dem kleinen Schlüssel von Lisa, doch die Schublade war leer. Ich ging zur anderen Seite des Bettes und versuchte es dort. Der Schlüssel passte auch hier, und die Schublade glitt auf. Ein Durcheinander von Umschlägen begrüßte mich. Ich wühlte sie durch, bis ich einen mit einem kleinen roten Heft darin fand. Lisas Pass! Ich nahm ihn hervor und öffnete ihn. Lisas Gesicht starrte mich ausdruckslos an wie auf einem Verbrecherfoto aus einer dieser automatischen Kabinen, die an Bahnhöfen stehen. Ich stieß die Schublade zu, schloss sie hastig wieder ab und wandte mich zur Tür.
Als ich aufstand, ging die Türglocke. Verdammt, dachte ich. Die alte Lady aus dem Erdgeschoss hatte es endlich die Treppe hinaufgeschafft, entschlossen herauszufinden, was ich hier machte und warum ich so lange dazu brauchte. Ich hatte nicht vor, sie in die Wohnung zu lassen. Außerdem hatte ich gefunden, weswegen ich hergekommen war. Ich steckte Lisas Pass in meine Tasche und ging zur Schlafzimmertür. Ich streckte die Hand nach der Klinke aus, um sie zu öffnen, als mir zum ersten Mal der Hausmantel auffiel, der innen an der Tür hing. Irgendetwas daran sah merkwürdig aus, und das war nicht nur die dunkelbraune Farbe. Er bestand aus Seide oder einem seidenähnlichen Material und war in einem orientalischen Design gemustert.
Ich zögerte und nahm ihn vom Haken. Die Türglocke ging erneut. Ich ignorierte das Läuten und hielt den Schlafanzug ausgebreitet vor mir. Auf dem Rücken war ein großer Drachen eingestickt. Der Hausmantel war nicht nur viel zu groß für Lisa, sondern es war der Hausmantel eines Mannes! Ich brachte meine Nase näher an den Stoff und schnüffelte. Ich glaubte nicht, dass Lisa Zigarren rauchte, doch der Besitzer dieses Schlafanzugs tat es.
Zum ersten Mal richtete ich meine Aufmerksamkeit auf den eingebauten Kleiderschrank. Wenn Lisa ihre kostspielige Garderobe draußen in einem eigenen Zimmer hatte, was war dann in den Schränken? Ich schob eine Tür auf und entdeckte eine Stange voller Anzüge und Hemden. Auf einem Regal sauber gefaltete Pullover. Eingesperrter Zigarrengeruch kam aus der Tür und stieg mir in die Nase. Kein Wunder, dass Lisa ihre Garderobe nicht in diesem Schrank hatte unterbringen wollen.
Die Türglocke ging in ein frustriertes Dauerläuten über. Die alte Lady schien die Geduld zu verlieren. Ich eilte durch das Wohnzimmer, hielt kurz an, um das Fenster wieder zu schließen, dann öffnete ich die Tür.
Zwei Personen standen vor mir, beide vollkommen unbekannt, eine Frau und ein Mann. Sie war groß und schlank und um die vierzig, auch wenn sie gekleidet war wie eine Zwanzigjährige, mit einer hautengen weißen Hose und einem kurzen Shirt, das ihre nackte Taille unbedeckt ließ. Die Haut in ihrem Gesicht und an den Armen und der Taille war gleichmäßig braun und ließ den regelmäßigen Gebrauch einer Sonnenliege vermuten. Sie hatte das Haar gebleicht und eine kurze fiederige Frisur. Ihre Nase war spitz, und ihre Augen funkelten mich herausfordernd an.
Der Mann in ihrer Begleitung war kleiner als sie und breiter gebaut, fast quadratisch, wie es aussah. Er besaß dickes dunkles Haar, eine pockennarbige Haut und dunkle tiefliegende Augen. Er trug einen navyblauen Blazer und cremefarbene Khakihosen und eine Menge goldenen Schmuck. Er musterte mich ausdruckslos. Ich hatte das Gefühl, dass er eine Art Gorilla war. Hinter den beiden entdeckte ich die Alte aus der Erdgeschosswohnung. Sie war halb die Treppe hinaufgestiegen und klammerte sich ans Geländer, einen Ausdruck von Triumph in dem verwitterten Gesicht. Wer auch immer diese Besucher waren, ich nahm an, dass die Alte dahintersteckte.
Die Frau in der Tür ergriff die Initiative. »Das wurde aber auch Zeit«, sagte sie. »Was haben Sie in meiner Wohnung zu suchen?«
Es war ein schwieriger Moment, doch ich hatte mein ganzes Leben damit verbracht, schwierige Momente zu meistern, und die erste Regel lautet, niemanden merken zu lassen, dass er einen mit heruntergelassener Hose erwischt hat.
»Das ist nicht Ihre Wohnung«, sagte ich und versperrte ihr den Weg, als sie Anstalten machte einzutreten. Ich musste ihr
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