Denn mit Morden spielt man nicht - Granger, A: Denn mit Morden spielt man nicht - Mixing with murder
betrat durch die offenen Türen einen Waggon, dann erst riskierte ich einen Blick nach draußen. Der Zug würde bald abfahren, und eine gestresste Menge von Passagieren eilte mit blassen Gesichtern über den Bahnsteig. Bei einigen konnte man die Unentschlossenheit sehen: Sollten sie jetzt einsteigen und dann durch sämtliche Waggons laufen, bis sie einen geeigneten Sitzplatz gefunden hatten, oder sollten sie draußen vor dem Zug den Bahnsteig entlanglaufen und riskieren, dass die Türen vor ihren Nasen zuglitten? Sie waren wie eine Masse aufgescheuchter Käfer. Unter ihnen erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf schwarze enge Leggings und ein pinkfarbenes Top, das eine Saite in meiner Erinnerung zum Schwingen brachte. Bevor ich mich darauf konzentrieren konnte, marschierte Kirschjackett an den offenen Türen vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Dennoch spürte ich ganz deutlich, dass sie mich gesehen hatte.
Sie musste am anderen Ende in den gleichen Wagen gestiegen sein. Ich war nicht überrascht, ihr zu begegnen, als ich den Mittelgang entlangging auf der Suche nach einem Sitzplatz. Wir begegneten uns auf halbem Weg, und unsere Blicke kreuzten sich im gegenseitigen Wiedererkennen. Sie lächelte. Ich runzelte die Stirn und wuchtete meine Tasche nach oben in das Gepäckgestell. Sie ließ sich nicht entmutigen, schob ihre Aktentasche neben meine und setzte sich auf den Platz mir gegenüber.
Obwohl sich der Zug rasch füllte, gab es noch immer reichlich freie Sitzplätze, und ich spürte so etwas wie Verärgerung, dass sie sich direkt vor meine Nase gesetzt hatte. Glücklicherweise hatte jemand eine Boulevardzeitung auf dem Sitz neben mir liegen lassen, also nahm ich sie zur Hand und vergrub meine Nase darin.
Es dauert nur eine gewisse Zeit, bis man eine Boulevardzeitung gelesen hat. Selbst nachdem ich das Kreuzworträtsel gelöst hatte, dauerte es noch eine Weile, bis wir Oxford erreichten. Ich zog erneut den alten Stadtplan aus der Tasche, als meine Reisebegleiterin das Wort ergriff.
»Zum ersten Mal in Oxford?«, erkundigte sie sich freundlich.
Ich überlegte, ob ich sie ignorieren sollte, doch ich hatte keinen Grund, mich unhöflich zu verhalten. »Ja«, antwortete ich knapp, in der Hoffnung, sie würde es dabei belassen.
»Fangen Sie vielleicht im neuen Semester an der Universität an?«
Das verblüffte mich dann doch. »Nein«, stammelte ich. »Ich besuche eine Freundin.«
Sie lächelte mich freundlich an und zeigte dabei außergewöhnlich regelmäßige weiße Zähne wie aus einer Zahnpastawerbung. »Es ist eine sehr hübsche Stadt«, sagte sie. »Es wird Ihnen gefallen.«
»Ja«, murmelte ich. »Bestimmt.«
Sie ließ sich durch meinen Mangel an Entgegenkommen nicht entmutigen. »Ich meine, es gibt auch langweilige Viertel und leicht heruntergekommene, die man nicht auf die Besuchsliste für Touristen setzen würde«, fuhr sie fort, »doch Sie werden feststellen, dass es eine Menge Sehenswürdigkeiten gibt – all die Colleges und Kirchen und Parks. Ich hoffe, Sie haben genug Zeit, um sich alles anzusehen.«
Also ich bin nicht dumm, und wenn das keine Art war, mich zu fragen, wie lange ich zu bleiben gedachte, dann weiß ich es nicht. »Ja«, sagte ich auf eine Weise, von der ich hoffte, dass sie die Konversation beendete.
Sie schien den Wink zu verstehen und redete nicht mehr, bis der Zug eingelaufen war und wir uns beide erhoben, um unsere Taschen vom Gepäckgestell zu heben.
»Viel Glück«, sagte sie.
Es war eine beiläufige Bemerkung, ohne Bedeutung. Doch in meiner Situation, von der sie natürlich nichts wissen konnte, kam es mir vor wie Ironie, und etwas von meiner Bestürzung muss sich in meinem Gesicht gespiegelt haben, denn bevor sie nach draußen auf den Mittelgang trat, musterte sie mich mit einem weiteren jener eigenartigen scharfen Blicke.
Der Platz draußen vor dem Bahnhof war geschäftig. Auch hier war der Tag heiß gewesen; die Sonne schien immer noch grell, und die Luft flimmerte von der Hitze, die von den Gebäuden hinter mir aufstieg. Ich blickte mich suchend nach einer Bushaltestelle um und überlegte, ob ich einen Teil von Mickeys Spesengeld für ein Taxi investieren sollte, als neben mir ein Wagen anhielt.
Das Fenster glitt nach unten, und ich wurde von einem inzwischen vertrauten Lächeln begrüßt. »Warten Sie auf Ihre Freundin?«
»Ja!«, schnappte ich giftig.
»Ist sie noch nicht da? Ich könnte Sie mitnehmen.«
»Danke, nicht nötig!«, schnarrte ich.
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