Denn niemand hört dein Rufen
Wachbeamten, die Hände auf den Rücken zu legen. Er verzog keine Miene, als die Handschellen um seine Handgelenke zuschnappten.
Als er aus dem Gerichtssaal in die Haftzelle geführt wurde, waren die beiden letzten Eindrücke, die sich in sein Gedächtnis einbrannten, das vollkommen aufgewühlte Gesicht von Emily Wallace und das zufriedene Lächeln des Bezirksstaatsanwalts Ted Wesley.
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D er großen Siegesfeier im Solari’s am Freitagabend blieb Emily fern. Sie schützte Müdigkeit vor und sagte Ted Wesley, sie wolle ihn und Nancy noch einmal zum Essen ausführen, bevor er nach Washington gehe. Obwohl ihre Erschöpfung sicherlich nicht vorgetäuscht war, konnte sie vor allem den Gedanken nicht ertragen, einen Schuldspruch zu feiern, der nicht nur für Gregg Aldrich, sondern auch für seine junge Tochter und Natalies Mutter verheerende Folgen hatte.
Sie wissen genau, dass dieser Prozess eine Farce ist, und ich bin sicher, dass Sie Gregg im Grunde Ihres Herzens für unschuldig halten. Die Beschuldigung, die Alice Mills ihr im Gerichtssaal wütend entgegengeschleudert hatte, kehrte immer wieder in Emilys Gedanken zurück. Ihr Mitgefühl für Alice mischte sich mit Zorn. Ich habe sieben Monate meines Lebens für diesen Fall geopfert, dachte sie, als sie das Gerichtsgebäude verließ. Glücklicherweise waren alle Medienvertreter von der Bildfläche verschwunden, und niemand näherte sich ihr auf dem Weg zu ihrem Wagen.
Ich wollte Gerechtigkeit für eine außerordentlich begabte Frau, die so vielen Menschen Freude bereiten konnte und die kaltblütig erschossen wurde, als sie ihr Haus betrat, dachte sie.
Im Grunde Ihres Herzens …
Was weiß Alice Mills schon darüber, wie es in mir aussieht? Was weiß ich selbst überhaupt darüber? Das Herz, das in mir schlägt, ist nicht einmal mein eigenes. Mein eigenes Herz wurde auf dem Operationstisch in eine Schüssel gelegt und danach entsorgt.
Die Tränen, die sie seit Alice Mills’ Ausbruch bekämpft hatte, flossen schließlich doch, als sie in ihrem Wagen saß. Sie erinnerte sich, was einer der Journalisten gesagt hatte, als sie nach dem Schuldspruch von den Medien bestürmt wurde: »Sie werden berühmt, Emily. Alle werden über Sie schreiben. Bis heute Morgen habe ich nicht gewusst, dass Sie eine Herztransplantation hinter sich haben. Ich habe mitbekommen, wie Leute davon gesprochen haben. Und noch etwas. Ich wusste auch nicht, dass Ihr Mann im Irak gefallen ist. Es tut mir wirklich leid für Sie.«
All das wird jetzt in den Medien in aller Breite ausgewalzt werden, dachte Emily. Ach Gott, der ganze Wirbel um die Herztransplantation würde mir gar nicht so viel ausmachen, aber ich würde alles darum geben, wenn Mark mich jetzt zu Hause erwarten würde. Ich könnte mit allem fertigwerden, wenn er noch bei mir wäre …
Doch als sie nach Hause kam und die Haustür aufsperrte, ertönte freudiges Gebell aus der hinteren Veranda, ein Willkommensgruß, der sofort ihre Stimmung hob. Als sie zu Bess eilte, dachte sie mit dankbaren Gefühlen an die bedingungslose Liebe, die ihr kleiner Hund ihr immer entgegenbrachte.
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A m Freitagabend, neun Stunden nach dem Schuldspruch der Geschworenen, ertönte die Titelmusik von Vor Gericht . Michael Gordon zeigte zuerst die dramatischen Ausschnitte des Schuldspruchs mit den Ausbrüchen von Katie Aldrich und Alice Mills. »Wir haben heute Abend eine tolle Show für Sie«, rief er aus. »Sie werden nicht nur unsere hervorragenden Experten dazu hören, wir haben auch Geschworene eingeladen, die an den Beratungen teilgenommen haben, sowie die beiden Stellvertreter, die nicht zum Zuge gekommen sind, außerdem die Zeugin, die damals Natalie Raines in ihrem Haus gefunden hat.«
Die Teilnehmer der Runde – Richter Bernard Reilly, Staatsanwalt Peter Knowles und die Kriminalpsychologin Georgette Cassotta – zeigten sich allesamt überrascht, dass die Geschworenen ein einstimmiges Votum zustande gebracht hatten. Cassotta meinte, dass sie angesichts der Problematik um den Zeugen Jimmy Easton eine Einstimmigkeit nicht für möglich gehalten hätte.
Dorothy Winters, die enttäuschte Stellvertreterin, musste nicht erst um ihre Meinung gebeten werden. »Es ist ungeheuerlich«, platzte sie ungefragt heraus. »Das wäre niemals passiert, wenn ich dabei gewesen wäre. Nichts hätte mich von meiner Meinung abbringen können. Ich bin der Ansicht, dass die Staatsanwältin Mr Aldrich in ungebührender
Weise bedrängt hat, als der arme Mann zu
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