Denn niemand hört dein Rufen
erklären versuchte, warum er nach Cape Cod gefahren ist. Wenn Sie mich fragen, ich glaube, er war einfach zu gut für Natalie. Ich glaube nicht, dass sie ihn sehr gut behandelt hat. Alles drehte sich immer nur um ihre Karriere, und trotzdem war er ihr bis zuletzt treu ergeben und hat sich um sie gekümmert.«
Geschworener Nummer drei, Norman Klinger, ein etwa fünfzigjähriger Bauingenieur, schüttelte den Kopf. »Wir haben den Fall von jeder nur erdenklichen Seite betrachtet«, sagte er gelassen. »Ob Mr Aldrich zu gut für Natalie gewesen ist oder nicht, stand nicht zur Debatte. Jimmy Easton mag als Mensch sein, wie er will. Aber jede seiner Behauptungen wurde durch Indizien belegt.«
Suzie Walsh war hellauf begeistert gewesen, als man sie angerufen und gefragt hatte, ob sie an der Sendung teilnehmen wolle. Sie war extra noch schnell zu ihrem Schönheitssalon gegangen, hatte sich die Haare machen und sogar noch Make-up auftragen lassen. Erst als sie im Studio eintraf, hatte sie erfahren, dass dort speziell für diese Zwecke eine Maskenbildnerin zur Verfügung stand. Das Geld hätte ich mir sparen können, dachte sie wehmütig, besonders, weil die Dame hier sowieso meine Haare neu zurechtgemacht und mein Make-up etwas abgemildert hat.
Dann stellte ihr Michael Gordon eine Frage: »Miss Walsh, Sie waren die Letzte, die Natalie Raines noch lebend gesehen hat. Wie denken Sie über diesen Schuldspruch?«
»Zuerst war ich fest davon überzeugt, dass er schuldig ist«, sagte sie mit ernster Miene. »Doch dann wurde mir klar, dass mich etwas die ganze Zeit gestört hat. Wissen Sie, sie hat ja noch gelebt, als ich sie gefunden habe. Sie hat zwar die Augen nicht mehr geöffnet, aber sie hat gestöhnt.
Ich glaube, sie hat noch mitbekommen, dass ich den Notarzt verständigt habe. Wenn sie gewusst hätte, wer sie erschossen hat, und damit meine ich ihren Mann, warum hat sie mir das dann nicht zugeflüstert? Meiner Meinung nach wusste sie, dass sie im Sterben lag. Hätte sie nicht gewollt, dass derjenige zur Rechenschaft gezogen wird, der ihr das angetan hat?«
»Ganz genau«, fiel Dorothy Winters ein.
»Miss Walsh, ich kann Ihnen nur sagen, dass alle diese Dinge bei den Beratungen der Geschworenen zur Sprache gekommen sind«, versicherte Klinger. »Sie haben selbst gesagt, dass Natalie Raines im Sterben lag. Sie haben gesagt, dass sie die Augen nicht mehr geöffnet hat. Die Tatsache, dass sie gestöhnt hat, bedeutet nicht, dass sie noch fähig war, mit Ihnen zu kommunizieren.«
»Sie hat gemerkt, dass ich da war, da bin ich mir ganz sicher«, beharrte Suzie. »Und außerdem glaube ich nicht, dass ein Mensch stöhnen kann, wenn er nicht bei Bewusstsein ist.«
»Ich behaupte nicht, dass sie notwendigerweise völlig ohne Bewusstsein war. Aber sie war jedenfalls tödlich verletzt, und noch einmal: Wir waren der Ansicht, dass sie nicht mehr in der Lage war, zu kommunizieren.«
»Sie und Gregg Aldrich lebten seit über einem Jahr getrennt. Vielleicht gab es ja noch einen Freund, von dem niemand etwas wusste«, führte Dorothy Winters ins Feld. »Vergessen wir nicht, dass sie gegenüber Gregg Aldrich die Beziehung zu einem anderen Mann angedeutet hat. Deshalb ist er ja nach Cape Cod gefahren, um das nachzuprüfen. Vielleicht war es ja auch ein verrückter Fan? Auch wenn ihre Telefonnummer nicht in den öffentlichen Verzeichnissen stand, jeder wäre in der Lage gewesen, sich
ihre Adresse und eine Beschreibung, wie man dorthin kommt, aus dem Internet zu holen. Das ist die einfachste Sache der Welt.«
»Der Verteidiger hat die Tatsache, dass es möglicherweise noch einen unbekannten Freund gab, nicht besonders herausgestellt«, sagte Donald Stern, der andere stellvertretende Geschworene. »Sollte es so einen unbekannten Freund gegeben haben, selbst wenn er auf Cape Cod nicht dabei war, dann ist es doch sehr gut möglich, dass er sich im Haus in New Jersey auskannte und wusste, wie man hineingelangt. Offen gesagt habe ich bis zuletzt zu ›schuldig‹ tendiert, aber wenn Mrs Winters bei den Beratungen dabei gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht von der anderen Seite überzeugen lassen. Und ihren jetzigen Worten nach zu urteilen, hätte sie ihre Meinung sicherlich nicht mehr geändert.«
Nach diesem Diskussionsbeitrag wies Michael Gordon darauf hin, was für ein schicksalhafter Zufall es doch gewesen sei, dass die Gerichtsdienerin ausgerechnet die Karte von Dorothy Winters gezogen hatte und sie damit zur stellvertretenden
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