Denn niemand hört dein Rufen
Geschworenen machte. »Gregg Aldrich sitzt heute Abend in einer Gefängniszelle«, sagte er, »mit der Aussicht auf eine lebenslange Freiheitsstrafe. Wäre Dorothy Winters in diesem Geschworenenzimmer mit dabei gewesen, wäre ein gespaltenes Votum herausgekommen, und er würde den heutigen Abend zu Hause mit seiner Tochter verbringen.«
»Das Leben ist voll von solchen Zufällen, die enorme Auswirkungen haben können«, pflichtete Richter Reilly ihm bei. »Wie wir im Fall von Mrs Winters und Mr Stern sehen können, hat bei einem Strafprozess das zufällige Bestimmen von zwei Stellvertretern, die dann von den Beratungen
ausgeschlossen werden, schon so manches Ergebnis beeinflusst.«
Als die Sendung vorüber war und Mike sein Arbeitszimmer betrat, fand er eine Notiz auf seinem Schreibtisch vor. Darauf stand: »Mike, eine Frau hat angerufen. Wollte ihren Namen nicht nennen. Hatte keine Anruferkennung. Wollte wissen, ob es eine Belohnung gibt für Informationen, für wen Jimmy Easton gearbeitet hat, als er in der Wohnung von Aldrich war. Würden Sie bitte herausfinden, was es damit auf sich hat, und es in Ihrer Sendung nächste Woche erwähnen?«
50
V on einem wachsenden Gefühl der Dringlichkeit getrieben, verbrachte Zach fast den gesamten Samstag damit, nach einem Wagen zu suchen. Zu einem Händler wollte er nicht gehen, weil dort die Dokumente und Zulassungspapiere eine Spur hinterlassen würden. Stattdessen ging er die Kleinanzeigen für Gebrauchtwagen durch und rief die Anbieter, die er herausgesucht hatte, der Reihe nach an.
Er hatte gestern Abend die Nachrichten im Fernsehen gesehen und heute Morgen die Zeitung gelesen, alles voll von Bildern und Artikeln über den Schuldspruch im Aldrich-Prozess. Es bereitete ihm Sorge, dass so viel Aufhebens um Emily gemacht wurde. Was konnte da nicht alles passieren. Einer von diesen Reportern könnte sie vor ihrem Haus interviewen und er könnte dabei zufällig ins Bild geraten, wenn er gerade hinausging und die Presseleute nicht bemerkte. Am Ende könnte ich in den landesweiten Nachrichten landen, dachte er sich. Irgendjemand könnte mich erkennen.
Ich muss bereit sein, abzuhauen.
Die letzte Anzeige, die er sich herausgesucht hatte, schien genau seinen Vorstellungen zu entsprechen. Der dunkelbraune Kombi war acht Jahre alt, aber in ziemlich gutem Zustand. Es war so ein Fahrzeug, das nirgendwo auffiel. Kein Mensch würde sich nach ihm umschauen. Genau wie bei mir, dachte er bitter.
Der Besitzer, Henry Link, wohnte in Rochelle Park, nicht weit entfernt. Es war ein älterer Mann, der offensichtlich gern ein Schwätzchen hielt. »Dies ist der Wagen meiner Frau Edith«, erklärte er. »Sie ist jetzt seit einem halben Jahr im Pflegeheim. Ich hab immer gehofft, dass sie wieder nach Hause kommen kann, aber das wird wohl nicht geschehen. Es war eine schöne Zeit, die wir mit dem Auto hatten.«
Er rauchte eine Pfeife. Die Luft in der kleinen Küche war stickig und stank nach kaltem Rauch. »Wir sind nie sehr weit damit gefahren«, sagte er. »Deshalb hat er gar nicht so viele Meilen auf dem Tacho. Wenn das Wetter gut war, sind wir ein bisschen den Hudson raufgefahren und haben uns dann ein schönes Plätzchen zum Picknicken ausgesucht. Sie hat das beste Brathähnchen und den besten Kartoffelsalat der Welt gemacht! Und …«
Zach saß ihm jetzt seit einer Viertelstunde am Küchentisch gegenüber und hörte sich die anscheinend endlosen Einzelheiten aus Henrys Leben mit Edith an. Doch jetzt ertrug er es nicht länger und stand abrupt auf. »Mr Link, in Ihrer Anzeige stand, der Wagen solle viertausend Dollar kosten. Ich biete Ihnen dreitausend sofort bar auf die Hand. Dafür würde ich auch die Nummernschilder abliefern und den ganzen übrigen Papierkram erledigen. Sie müssten sich dann um nichts mehr kümmern.«
»Gut, einverstanden«, sagte Henry, der gemerkt hatte, dass ihm, wie so oft, sein Publikum entglitten war. »Das geht in Ordnung, wenn Sie das Geld in bar dabeihaben. Danke, dass Sie den ganzen Papierkram übernehmen wollen. Ich hasse es, ewig in diesen Warteschlangen bei der Zulassungsstelle stehen zu müssen. Wann wollen Sie es denn abholen? Ich meine, Sie können ja schlecht zwei Autos auf
einmal fahren. Werden Sie noch einmal mit einem Freund kommen?«
Ich habe keinen, dachte Zach, und wenn ich einen hätte, würde er nichts von dieser Sache wissen. »Lassen Sie ihn einfach in der Auffahrt stehen und geben Sie mir die Schlüssel. Ich werde mich heute später
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