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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Kriegers mit ihren drei Kindern, dazu zwei ihrer Schüler aus der zehnten Klasse. Alles in allem waren sie dann zehn Personen. Bis morgen hoffte sie ruhig genug zu sein, um ihrer Rolle als Gastgeberin gerecht zu werden.
    Draußen klingelte es, und Rina fuhr wieder zusammen. Vor der Tür standen der große rothaarige Kriminalbeamte und seine Kollegin. Sie bat die beiden herein.
    Das winzige Wohnzimmer war mit Möbeln vollgestellt – Sofa, Beistelltisch, Sessel und Bücherregale mit hebräischen Schriften, an den Wänden Kunstgewerbliches zu jüdischen Themen und Familienfotos. Obgleich musterhafte Ordnung herrschte, beschlich Decker fast so etwas wie Platzangst – Gulliver im Lande Liliput. Er lockerte den Schlips und blieb auf der Schwelle stehen.
    Marge schnupperte. »Wie gut das hier riecht!«
    »Danke«, sagte Rina nervös. »Ich mußte mich irgendwie beschäftigen.«
    Decker sah, daß sie ihr Haar bedeckt hatte. »Wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihre Unterstützung, Mrs. Lazarus. Es ist spät geworden, am besten gehen wir gleich los. Einer von uns bleibt hier bei den Kindern, der andere begleitet Sie zur Mikwe.«
    Damit hatte er Rina die Wahl gelassen. Nach der Halacha hätte Decker im Haus bleiben und seine Kollegin sie begleiten müssen. Aber wenn die Kinder aufwachten, würde der Anblick eines Unbekannten sie mehr erschrecken als der einer fremden Frau.
    Sie sagte ihm, welche Entscheidung sie getroffen hatte, und fühlte sich genötigt, auch die Begründung mitzuliefern.
    Decker hielt ihr die Tür auf. Sie traten ins Freie. Es hatte sich etwas abgekühlt. Eine einsame Nachtigall ließ ihre Arie zum sternenübersäten Himmel aufsteigen, die Grillen stellten den Chor. Unwillkürlich ging Rinas Blick immer wieder zu Decker hinüber. Er merkte es und lächelte. Rasch senkte sie die Augen und sah zu Boden. Ihre Schritte kamen ihr unnatürlich laut vor. Schließlich hielt sie das Schweigen nicht mehr aus.
    »Rav Schulman hat Ihnen also helfen können?«
    »Ja, er war unbezahlbar.« Decker sah, daß sie gute drei Meter Abstand hielt.
    »Er ist ein außergewöhnlicher Mann«, sagte Rina. »Übrigens ist er nicht nur Rabbi, sondern auch Anwalt.«
    »Ach ja?« Decker verlangsamte den Schritt. »Wo hat er denn studiert?«
    »Erst in Europa, dann an der Columbia University. Das ist in New York.«
    Decker lächelte. »Ich weiß.«
    »Ja, sicher«, sagte Rina verlegen. »Entschuldigen Sie. Ich bin ein bißchen durcheinander.«
    Nach ein paar Schritten nahm Decker das Gespräch wieder auf. »Dann haben der Rabbi und ich gemeinsame Erfahrungen. Ich bin auch zunächst Anwalt geworden und habe diesen Beruf sogar ein halbes Jahr ausgeübt.«
    »Wie interessant«, sagte sie höflich.
    Du bist ihr völlig egal, du Trottel. Also laß das Gerede und konzentrier dich auf deinen Job...
    »Warum haben Sie aufgehört?« fragte Rina, als das neuerliche Schweigen fast schon mit Händen zu greifen war. »Wenn das keine zu persönliche Frage ist...«
    »Aber nein. Ich wurde Polizist.«
    »Ist die Reihenfolge sonst nicht umgekehrt?«
    Das klang aufdringlich, fand sie. Du bist auch nicht besser als Chana, dachte Rina. Fragst einen wildfremden Mann aus...
    Er lachte ein wenig. »Ja, das stimmt.«
    Den Rest des Weges legten sie ohne ein weiteres Wort zurück.
    Sarah Libba wartete mit einer Polizistin auf der Rückbank eines Streifenwagens. Dort nahm Rina sie in Empfang und brachte sie in die Mikwe, und Decker schickte den Streifenwagen weg.
    Rina machte Licht. »Es wird etwa eine Dreiviertelstunde dauern«, sagte sie zu Decker. Dann ging sie mit Sarah Libba ins Badezimmer und drehte den Heißwasserhahn auf. Zusammen sahen sie zu, wie das dampfende Wasser in die Wanne schoß. Rina war verlegen. Jetzt erst begriff sie, welche Schwierigkeiten die anderen während der schiwa, ihrer Trauerzeit um Yitzchak, mit ihr gehabt haben mochten. Sie hatte in diesen sieben Tagen sehr viel geredet. Es war ihr ein tiefes Bedürfnis, über ihren Mann und seinen Tod zu sprechen. Manche Freunde und Bekannte hatte sie mit ihren unablässigen Erzählungen von einem Toten sehr in Verlegenheit gebracht, andere wieder waren froh gewesen, daß sie bei dem Gespräch nicht die Initiative zu ergreifen brauchten. Wie würde es Sarah Libba wohl damit gehen? »Es tut mir so leid, Sarah.«
    Sarah Libba hatte Tränen in den Augen. »Dabei habe ich noch Glück gehabt. Ich danke Hashem, daß ich am Leben bin.«
    Die beiden Frauen umarmten sich und weinten miteinander.
    »Ich

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