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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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brach er dort gegen elf wieder auf. Das hatten seine Schwiegereltern in spe bestätigt.
    Decker stand auf und schenkte sich Kaffee nach. Welcher Mann ging wohl fünf Jahre lang dreimal in der Woche zu den künftigen Schwiegereltern zum Abendessen? Um die liebe Familie hatte es zwischen ihm und Jean dauernd Streit gegeben. Ihm hatte es schon gereicht, die Schwiegereltern einmal im Monat zu besuchen, einmal in der Woche wäre Jean lieber gewesen. Aber dreimal in der Woche - das hätte selbst sie nie von ihm verlangt. Vielleicht setzte sich ja Gilbert nach der Hochzeit energischer durch - wenn die Hochzeit je stattfand. Eine fünfjährige Verlobungszeit war auch einigermaßen sonderbar, sofern es nicht ganz gravierende Probleme gab. Vielleicht war der Mann ein Versager und hatte ein Ventil für seinen Groll gegen Frauen ganz allgemein gesucht?
    Aber wie konnte Gilbert in der Jeschiwa sein Unwesen getrieben haben, wenn er an beiden fraglichen Abenden in dreißig Meilen Entfernung vor gefüllten Schüsseln gesessen hatte?
    Decker trank noch einen Schluck. Es sei denn, daß er an dem bewußten Tag gar nicht in Familie gemacht hatte. Falls die Besuche bei den Schwiegereltern zur eingefahrenen Routine geworden waren, fiel es vielleicht gar nicht auf, wenn er mal einen ausfallen ließ.
    Aber von dem Mord an Florence konnte Gilbert ja nichts gewußt haben. Was hatte er also auf dem Gelände zu suchen gehabt? Decker klopfte nachdenklich mit dem Stift auf die Schreibtischplatte. Vielleicht war an jenem Donnerstag gar kein Computerclub gewesen, vielleicht hatten sie sich in der Woche ausnahmsweise am Mittwoch getroffen.
    Er wählte Rinas Nummer. Vielleicht konnten ihm die Kinder bei dieser Frage weiterhelfen.
    Als sich niemand meldete, war er mit einem Schlag wieder hellwach. Hatte er die falsche Nummer gewählt? Er versuchte es noch einmal. Nichts.
    Hatte er ihr nicht eingeschärft, sie solle ihn anrufen, wenn sie abends noch einmal aus dem Haus ging? Und sie hatte es ihm versprochen...
    Er würde Sarah Libba Adler anrufen, die wußte vermutlich Bescheid. Er wählte die Auskunft. Die Nummer stand nicht im Telefonbuch. Decker nannte seinen Namen und seine Dienstnummer, und nach wenigen Minuten hatte er den Anschluß. Nach dem vierten Läuten hob sie ab. Im Hintergrund hörte man Kinder lachen und toben.
    »Hier Detective Decker. Ich will Sie nicht beunruhigen, Mrs. Adler, aber wissen Sie, wo Mrs. Lazarus ist?«
    Lange Pause.
    »Sie ist ausgegangen.«
    »Wohin?«
    Schweigen.
    »Mrs. Adler?«
    »Sie ist in der Mikwe, es - es hat sich da etwas ergeben.
    Ich hab's ihr ausreden wollen, aber sie kann manchmal sehr eigensinnig sein.«
    »Wem sagen Sie das... Wo sind die Kinder?«
    »Bei mir. Rina will sie um zehn abholen. Wenn sie bis dahin nicht zurück ist, hat sie gesagt, soll ich Sie anrufen.«
    Das wurde ja immer schöner...
    »Ist jemand bei ihr?« fragte Decker. Wenn es Zvi war -»Matt Hawthorne.« Decker fluchte leise vor sich hin. »Ist - ist etwas passiert?« fragte Sarah erschrocken. »Nein, nein. Aber ich komme mal eben vorbei. Nur zu meiner eigenen Beruhigung.«
    »Gute Idee.«
    »Ach, und rufen Sie doch bitte Ihren Mann an und sagen Sie ihm -«
    Aber da war das Gespräch schon unterbrochen.
    Er wählte noch einmal, aber der Anschluß war besetzt. Er rief das Fernmeldeamt an und bat, das Gespräch zu unterbrechen. Auf dem Anschluß wurde nicht gesprochen, erfuhr er, die Leitung war gestört. Offenbar hatte Sarah den Hörer nicht richtig aufgelegt.
    Er versuchte es in der Mikwe, aber die Leitung war tot, wahrscheinlich war der Anschluß noch nicht repariert. Beim Rosch-Jeschiwa meldete sich niemand, der Anrufbeantworter der Jeschiwa lieferte ihm lediglich Anschlüsse, die nur tagsüber besetzt waren.
    Mit einem saftigen Fluch knallte er den Hörer auf die Gabel, griff sich seine Jacke, tippte Marge auf die Schulter und stürmte aus dem Haus.
    Marge holte ihn erst auf dem Parkplatz ein. Er ließ den Wagen an, und noch ehe sie die Tür auf der Beifahrerseite hatte zuschlagen können, war er mit quietschenden Reifen angefahren.
    Marge setzte das rote Blinklicht aufs Dach. »Vielleicht verrätst du mir gelegentlich auch, was eigentlich los ist.«
    »Rina ist in der Mikwe. Mit Hawthorne als Beschützer.« Decker hieb mit der Faust aufs Armaturenbrett. »Man sollte es nicht für möglich halten.«
    Marge tappte noch immer im dunkeln. »Hat sie angerufen und gesagt, daß sie Schwierigkeiten hat?«
    Decker schüttelte den Kopf.

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