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Denn Wahrheit musst du suchen

Denn Wahrheit musst du suchen

Titel: Denn Wahrheit musst du suchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Daugherty
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verbarrikadiert war.
    »Hier«, sagte er und zupfte leicht an der unteren rechten Ecke. Das Brett war nachlässig angenagelt worden und ließ sich ein paar Zentimeter vorziehen – weit genug, damit er mit der Hand darunterfahren und gegen die Fensterscheibe klopfen konnte.
    Klopf. Klopf. Klopf.
    »Eloise?«, flüsterte er. »Bist du wach?«
    Klopf. Klopf. Klopf.
    Allie presste das Ohr an die Wand, als könnte sie die Bibliothekarin auf diese Weise hören – obwohl eine dreißig Zentimeter dicke Mauer sie trennte. Stille.
    Sylvain hörte auf zu klopfen. »Vielleicht ist sie ja gar nicht da drin. Vielleicht …«
    Da hörten sie es:
    Klopf. Klopf. Klopf.
Von der anderen Seite.
    »Das ist sie!«, zischte Zoe. Sylvain klopfte nochmals zur Antwort.
    »Bist du das, Eloise?«, flüsterte er.
    »Ja.« Ihre Antwort war so schwach, dass sie beinahe unwirklich klang. Durch das verbarrikadierte Fenster hindurch hatte ihre Stimme etwas Ätherisches, ja Gespenstisches.
    Die Liebe zu Eloise ließ Rachel alle Angst vergessen. Sie trat neben Sylvain und fragte: »Geht’s dir gut?«
    Schweigen. Dann ein »Ja«.
    Carter beugte sich zu Sylvain vor. »Frag sie, ob sie momentan bewacht wird.«
    »Ist jemand bei dir?«, fragte Sylvain. »Jemand, der dich bewacht?«
    »Ja.«
    Allie stellte sich vor, wie Eloise am Fenster stand und durch die Scheibe mit ihnen flüsterte, eine einsame Gefangene. Jemand musste im Raum nebenan sein und sie beaufsichtigen. Wie eine Kriminelle.
    Die kalte Wut packte sie.
    Sie wandte sich an Sylvain. »Frag sie, ob wir sie irgendwie da rauskriegen können.«
    »Wie können wir dir helfen, abzuhauen?«, fragte Sylvain. »Gibt es … einen Fluchtweg?«
    Diesmal war die Pause sehr lang. »Nein.«
    Allie hätte am liebsten aufgeheult vor ohnmächtigem Zorn. Irgendwas
mussten
sie doch tun können.
    Rachel ergriff die Initiative. »Darf ich?«, fragte sie.
    Sylvain nickte und trat zurück, hielt aber weiter das Brett hoch, sodass Rachel durch die Scheibe sprechen konnte.
    »Eloise, wir wissen, dass du es nicht warst«, sagte Rachel. »Zumindest glauben wir das. Ich meine, du warst ja mit Jerry zusammen. Gibt es irgendwas, das wir von hier aus tun können, um deine Unschuld zu beweisen?«
    Das darauf folgende Schweigen dauerte so lange, dass Allie sich schon fragte, ob Eloise aufgeflogen und irgendwie zum Schweigen gebracht worden war.
    Dann ließ sich Eloise wieder vernehmen, ganz schwach: »Der Schlüssel.«
    Sie sahen sich verwirrt an. Was meinte sie damit?
    Rachel beugte sich näher an das Fenster. »Welcher Schlüssel, Eloise?«
    »Isabelles Büro … Den ich hatte … Müsst den Schlüssel finden!«
    Allie war, als hätte man ihre Brust in einen Schraubstock gespannt. Diese Zweifel. Wieso wollte Eloise, dass sie den Schlüssel fanden? Erwartete sie von ihnen, dass sie ihn versteckten, damit die Lehrer ihn nicht fanden? Um sie zu schützen? War sie am Ende doch schuldig?
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und starrte zu Boden.
    »Wo ist denn dieser Schlüssel?«, fragte Rachel. »Ich versteh nicht ganz …«
    Als die Bibliothekarin weitersprach, hatte Allie den Eindruck, dass sie weinte. Ihre Stimme klang gepresst.
    »Zelazny hat ihn Jerry gegeben, und dann … hat er ihn uns wieder abgenommen. Ich glaube, er … hat ihn versteckt. Ihr müsst ihn finden. So einen kleinen silbernen Schlüssel.«
    Will sie damit sagen, dass Zelazny sie reingelegt hat?
    Sylvain trat näher an das Fenster. »Wieso hätte er das tun sollen, Eloise?«
    Sie gab keine Antwort.
    Allie fühlte sich ausgelaugt. Sie hatten die Möglichkeit durchgespielt, dass Zelazny der Spion sein könnte, aber keiner hatte es wirklich geglaubt. Doch wenn er wusste, wo der Schlüssel versteckt war …
    Sie zitterte vor Wut.
    Wie kann er Eloise das antun? Wie kann er, ohne etwas zu sagen, zulassen, dass man sie hier festhält?
    Die einzige Erklärung war, dass er etwas zu verbergen hatte. Sie steigerte sich so in ihre Wut hinein, dass sie das leise Knarzen zuerst gar nicht registrierte.
    Bis mit einem dumpfen Knall die Tür am Vordereingang zufiel.
    Allie blieb fast das Herz stehen – panisch sahen die Freunde sich an. Der Moment schien eine Ewigkeit zu dauern.
    Dann griff Carter ohne jede Vorwarnung nach Allies Hand und zog sie mit sich. In geduckter Haltung rannten sie, so schnell sie konnten, Richtung Wald davon.
    Es geschah alles so schnell, dass Allie keine Zeit hatte, zu reagieren. Der Gedanke an Rachel kam erst, als es bereits zu

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