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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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das Leben nach dem Tod. »Das Standesamt ist eine staatliche Stelle, also informiert es auch nur die staatlichen Stellen: das zuständige Finanzamt und das Einwohnermeldeamt. Nix Krankenkasse, nix Rentenversicherung. Da können Margittas Patienten fröhlich weiterleben, und das Geld kann weiter fließen wie bisher.«
    »Und das funktioniert?«
    »Es hat nachweislich schon funktioniert. Auch in Hamburg gab es einen Fall, bei dem ein Hauspflegedienst tüchtig für verstorbene Patienten kassiert hat. Wo heute alles über Computer läuft, da geht so etwas.«
    »Mann, o Mann! Du bist also wirklich überzeugt, daß Margitta die Pflege von Leuten abrechnet, die längst tot sind?«
    »Nicht nur das. Ich bin ziemlich sicher, daß sie außer der Pflegeversicherung auch die Rente für diese Leute einstreicht.« Darauf hatte mich gestern Tante Hildes Kontoauszug mit der weiter überwiesenen Rente gebracht sowie die Erinnerung an ihre Klage, die Mitarbeiter von der Hauspflege hätten eine Kontovollmacht von ihr verlangt. Damals hatte ich diese Erzählung als Zeichen ihrer zunehmenden Verwirrung abgetan.
    »Ich glaube, die sorgen schon zu Lebzeiten für eine Kontovollmacht und die Umleitung der Post an die Hauspflege. So müssen sie nach dem Tod nicht die Unterschrift fälschen, und isolieren diese Patienten von ihrem ohnehin spärlichen sozialen Umfeld, bringen sie weiter in Abhängigkeit. Wir denken zwar, daß sie sich auf Leute ohne lebende Angehörige spezialisiert haben, also ohne Erben, aber es ist doch komisch, daß wir überhaupt keine private Post gefunden haben, nur Neujahrsgrüße von der Bank oder dem Nachbarschaftsheim, nichts von Freunden oder Bekannten.«
    Klar wußte ich von meinen Patienten, daß vielen nicht nur ihre Angehörigen weggestorben waren, sondern auch ihre Freunde und Bekannten. Aber ein paar müßten wenigstens übriggeblieben sein, das Fehlen jeglicher persönlicher Post jetzt zu Weihnachten oder Neujahr war auffällig.
    »Das ist ja noch gemeiner, als nach dem Tod dieser Leute abzukassieren, davon merken sie wenigstens nichts mehr«, empörte sich Celine lautstark, die Empörung deutlich sichtbar am rot angelaufenen Hals, auf dem sich jetzt auch noch kleine weiße Flecken breitmachten. »Und weißt du, welchen Nutzen das zusätzlich für die Hauspflege hat? Damit bekommen die bereits zu Lebzeiten der Patienten einen guten Überblick über etwa existierende familiäre Beziehungen und können ihre Kandidaten noch besser auswählen.«
    Celine funkelte mich böse an, als wäre ich zumindest ein Komplize der Hauspflege. Diskret, aber eindeutig, um mir nötigenfalls den Schädel zu spalten, tauchte Luigi auf.
    »Alles in Ordnung?«
    Eben noch ganz Jeanne d‘Arc, schenkte Celine ihm ihr Zauberlächeln.
    »Superiore, Luigi! Como siempre.«
    Luigi strahlte.
    »Sie sind ein Glückspilz, Dottore!«
    Über den Tisch ergriff ich Celines Hand.
    »Da haben Sie recht. Bringen Sie uns noch einen Espresso?«
    »Gerne, sofort.«
    Beruhigt, aber wahrscheinlich auch etwas enttäuscht, zog Luigi ab. Sofort baute sich Jeanne d’Arc wieder auf.
    »Felix, diesen Leuten müssen wir das Handwerk legen! Ich habe doch gesagt, laß uns dort einbrechen«, erinnerte Celine an ihr Lieblingsprojekt. »Wir würden die laufenden Bankkonten der Toten finden, die monatliche Pflegeabrechnung für Leute, die längst unter der Erde sind, den ganzen Kram.«
    Es wurde Zeit, Celine zu bremsen.
    »Weißt du, eigentlich interessieren mich die ganzen Machenschaften von Margitta nicht wirklich. Mir ist nur wichtig, wer Kiesgruber und fast auch Winter umgebracht hat. Das geht mich an, das ist schließlich in meiner Klinik passiert.«
    »Du willst doch nicht im Ernst die Hauspflege einfach so weitermachen lassen?«
    »Beruhige dich, will ich nicht. Sobald ich einen Weg gefunden habe, wie ich die Klinik aus der Sache heraushalten kann, soll sich meinetwegen die Polizei um Margitta kümmern.«
    Einen Moment war Celine enttäuscht, hatte aber schnell den entscheidenden Punkt erkannt.
    »Dann geht es jetzt darum, ob es eine Verbindung zur Klinik gibt oder nicht, richtig?«
    Da mußte ich zustimmen.
    »Also, mein Lieber. Wie machen wir weiter?«
    »Wie wäre es mit einem Grappa für die Bettschwere? Aufs Haus!«
    »Geizhals«, zischte Celine.

    Wir hatten beschlossen, erst einmal zu klären, ob auch unsere anderen Postempfänger aus dem Hauspflegemüll tatsächlich tot waren. Es dauerte eine Weile, bis die Rückmeldungen vom Einwohnermeldeamt

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