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Denn wer zuletzt stirbt

Denn wer zuletzt stirbt

Titel: Denn wer zuletzt stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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bezahlt, für fünf Jahre.«
    Das hatte ich mir gedacht, auch wer das Grab bezahlt hatte.
    »Fünf Jahre sind allerdings nur Minimum«, fuhr der Friedhofsverwalter fort. »Wollen Sie gleich verlängern?«
    »Ich möchte mir erst einmal die Stelle ansehen.«
    Irgendwie fühlte ich mich wirklich verpflichtet, wenigstens kurz bei römisch zwölf Strich zwo elf vorbeizuschauen: ein handtuchgroßes Stück Rasen mit einer Nummer, wahrhaft ein trauriger Anblick.
    Da ich nun wußte, daß mein ehemaliger Patient Franz Oelert tot war und wer für seine Grabstelle bezahlt hatte, fehlte für heute nur noch ein Telefongespräch. Dafür fuhr ich zu Celine, sonst würde sie mir übelnehmen, daß ich alles alleine erledigt hatte.

    »Das kann ich mir nicht vorstellen! Wie soll so etwas funktionieren?«
    Celine war nicht überzeugt.
    »Ich sage dir doch, ruf seine Krankenkasse an.«
    Also rief Celine die IKK Berlin an, die, wie in ihrer Werbung versprochen, tatsächlich auch am späten Nachmittag erreichbar war, und ließ sich mit der Sachbearbeiterin für O wie Oelert verbinden. Ihr Anliegen allerdings wurde brüsk abgelehnt.
    »Da kann ich Ihnen nicht helfen, das müssen Sie einsehen. Ihr Großvater hat Pflegestufe drei. Das heißt, daß er bettlägerig ist, vollkommen hilflos. Was will er da mit einer Kur? Wie soll er da hinkommen? Also alles was recht ist, aber das geht nun wirklich nicht.«
    Der Punkt war, daß die Frau Sachbearbeiterin mehr recht hatte, als sie glaubte. Ich konnte mir keine Kureinrichtung in Deutschland vorstellen, die mit Fangopackungen oder Moorbädern Toten auf die Beine helfen wollte.
    Celine schlug vor, die neue Sachlage gemütlich bei Luigi zu besprechen. Eine gute Idee, fand ich, obgleich mir der feine Unterschied nicht entgangen war: während ich mich als Oelerts Neffe ausgegeben hatte, war Celine seine Enkelin gewesen ...
    Wie üblich gab es bei Luigi keinen Parkplatz. Da ein übler Schneeregen aufgekommen war, setzte ich Celine vor dem Eingang ab. Mit dem anschließenden Marsch zurück zum Restaurant konnte ich mir Zeit lassen, Celine würde von Luigi inzwischen all das erzählt bekommen, was sie viel zu selten, eigentlich nie, von mir hörte: Wie unwahrscheinlich attraktiv sie sei, molto attrattivo, wie unglaublich charmant, incredibile affascinante, wie witzig, spiritoso, kurz, una principessa, die, wenn er das auch nicht direkt sagte, eher nach Italien gehöre, wo man eine Prinzessin zu würdigen wüßte, als in die Arme eines unkultivierten germanischen Klotzes.
    »Tut mir leid, es war eine längere Wanderung.«
    Entsprechende Fußstapfen zierten jetzt Luigis gepflegten Teppich.
    »Macht nichts«, ich bekam nur einen flüchtigen Kuß, »Luigi hat sich um mich gekümmert.«
    »Guten Abend. Wie geht es Ihrer Frau Gemahlin? Was machen die Bambini?«
    Hatte ich mir gerade eine extra Portion Salz auf meine Scallopina al Gorgonzola eingehandelt? Wohl nicht, das Essen war vorzüglich, wie immer bei Luigi. Unter anderem deshalb, weil sein Restaurant nicht in die Kategorie »angesagter Edelitaliener« gehört. Und wir waren auch nicht in England, also konnten wir schon während des Essens zum Thema kommen.
    »Ich kann es immer noch nicht glauben!« begann Celine die Zusammenfassung unserer neuesten Erkenntnisse. »Wenigstens der Krankenversicherung muß es doch auffallen, wenn sie für tote Mitglieder weiterhin zur Kasse gebeten wird.«
    »Nicht, solange sie weiter ihre Beiträge bekommen und Margitta nicht den Fehler macht, auch noch das Sterbegeld zu kassieren. Die Krankenkasse merkt nicht einmal, wenn du einer Achtzigjährigen Empfängnisverhütungsmittel verschreibst oder deren Ehemann was gegen Pubertätsakne. Tatsächlich ist es nicht lange her, daß in Lüneburg ein Arzt und ein Apotheker gemeinsam maßlos teure Infusionslösungen abgerechnet haben für Leute, die lange tot waren.«
    »Woher weißt du das?«
    »Stand groß in der Zeitung, genau wie die Sache mit den Antibabypillen.«
    »Also ist es doch herausgekommen?«
    »Nur, weil jemand die Beteiligten verpfiffen hat.«
    Celine beschäftigte sich mit ihrem rechten Ohrläppchen, persönliches Zeichen angestrengten Nachdenkens.
    »Aber was ist mit dem Standesamt? Gibt es nicht ein Sterberegister? Was ist mit dem Bestattungsunternehmen?«
    »Der Bestatter sorgt für die Bestattung und dafür, daß er bezahlt wird. Wahrscheinlich von Margitta, wie auch die Grabstelle. Außerdem meldet er den Tod an das Standesamt.« Inzwischen war ich Experte für

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