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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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hatte sich mit einer Mischung aus Rattengift und Schlaftabletten das Leben genommen.
    Die älteste Tochter der Nietos war hinfort wie besessen von Rachegefühlen. Sie machte einzig und allein den Kellner Patrick für den Freitod ihrer Schwester verantwortlich — und eines Tages fuhr sie in die Stadt, um ihm ins Gesicht zu sagen, wie sehr sie ihn haßte. Sie kehrte völlig verwandelt zurück.
    Die entsetzten Eltern erkannten bald, daß Catherine die unglückliche Liebe ihrer Schwester — wie zwanghaft — übernommen hatte. In seiner Angst besuchte Monsieur Nieto den Kellner und flehte ihn an, seine letzte Tochter, sein letztes Kind, nie wieder zu treffen. Aber Patrick trug wirklich keine Schuld, er tat sowieso schon alles Erdenkliche, um sich das Mädchen vom Halse zu halten. Er bemühte sich allerdings, Catherine dabei nicht zu verletzen. Er hatte großes Mitgefühl für sie.
    Nun, genau ein Jahr nach der Beerdigung der jüngeren Tochter — auf den Tag genau, wurde auch Catherine beerdigt. Aus den gleichen Gründen wie Jeanne hatte sie nicht mehr leben wollen. Sie erhängte sich im Wald.
     
    Zwei Selbstmorde in einer Familie — gewiß, ein tragisches Schicksal! Aber an einen Fluch zu glauben?
    Für den ersten Freitod bedarf es keiner Erklärung — so etwas kommt leider alle Tage vor. Und für den zweiten? Nun, Psychiater sprächen hier wahrscheinlich von einer Zwangsneurose, hervorgerufen durch den Selbstmord der jüngeren Schwester — von einem Fall von romantischem Wahn bei einer psychisch labilen Person.
    So ungefähr betrachtet Raymond die Sache, und selbst wenn sein Freund heute, nachdem er gerade sein zweites Kind verloren hat, von einem Fluch spricht, der auf seiner Familie liegt, so kann er ihn gut verstehen — aber alle diese Bücher über Fluchformeln und Parapsychologie stehen doch schon länger hier im Regal. Jean beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema. Das sieht man an den Notizen, die er sich gemacht hat. Und vor dem heutigen Tag konnte er ja nicht ahnen, was mit Catherine geschehen würde — oder vielleicht doch?
    »Jean, du wolltest mir etwas erzählen, du sagtest, du brauchst meine Hilfe. Wozu? Was soll ich für dich tun?«
    »Nachforschen. Du bist bei der Polizei, vielleicht kommst du weiter als ich.«
    »Aber Jeanne und Catherine wurden nicht ermordet, auch nicht in den Selbstmord getrieben, da hat die Polizei nichts zu suchen.«
    »Ich weiß. Ich glaube nur, daß du als Polizist mehr Möglichkeiten, mehr Routine hast als ich.«
    »Das schon, aber worum geht es? Was quält dich? Wer sind die anderen?«
    »Das ist eine lange Geschichte, eine alte Geschichte... Ich will dir alles erzählen, aber unterbrich mich nicht. Hör nur zu, bis ich fertig bin!
    Ich habe nicht nur zwei Kinder verloren, sondern vier. Und alle meine vier Kinder sind in den letzten acht Jahren gestorben. Niemand im Dorf weiß es. Wir wohnten bis vor drei Jahren in der Nähe von Metz, weit weg von hier. Mein Sohn, er wäre heute vierundzwanzig, hatte gerade seine Lehre bei den Elektrizitätswerken begonnen, er starb vor acht Jahren auf einer Baustelle — durch einen Stromschlag. Zwei Jahre später habe ich meine jüngste Tochter verloren. Nathalie. Sie war erst sieben! Eines Tages kam sie nicht von der Schule zurück. Die Polizei fand ihre Leiche erst am nächsten Tag, unter einer Brücke. Es war ein Unfall! Wahrscheinlich hatte sie sich auf das Brückengeländer gesetzt und war hinuntergestürzt auf die Gleise der stillgelegten Eisenbahnstrecke. Nein! Unterbrich mich nicht! Bitte. Ich weiß, was du sagen willst, Verhängnis, Schicksal, auch Trauma Ja, auch dieses Wort habe ich aus den vielen Büchern gelernt. Eine Art Trauma, hervorgerufen durch die ersten beiden Todesfälle hätte die anderen zwei Mädchen so überwältigt, daß sie dann unbewußt den Wunsch in sich trugen, auch zu sterben... Ich wünschte, es wäre so! Weiß Gott, ich wünsche es! Ich hätte dann eine vernünftige Erklärung! Sonst, die andere Erklärung... die wäre zum Verrücktwerden!«
    »Du hältst eine andere Erklärung für möglich?«
    »Ja, Raymond, vor fünfundzwanzig Jahren hat mich jemand verflucht. Der Fluch verdammte mich dazu, ohne Nachkommen zu sterben, mein Name sollte ausgelöscht werden!
    Wir waren fünf, fünf junge Männer, die mit demselben Fluch belegt wurden... Raymond, ich habe meine vier Kinder verloren, jetzt muß ich herausfinden, was aus den Männer geworden ist, die mit mir zusammen waren. Willst du mir dabei

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