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Depesche aus dem Jenseits

Depesche aus dem Jenseits

Titel: Depesche aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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helfen?«
    »Ja. Wir werden sie finden!«
     
    Es war 1957 in Algerien, mitten im Kolonialkrieg. Fünf Soldaten der französischen Armee sind damals als Spähtrupp in die Aures — eine einsame Gebirgsgegend südlich von Algier, abkommandiert worden. Fünf Männer: ein Lieutenant, drei junge Rekruten aus Frankreich und Youssef, ein Harki, also ein Algerienfranzose, der sich freiwillig zur Armee gemeldet hatte.
    Der Feind heißt hier fellagha. Immer und überall liegt er auf der Lauer, Felsen und Dünen, immer sprungbereit mit seinem tödlichen Messer. Wenn er auftaucht, darf man nicht lange überlegen. Da gilt nur: Er oder ich — Mann gegen Mann.
    Nach anderthalb Tagen Fußmarsch kommen die fünf Soldaten in ein Wüstendorf, das Hals über Kopf verlassen worden ist. In einer Hütte finden sie die Leichen von drei jungen Franzosen, die von den fellaghas auf grausame Weise verstümmelt wurden.
    Youssef, der Harki, schweigt bei dem Anblick. Der Lieutenant und seine drei Gefreiten — blind vor Wut — schwören Rache.
    Die kleine Gruppe sucht das ganze Dorf ab — niemand! Anscheinend haben nach dem Kampf alle Bewohner die Flucht ergriffen. Doch im letzten Haus, ein wenig abseits, da ist noch jemand! Ein etwa zwölfjähriges Mädchen. Sie hat sich in eine Ecke verkrochen, sie ist allein in der Hütte.
    Was dann passiert, wollen wir nicht mit allen Einzelheiten schildern. Nur so viel: voller Haß stürzen sich die Soldaten auf das Mädchen und vergewaltigen sie — auch Youssef ist mit von der Partie. Jean Nieto, damals 21 Jahre alt — hat den Befehl, draußen Wache zu schieben, er soll später auf seine Kosten kommen. Doch daraus wird nichts mehr. Das Mädchen war doch nicht allein in der Hütte — ihr Großvater, ein hinfälliger alter Maghrebinier, der nicht mehr die Kraft hatte, der Kleinen zur Hilfe zu kommen, war in seinem Versteck geblieben — bis er es nicht mehr ertragen konnte. Plötzlich taucht er aus dem Dunkeln auf und hebt drohend die Faust. Youssef übersetzt. Auch Jean Nieto ist jetzt hereingekommen, gerade rechtzeitig, um den Fluch mit anzuhören: »Euer Blut soll versiegen, wie das Wasser des Wadis in der Wüste!«
    Es waren seine letzten Worte. Youssef erklärt den anderen am Abend, was das zu bedeuten hat:
    »Der Alte hat uns mit einem Fluch belegt — wir hier glauben daran. Es heißt, unser Blut soll ausgelöscht werden — wir sollen keine Nachkommen haben.«
    »Und du glaubst, so ein blöder Fluch wirkt?«
    »Ja. Wir werden sehen...« Jean Nieto ist mit seiner Erzählung am Ende. Er trocknet sich die Stirn und seufzt: »Verstehst du jetzt? Bei mir ist alles eingetroffen. Meine vier Kinder sind tot. Es hat lange gedauert, aber der Fluch hat gewirkt! Ich habe bezahlt!«
    »Wie heißen die anderen Vier? Wo wohnen sie?«
    »Das weiß ich doch nicht! Würde ich dich sonst bitten, mir zu helfen?! Bis heute habe ich mit niemandem darüber gesprochen! Ich konnte nicht, ich schäme mich noch heute! Ich hab’ das Mädchen zwar nicht angerührt, aber doch nur, weil der Alte dazwischen kam. Ich will nichts beschönigen, ich bin genauso schuldig!«
    »Wenn du dich nicht einmal mehr an die Namen der anderen erinnerst, dann ist es schwierig! Ich sehe nur eine Möglichkeit, man müßte im Verteidigungsministerium nachfragen. Wir brauchen die Genehmigung, in den Archiven der Rekrutenlisten von damals durchzusehen. Wenn du die Namen liest, erkennst du sie vielleicht wieder? Aber wie sollen wir die um Himmels Willen finden? Ich bin schließlich nur ein Dorfpolizist!«
    »Versuch’s trotzdem! Du kennst doch ein paar Kommissare und Inspektoren in Paris. Erzähl ihnen meine Geschichte! Es ist mir jetzt egal, wenn alle Welt erfährt, was wir manchmal in Algerien für Schweine gewesen sind!«
    Es dauerte fast ein Jahr, bis Raymond und Jean endlich eine Photokopie mit allen Namen des Spähtrupps erhielten, der Ende 1957 in die Aures abkommandiert war: Dreißig Namen insgesamt. Und Jean Nieto erinnerte sich an die vier Soldaten seiner kleinen Gruppe. Nur bei dem Harki war er sich nicht sicher. Auf der Liste standen zwei Youssef. Den Familiennamen hat er sich nie merken können.
    Und es dauerte ein weiteres Jahr, bis sie die Spuren der vier anderen ausfindig machten. Innerhalb von knapp dreißig Jahren waren alle mehrmals umgezogen, hatten ihre Arbeitsstelle gewechselt — sie zu finden war nicht einfach.
    Aber Jean und Raymond schaffen es. Beim ersten Besuch werden sie nicht gerade freundlich empfangen:
    »Ja, ich

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