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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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schneller vorbeiginge und dass ich dann im Nichts landen würde, wo es keine Angst gibt, und vor allem auch keinen Schmerz.
    Die Zeit anhalten, warum? Ganz einfach, damit mein Wachtraum, mein Unbeteiligtsein endlos weitergeht. Aber daraus wird nichts. Brutal kommt der neue Tag, an dem ich wieder gegen viele Ängste kämpfen muss. Zum (schützenden) Haus hinausgehen in die Natur, wandern, Sauerstoff tanken, das Leben zur Kenntnis nehmen. Nein, das geht doch nicht. Ich bin doch krank, was denken die Leute? Hin- und hergerissen bin ich, weil meiner Frau eine Erholung von mir gut täte. Aber die Scham und der Drang nach Geborgenheit siegen, und nach einigen Minuten bin ich wieder im Haus.
    Einmal gelang es meiner Frau jedoch, mich in die Natur hinauszubugsieren. Es war ein strahlender Januarnachmittag. Kein Wölkchen am Himmel, solange man auch suchte. Nur meine Angst war da, dass wir Bekannten begegnen würden und ich nicht wüsste, wie ich reagieren sollte. Ich sträubte mich gegen diese Übung und tat sie als nutzlos ab.
    Wir wanderten durch die herrliche Gegend, und bald wollte ich wieder umkehren. Meine Frau blieb aber fest. Es musste weitergehen. Mehr als eine Stunde liefen wir und endlich kehrten wir um. Es war bereits Abend und es wurde sehr kalt. Alle paar Minuten forderte mich meine Partnerin auf, in den Wald hinauszurufen: »Es wird alles wieder gut!!!« Immer und immer wieder. Es hat niemand zugehört. Oder doch? Am Abend musste ich freilich zugeben, dass es gut getan hatte. Da gab es wieder einen unscheinbaren Haken an der Schachtwand des imaginären Lochs, an dem ich mich wieder ein kleines Stück hochziehen konnte!
    Die hohen Klinikmauern: Schwellenangst
    Die Angst vor einem Klinikeintritt ist verantwortlich für viele schwere Depressionen. Sie trat meistens auf, wenn ich einen Grundsatzentscheid zu treffen hatte, vor dem ich mich fürchtete. Wenn ich eine beginnende Depression verspürte, sagte ich mir vielleicht: »Nein, ein Arztbesuch ist nicht nötig, das schlechte Gefühl wird vorbeigehen.« Am Anfang eines Burnouts beschummelte ich mich vielleicht: »Ich muss jetzt diese paar Arbeiten noch beenden, das sollte doch noch möglich sein. Anschließend werde ich Zeit haben, mich auszuruhen und ich werde mich bald besser fühlen.« Diese Sichtweise stimmt nicht ganz, denn kaum habe ich begonnen weiterzuarbeiten, stellten sich neue Aufgaben ein usw. Hier sind keine Ausflüchte gestattet! So schnell es geht, muss Hilfe geholt werden.
    Ich habe es selbst erlebt: Als es zu Hause einfach nicht mehr ging, die Belastung für mich und vor allem auch für meine Frau zu groß wurde, haben wir die Entscheidung getroffen, mich stationär behandeln zu lassen. Das heißt, eigentlich hat meine Frau entschieden, denn meine Schwellenangst ließ mich erstarren angesichts der Aussicht, den Rest meines Lebens in einer Psychiatrieklinik eingesperrt zu verbringen.
    Wir fuhren also los Richtung Klinik. Unterwegs wuchs meine Angst immer mehr, bis ich sagte: »Du, das mit der Klinik ist ein Fehler, wir fahren zurück.« Im Nachhinein bewundere ich meine Frau in der damaligen Lage. Sie hatte das Steuer fest in der Hand, Entschlossenheit im Gesicht, Augen geradeaus und sagte nur das eine Wort aus zusammengepressten Lippen: »Mitnichten.«
    Das war dann auch das Ende meiner Schwellenangst und ich ließ den Rest des Tages willenlos an mir vorbeiziehen. So schlimm war es dann auch wieder nicht. Allerdings war es auch wieder meine Frau, die mir nach vier Wochen telefonisch riet: »Du, sag dem Arzt, dass du nach Hause willst, denn was die dort mit dir machen, das können wir beide zu Hause auch.« Das geschah dann auch so.
    Schwellenängste entstehen vor allem, wenn Entscheidungen anstehen, deren Wirkung man nicht absehen kann. Es ist die Angst, gleichsam als Außenseiter an der Tür eines Saales voller sich glänzend unterhaltender Menschen zu stehen: »Was wird passieren, wenn ich drinnen bin? Werde ich mich blamieren? Einen schlechten Eindruck machen? Werde ich blockiert sein und keine Silbe rausbringen? Was, wenn ich sogar vor der ganzen Gesellschaft plötzlich etwas sagen soll?«
    In der Manie oder Hypomanie dagegen, die vielfach auf eine schwere Depression folgt, ist von Angst keine Rede mehr. Da muss man sich zurückhalten, damit man nicht unangenehm auffällt oder sich eine Blöße gibt.
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