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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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1990/91 erlebt. Sie dauerte etwa drei Wochen, und es war eine unwirkliche Zeit. Ich fühlte mich normal, aber die Umgebung hatte sich verändert. Mich verfolgten Wahnvorstellungen. Vor allem bei Nachrichtensendungen war ich dauernd der Überzeugung, dass über mich geredet wurde. Ich bat darum, den Fernseher oder das Radio abzustellen – und stieß damit auf großes Befremden.
    Wenn ich im Auto fuhr, verfolgten mich andere Wagen. Die Agenten, die mich beobachten, wechselten sich ab, sodass ich nie jemanden festnageln konnte. Beim Vorbeigehen an einer offenen Autotür war ich sicher, eine Maschinenpistole gesehen zu haben …
    Mein Umfeld fand mein Verhalten sonderbar. Dabei dachte ich, die anderen würden sich eigenartig benehmen. Ich war oft stark erregt, wusste weder aus noch ein, gab aber meiner Verzweiflung erst in der Abgeschiedenheit meines Zimmers Ausdruck.
    Halluzinationen habe ich kaum erlebt. Ich erinnere mich nur noch ganz schwach daran und kann sie nicht wiedergeben. Meine Stimmung war meistens schlecht. Nur einmal, bei Freunden, taute ich nach dem Essen mit gutem Rotwein ganz unerwartet und plötzlich auf. Ich verkündete, dass es mir ganz gut gehe, dass ich wiederhergestellt sei und am folgenden Tag wieder bei der Arbeit in der Firma anzutreffen sei. Unnötig zu sagen, dass die alte Depression beim Erwachen frühmorgens wieder auf mir lag …
    Verarmungswahn als Zeichen psychotischen Erlebens war bei mir prominent vorhanden. Ich brachte meine Ängste und Überzeugungen auch zum Ausdruck, sie fielen jedoch nicht auf fruchtbaren Boden. Die Reaktionen meiner Umgebung auf meine Äußerungen waren meistens nur ein knappes, ungerührtes »So?!«.
    Wie angedeutet war die psychotische Störung in die Depressionskrankheit eingebettet und wurde mit Sicherheit mit einem Neuroleptikum und einem Stimmungsstabilisator behandelt. Ich interessierte mich aber während der Krankheit nie für die Medikamente, abgesehen davon, dass ich planmäßig schluckte, was der Arzt verschrieb.
    Höllenqualen: Der psychische Schmerz
    Jeder, der selbst unter einer Depression leidet, kennt auch den psychischen Schmerz. Er ist anders als der körperliche Schmerz, dem man meist durch Medikation beikommen kann. Beim psychischen Schmerz handelt es sich um eine Dimension des Leidens, die für einen Außenstehenden kaum begreifbar ist. Einerseits kann man ihn teils als Trauer über Verluste mannigfacher Art betrachten. Zum Beispiel sagte ich mir: »Ich habe mich immer an der Gemeinschaft mit anderen Menschen gefreut und bei (fast) allem mitgemacht. Nun ist das für immer vorbei, denn es wird nie mehr gut mit mir und das, was mir so viel bedeutet hat, ist nun für mich ein riesiger Verlust.« Es kann aber noch schlimmer kommen: Es kann sein, dass der Betroffene vor einer großen Leere steht, in der nichts mehr da ist. Ein Nichts, das aber der einzige Ausweg zu sein scheint und wohin er sich im Suizid begeben kann: In den Tod!
    Ich glaube, dass sich dieser Schmerz proportional zum Grad der Krankheit verhält. Es gibt ja unzählige Arten von Depressionen, und die Intensität variiert von der einfachen Verstimmung über die verschiedenen Schweregrade der Depression bis zur schweren Depression (Major Depression) und zum depressiven Stupor. In der Tiefe dieser völligen körperlichen und geistigen Erstarrung ist der Schmerz dann nicht mehr so intensiv wie bei der schweren Depression, weil Geist und Seele sozusagen durch einen Puffer sich selbst schützen können.
    Eine schwere Depression greift dermaßen in die Psyche ein, dass es praktisch unmöglich ist, sich durch Ablenkung Luft zu verschaffen und sich der eiskalten Umklammerung dieses Ungetüms zu erwehren. Kapitulation ist die Folge, und man ergibt sich gleichsam der Krankheit, nicht wissend, wo der Weg hinführt, aber ahnend, dass es höllisch werden wird. Dort wird es keine Kommunikation mehr mit dem Leben geben, es droht eine Versteinerung oder besser eine Verglasung der Seele. Eine kleine Hoffnung bleibt, dass es eines fernen Tages doch ein Entrinnen aus dieser Welt geben könnte. Ich ziehe mich in ein punktförmiges »Ich« zurück, in der Hoffnung, dass ich so weiterexistieren kann oder vielleicht sogar in eine andere Welt eintauchen werde.
    Immer aber wird diese meine Welt durch die Realität der anderen, äußeren Welt gestört, aufgebrochen. Ich muss mich ihr stellen, denn ich gehöre noch zu ihr … Und ich weiß, dass meine kranke Welt, in der ich mich noch wohlfühlen kann, nicht

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