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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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meine Welt sein darf, denn aus ihr ist ein Entrinnen sehr schwer; nur das kleine Fünkchen Hoffnung kann noch helfen. So ist dieses Gefangensein mein unheimlicher Schmerz … Der Schmerz, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu sein, die Gewissheit, nirgends mehr dazuzugehören, nicht einmal mehr die einfachsten Freuden des Lebens genießen zu können: Das Ich ist daran, zerstört zu werden. Zerstört es sich selbst? Ich weiß es nicht, kann es nicht wissen, denn ich bin gefangen, verurteilt, und ich kann nicht denken und nichts tun. Der Kampf gegen die depressive Erstarrung ist aussichtslos: Je mehr man kämpft, umso mehr leidet man.
    Trotz dieser fürchterlichen Periode in der Krankheit ist die Verglasung, die depressive Erstarrung im Kopf, schließlich zerbrochen, und die Welt hat sich neu aufgetan in einem unermesslich großen und lang anhaltenden Glücksgefühl.
    Ein depressionsbetroffener Arzt hat sich gegenüber Daniel Hell wie folgt über diesen Schmerz geäußert: »Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als nochmals durch diese Hölle der Depression zu gehen.« Ich kann dies sehr gut nachempfinden, ich kann es aber für mich heute (noch) nicht so sagen. Ich weiß nicht, was die Zukunft noch alles für mich bereithält.
    Bei Hell heißt es auch: » Wir adeln den psychischen Schmerz – nicht er adelt uns.« Und: »Psychischen Schmerz muss man im Zusammenhang mit dem Lebensganzen sehen. Lerne mit dem Schmerz zu denken, zu leben, auch in der Blockade. Vielleicht kommt dir aus der unsäglichen Schwere ein Gesicht entgegen, C.G. Jungs Dame in Schwarz.«
    Der amerikanische Suizidologe Edwin S. Shneidman hat dafür den Begriff Psychache (wie headache, Kopfweh) geschaffen. Psychache sei auch die Ursache für den Suizid. Shneidman las den Bericht eines Depressionsbetroffenen, in dem ihn der Schlüsselsatz sehr bewegte: »All I do is suffer each and every day.« (»Alles, was ich noch tue, ist, jeden Tag zu leiden.«) Von da an studierte er alle Berichte von Betroffenen und Suizidopfern, derer er habhaft werden konnte, und formulierte die im nächsten Kapitel erwähnten Gemeinsamkeiten.
    Sehnsucht nach Ruhe: Suizidgedanken
    Fast alle Menschen möchten irgendwann mal am liebsten nicht mehr weiterleben. Diese Gedanken sind meist flüchtig und ohne Konsequenzen. Die Ursachen dafür sind mannigfaltig: unglückliche Liebe, Trennungen, Versagen, Scham, jähe Einbußen jeglicher Art usw. In der Depression plagt sich fast jeder mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen. »Plagen« ist vielleicht der falsche Ausdruck, eher denkt man, dass es ja einen letzten Ausweg gibt, dass der ungeheure seelische Schmerz mit dem Tod zu Ende wäre.
    Ich darf aber diesen Gedanken – wenn er sich verstärkt und fast obsessiv wird – nicht isoliert mit mir herumtragen. Ich sollte darüber sprechen können, wenn nicht mit meinen Nächsten, dann aber mit dem Arzt. Wenn ich es nicht tue, dann sollte meine Familie, mein Freund mit mir reden und mich fragen: Kannst du deinen seelischen Zustand aushalten? Wie ist es mit deinem Schmerz? Der Arzt muss dich befragen, sonst genügt er den Regeln der ärztlichen Kunst nicht. Darüber hinaus besteht natürlich das Gebot nachbarschaftlicher Sorge und Hilfe. Man sollte miteinander reden, wenn man schon nebeneinander wohnt. Da braucht nicht mal von Suizid die Rede zu sein, es kann auch ein ganz anderes Thema sein.
    In meinem tiefsten psychischen Schmerz habe ich auch einmal eine Suizidvorbereitung getroffen. Ich musste etwas tun; ich konnte nicht mehr einfach dasitzen oder daliegen, es musste etwas geschehen. Ich habe den Plan dann lange ruhen lassen, aber es war ein erster Schritt zum letzten Ausweg, und der Schmerz hat dann sogar etwas nachgelassen. Im tiefsten Inneren wollte ich nicht Hand an mich legen, aber ich nährte die naive Hoffnung, den nächsten Morgen vielleicht nicht mehr zu erleben; ich war ja schwer krank.
    In diesem Stadium, wenn man so stark erregt ist, unentwegt im Haus herumläuft, vor Schmerz fast den Verstand verliert und nicht mehr ein noch aus weiß, ist es schon besser, man lässt auf sich aufpassen anstatt zu versuchen, sich selber zu überwachen. Die Familie kann da oft auch nicht mehr helfen, das Problem wird für sie zu groß. Da bringt der Entschluss des Patienten, in die Klinik zu gehen, eine große Entlastung für alle.
    Männer sind erfolgreicher in der Vollendung ihres Suizids. Sie wählen meistens auch drastischere Methoden, um sich umzubringen. Frauen bringen sich

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