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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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durchlebte schwere Stunden können eine Beziehung auf ein neues Fundament stellen. Eine nötige berufliche Neuorientierung kann neue Grundlagen für das Familienleben schaffen.
    Eine Liste der zu verfolgenden Ziele, der zu lösenden Probleme, der sich bietenden Möglichkeiten zu erstellen ist ebenfalls hilfreich. Wir befreien uns vom Grübel-Druck; Ein Druck, die Probleme subito zu lösen, soll nicht entstehen. Ein sanfter Druck dagegen, vor allem nach Ende der schweren Zeit, die Probleme nicht einfach unter den Teppich zu kehren und abzuschreiben, kann nichts schaden. Diese Liste dient als Erinnerungsstütze, welche Probleme uns in der dunklen Phase besonders schwer auf dem Magen gelegen haben.
    Eine weitere »Hygienemaßnahme« zur Stärkung unserer Kräfte wäre ein Urlaub, damit wir fern vom »Schlachtfeld« seelisch und körperlich Atem schöpfen können. Vielleicht will ein Familienmitglied oder Freund die Pflege temporär übernehmen. Dies ist denkbar, aber selten optimal. Zu belastend wird die Aufgabe für den Stellvertreter sein; zu sehr sorgen wir uns unserseits, ob wohl »zu Hause alles rund läuft«; zu groß ist der Stress für den Patienten, der sich umgewöhnen muss. Besser ist ein Temporäraufenthalt in einer Klinik – hoffentlich macht der Patient mit. Vielleicht begleitet er uns im Vorfeld sogar zu Besichtigungen der infrage kommenden Betriebe. Psychiatrische Kliniken haben des Öfteren »Feriengäste« und sind bestens eingestellt auf Personen, die mit ihrer Depression einen geschützten Ort suchen, wo sie für eine Weile ohne Alltagssorgen, eventuell fern von Kinderlärm, Ruhe finden können und gleichzeitig, wenn sie denn nötig werden sollte, auf fachliche Betreuung zählen können.
    Nur der Vollständigkeit halber sei eine definitive Trennung vom Patienten erwähnt. Diese erfolgt manchmal bei therapieresistenten Depressionskranken, um dem Partner ein neues Leben (er hat ja nur eines!) zu ermöglichen. Als Ultima Ratio und schwerwiegender Entscheid ist sie nur mit Fachberatung ins Auge zu fassen und hier nicht weiter zu erörtern.
    Unser Leben leben
    Ich drehe von Neuem die Leier: Bei aller aufopfernden Pflege müssen wir eigenständige Menschen bleiben. Wir sind in den wenigsten Fällen gelernte Kranken- oder gar Psychiatriepfleger, sondern haben einen ganz anderen Beruf. Nachdem unser Denken, Fühlen und Handeln sich in der ersten Phase auf den Mitmenschen in der Depression gerichtet hat, wird es Zeit, wieder an uns selber zu denken.
    Wenden wir nun unseren Blick auf die Nebenbeschäftigungen außerhalb der Krankenpflege. Als Gedankenstütze kann die Checkliste Das eigene Überleben dienen. Damit sämtliche Hindernisse auf dem Rückweg ins eigenbestimmte Leben weggeräumt sind, habe ich die Checkliste Umgang mit der Krankheit zusammengestellt.
    Also wollen wir frisch beginnen. Man könnte auch sagen: Neu beginnen. Aber »frisch« gefällt mir besser. Es geht darum, dass wir unsere zu planenden (und auszuführenden!) Aktivitäten nicht als »Müssen« empfinden, sondern dass wir sie mit frischem Elan angehen. Ich weiß, es fällt zuweilen schwer: aufgrund von Übermüdung, schlechtem Gewissen usw. Aber wir sollten uns freischwimmen von der fremdbestimmten Eintönigkeit. Die Aktivitäten müssen nicht neu, aber frisch soll der Beginn sein! Kein halbherziges Probieren, das beim kleinsten Hindernis wieder aufgegeben wird.
    Ich möchte im Folgenden eine Metapher verwenden: Wir sind in unserer näheren Umwelt gleichsam in vier verschiedenen Firmen beschäftigt. Die Beziehung zum Kranken nenne ich die Paarfirma. Daneben stehen wir im Berufsleben, der Arbeitsfirma. Das nicht-berufliche gesellschaftliche Umfeld will ich als Gesellschaftsfirma bezeichnen. Das allerwichtigste Unternehmen aber ist die eigene Person, die Ich-Firma.
    Die Paar-Firma
    Bei unseren Bemühungen, uns freizuschwimmen, spielt das »Festland« eine wichtige Rolle. Bei jeder Entscheidung sollten wir, wenn möglich, auch den betroffenen Patienten einbeziehen und auf ihn – mehr oder weniger – Rücksicht nehmen. Wird er durch unser Handeln verletzt, betrübt, neidisch, tiefer in den Sumpf seiner Selbstvorwürfe gestoßen oder ist er in der Lage, sich mit uns zu freuen? Ich wiederhole mich, um zu betonen, dass wir kein schlechtes Gewissen haben müssen!
    Falls wir mit dem Depressionsbetroffenen in einer Paarbeziehung leben, gehört zum Neuanfang auch, dass wir – immer unter Berücksichtigung der Belastbarkeit unseres Patienten –

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