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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Haus.«
    Der Dicke ließ sich mir gegenüber auf einem der Stühle nieder. »Sieht Danner ähnlich, hat plötzlich ’n Gast und nicht mal ein Ei im Kühlschrank!«
    »Gestern Abend hat er aber noch Rührei gemacht«, widersprach ich und schmierte dick Nutella auf eine Brötchenhälfte. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Molle schmunzelte.
    »Ach, das Rührei kam von dir!«, begriff ich. »Meine Oma hätte es nicht besser gemacht! Wenn ich in der Nähe bleibe, komme ich öfter vorbei.«
    »Wo willste denn hin?«, erkundigte sich Molle.
    Ich zuckte die Schultern und biss in mein Brötchen. »Schätze, ich such mir ’n Job und ’n Zimmer. Und wenn ich etwas Geld zusammenhabe, esse ich bei dir Rührei.«
    Molle musterte mich über den Rand seiner Brille hinweg: »Haste schon mal gekellnert?«
    Ich riss die Augen auf.
    »Nee? Na, macht nix, das haste schnell raus. Ich brauch ’ne Aushilfe. Vier Abende die Woche, vielleicht auch mehr, mal sehen.«
    »Gibst du jedem einen Job, der sich hier auf deine Kosten durchfuttert?«, wunderte ich mich.
    »Den meisten«, erklärte Molle ungerührt. »Ich kann dich ja wieder feuern. Sechs Euro die Stunde, was ist?« Er streckte mir seine Hand entgegen.
    Weil ich in der Linken gerade die Teetasse hielt, klemmte ich das Brötchen zwischen meine Zähne und schlug ein.
    »Ich hab übrigens schon mal gekellnert«, berichtete ich dann. Zwei Jahre lang, um genau zu sein. Bis mein Bruder gepetzt und meine Mutter einen Riesenaufstand gemacht hatte.
    »Umso besser«, brummte Molle zufrieden.
    Ich kratzte mich am Kopf: »Dann brauch ich nur noch ’ne billige Bude. Fällt dir da zufällig auch was ein?«
    Dein Gästezimmer vielleicht?, ergänzte ich in Gedanken.
    Mir entgingen die Lachfältchen, die sich plötzlich von den Augenwinkeln aus über sein Gesicht ausbreiteten, nicht.
    »Was?«, bohrte ich sofort nach.
    »Du wirst es nicht glauben, aber mir fällt wirklich was ein!« Er rieb sich das stoppelige Kinn.
    »Jetzt mach’s nicht so spannend!«
    »Da Danner dich bisher nicht gefressen hat, könntest du einfach bleiben, wo du bist.«
    »Bei Danner?«, wiederholte ich stirnrunzelnd. »Ich glaube nicht, dass er sich darüber freuen wird.«
    »Der freut sich nicht mal über ’n Sechser im Lotto. Die Frage ist: Hältst du es mit ihm aus? Oder treibt er dich heute noch in den Wahnsinn?«
    Ich zuckte die Schultern: »Bisher komme ich ohne Zwangsjacke zurecht. Aber er wird nicht begeistert sein, mich überhaupt noch hier anzutreffen.«
    »Och«, winkte Molle ab, »das lass mal meine Sorge sein.«

6.
    Als Danner eine halbe Stunde später in der Kneipe auftauchte und mich das dritte Brötchen essen sah, sagte sein eisiger Blick mehr als genug. Polternd ließ er eine Sporttasche auf den Boden fallen.
    »Bist du immer noch nicht verschwunden?«, meckerte er, klaute mir das Brötchen samt Teller und setzte sich neben mich auf den noch freien Stuhl.
    Molle zog eine buschige Braue hoch und schob meinen Teller wieder zu mir zurück. »So schnell wirst du sie nicht loswerden. Sie ist meine neue Aushilfe«, klärte der Dicke den Detektiv auf.
    »Die? Du hast se doch nicht alle!«
    Danner verzichtete auf einen Teller und schnitt ein Brötchen auf. Die Krümel verteilten sich auf der rot karierten Tischdecke.
    »Sie braucht nur noch eine Schlafgelegenheit.« Molle sah interessiert zu, wie Danner nach der Butter angelte. »Und ich dachte, weil sie deine Couch schon kennt, bleibt sie einfach, wo sie ist!«
    Klirrend landete Danners Messer auf dem Tisch: »Bist du bescheuert? Die schnorrt sich hier rein und du willst sie einstellen? Die könnte drogenabhängig sein oder klauen wie ein Rabe! Oder ’n durchgeknallter Zuhälter ist hinter ihr her! Auf alle Fälle lügt sie, sobald sie den Mund aufmacht!«
    Ich horchte auf.
    Das stimmte.
    Ich log eigentlich immer. Meist grundlos, wahrscheinlich aus Gewohnheit, vielleicht war es aber auch pathologisch. Tatsächlich fielen mir schneller zwei bis drei passende Lügen ein, als dass ich die Wahrheit über die Lippen brachte.
    Die Wahrheit blieb mir gewöhnlich im Hals stecken, wie ein vergiftetes Apfelstück.
    Verständlicherweise kamen so eine ganze Menge Lügen zustande. Da war es entscheidend, den Überblick zu behalten und nicht jedem etwas anderes zu erzählen. Deshalb erfand ich nicht einfach irgendwas, sondern verbog nur die Tatsachen ein bisschen.
    Das machte ich mittlerweile schon so lange, dass mir nur selten noch Fehler passierten. Das letzte Mal hatte

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