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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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vorstellen. Ein Bier am Abend, okay, aber Danner war unmöglich abhängig! Das hätte ich doch gemerkt … Andererseits stand es nicht jedem auf der Stirn geschrieben – und das hier war mehr als eindeutig …
    Darauf hatte ich keinen Bock – vielleicht sollte ich doch besser meine Sachen packen und verschwinden?
    Ich sammelte ein paar Flaschen auf.
    Scotch, Sherry, Bacardi.
    Auf der Bacardi-Flasche klebte ein kleines, gelbes Preisschild.
    Ich hielt inne. Edeka, las ich, 040198.
    04.01.1998?
    Das Ding war zehn Jahre alt?
    Ich ließ die Flasche zurück auf den Teppich poltern und klappte die beiden Glasscheiben zur Seite, hinter denen die gefüllten Flaschen standen. Das Erste, wonach ich griff, war ein noch verschlossener Wodka Gorbatchow – zwei Jahre alt. Der Himbeergeist daneben war im letzten Jahr gekauft worden.
    Ich kontrollierte die anderen Flaschen. Alle waren mindestens ein Jahr alt, aus vielen fehlten nur ein oder zwei Gläser, andere waren noch verschlossen.
    Ich atmete auf.
    Musste ich immer gleich das Schlimmste denken? Wahrscheinlich gehörte die Hälfte der Flaschen Molle, der sie hier gelagert hatte, weil im Keller kein Platz mehr war.
    Ich holte drei Mülltüten aus der Küche. Während ich das Altglas einsammelte, klingelte das Telefon. Suchend sah ich mich um.
    Die Basisstation des schnurlosen Apparates stand auf dem Schreibtisch, das Telefon selbst hatte ich noch nicht gesehen.
    Das Klingeln kam aus Danners Schlafzimmer.
    Mit der Mülltüte in der Hand folgte ich dem Geräusch. Es klingelte unter dem Bett.
    Ich ging in die Knie und stöhnte, denn unter dem Bett steckten noch einmal mindestens zwanzig Akten. Dazwischen wühlte ich das Telefon hervor.
    Ohne zu zögern, nahm ich ab: »Privatdetektei Danner?«
    Einen Augenblick lang blieb es still, aber ich hörte jemanden hastig einatmen.
    »Hallo?« Ich setzte mich aufs Bett.
    »Wer ist da, bitte?«, fragte die Frau am anderen Ende. Sie klang sanft und sexy, sie hätte ohne Weiteres die gesichtslose Werbestimme einer Telefonsex-Hotline sein können, wäre da nicht dieser leicht schrille Unterton gewesen, der verriet, dass die Frau keine weibliche Begrüßung erwartet hatte.
    »Privatdetektei Danner«, wiederholte ich freundlich. »Mit wem spreche ich, bitte?«
    »Wer sind Sie?«, fragte die Frau noch einmal, ohne ihren Namen zu nennen.
    »Mein Name ist Simanowski. Ich bin die neue Sekretärin von Herrn Danner«, antwortete ich, während ich mich hintenüber aufs Bett kippen ließ und die Füße in die Luft streckte.
    »Die neue – was? «
    »Sekretärin«, gab ich geduldig Auskunft. »Herr Danner ist zurzeit nicht im Haus, aber wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Telefonnummer nennen, ruft er zurück, sobald er kann.«
    »Ach so … Nein, vielen Dank!«, entschied sie nach kurzem Überlegen. »Ich melde mich wieder.«
    Sie legte auf.
    Hm.
    Gab es jemanden, dem Danner von seiner neuen Untermieterin hätte erzählen sollen?
    Ich nahm das Telefon mit ins Wohnzimmer und kroch in den Schrank, um die restlichen Schnapspullen hervorzuangeln.
    »280490«, las ich zufrieden auf dem letzten Preisschildchen und verstaute die Flasche in der randvollen Tüte.
    Danner war kein Säufer. Er machte sich nur nicht die Mühe, seinen Müll wegzuschaffen, bevor es wirklich nötig war. Ich war erleichtert, dass mich meine Menschenkenntnis nicht im Stich gelassen hatte. Denn mit einigen Alkoholikern hatte ich bereits zu tun gehabt. Nicht mit den bekennenden Bankern, die schon morgens um zehn in der Fußgängerzone die besten Plätze besetzten, sondern mit denen, die mein Vater regelmäßig zu Gartenpartys einlud.
    Ich hatte mich oft gewundert, wie viele erfolgreiche Akademiker eine Blondine an ihrer Seite hatten, die wie Ende zwanzig aussah und sich ganz der Kindererziehung widmete. Die Tatsache, dass die Kinder bereits Auto fuhren und selten vor Mitternacht zu Hause waren, wurde gern mithilfe einer Flasche Sekt zum Frühstück verdrängt.
    Und ich hatte noch immer vor Augen, wie Dr. Weinstein (Richter a. D. und gottgleicher Mentor meines Vaters) auf der letzten Geburtstagsfeier plötzlich quer über den Schweinebraten seinen Gehstock gegen den Busen meiner Mutter tippte und meinte, das habe er schon seit fünfundzwanzig Jahren tun wollen.
    Meine Mutter war vor Schreck kreidebleich geworden, während Dr. Weinsteins Kopf mit dem Gesicht voran zwischen den Kartoffeln auf seinem Teller landete. Seitdem hatte Dr. Weinstein bedauerlicherweise nicht mehr an den Festlichkeiten

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