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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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nichts passiert?« Er zog mich an seinen Bauch.
    Ich hielt still.
    Die Berührung machte mir nichts aus. Ehrlich gesagt, gefiel sie mir sogar recht gut. Ich legte die Stirn auf die breite Brust des Dicken und ließ mich festhalten.
    Ich bekomme keine Luft! Der leblose Körper sackt auf mich runter, presst meinen Brustkorb zusammen, erstickt mich! Ich will ihn wegschieben, schaffe es nicht!
    Warmes Blut fließt mir über Arme, Gesicht und Haare.
    Ich will schreien, doch ich kriege keinen Ton heraus.
    Panisch schlage ich um mich, versuche, mich zu befreien …
    »Lila!«
    Danner hielt meine Arme fest, als ich hochschrak. Sonst hätte ich ihm mit ziemlicher Sicherheit eine gescheuert. Mein Herz raste. Im Halbdunkel des Schlafzimmers wunderte ich mich eine Sekunde lang, dass das Bett nicht wirklich mit Blut durchtränkt war.
    Danner ließ mich los, legte mir einen Arm um die Schultern und zog mich dicht an sich.
    Allmählich beruhigte ich mich wieder.
    Mit den Albträumen war zu rechnen gewesen. Schließlich wäre ich heute um ein Haar vergewaltigt worden.
    Und ich hatte einen Menschen getötet.
    Ich würde niemals wieder ruhig schlafen können.
    Ich spürte Danners warmen Körper an meinem Rücken und entspannte mich.
    Ich musste zugeben, ich genoss, dass Danner mich fester hielt als sonst. Dass Molle mir jeden Wunsch von den Augen ablas. Dass Staschek sich Sorgen um mich machte.
    Wie oft hatte ich mir insgeheim gewünscht, dass mich jemand in den Arm nahm und tröstete. Dass mir jemand sagte, dass nicht richtig war, was man mir antat, dass ich es nicht verdiente, dass es nicht an mir lag.
    Dass mich irgendjemand mochte.
    Ich lauschte auf den gleichmäßigen Rhythmus von Danners Atem, bis ich wieder einschlief.
    Am Frühstückstisch schob mir Molle den Stuhl unter den Hintern wie einem Kleinkind und küsste mich auf die Stirn. »Kaffee? Tee? O-Saft, ein Ei? Körnerbrötchen, Kürbiskernoder normal? Ich habe hier auch Schokoladenkuchen – und ein paar frische Erdbeeren, wenn du keine Brötchen willst?!«
    Vor Rührung war mir beinahe zum Heulen zumute.
    »Alles auf einmal, wenn’s geht.«
    Molle sprang auf und verschwand in der Küche.
    Danners Handy klingelte. Er warf einen kurzen Blick aufs Display und schaltete es aus.
    Molle stellte jedem von uns ein Glas Orangensaft und ein hart gekochtes Ei hin und mir außerdem Kuchen und eine Schüssel frischer Erdbeeren.
    Der Dicke beobachtete, wie ich die Erdbeeren mit den Fingern aß, und als Danner mir eine wegschnappte, kassierte er einen strafenden Blick.
    Staschek kam herein.
    »Erzähl mir nicht, dein Akku war ausgerechnet in dem Augenblick leer, in dem ich anrufe«, fuhr er Danner an und gab ihm eine Kopfnuss.
    »Irgendwie habe ich geahnt, dass du sowieso hier auftauchen würdest.«
    »Kannst du dir vorstellen, was im Büro los ist? Jeder Klatschreporter im Land ist hinter mir her!«
    »Dann hoffe ich, dass du alle abgehängt hast, bevor du hier aufgetaucht bist.« Danners Ton war sofort scharf geworden.
    Stascheks Blick fiel auf meine Handgelenke. Ohne sich weiter um Danner zu kümmern, kniete er sich neben meinem Stuhl auf den Boden: »Wie geht’s dir?«
    Bevor ich antworten konnte, ging erneut die Tür auf und Verena Seifert-Staschek kam herein, gefolgt von – Lena!
    Hastig zog ich die Ärmel meines Pullis über meine Handgelenke und versteckte die Hände unter dem Tisch.
    Molle schob zwei weitere Stühle heran und verteilte Teller. Verena musterte mich kurz, Staschek erhob sich vom Fußboden und setzte sich ebenfalls.
    Lena war stehen geblieben.
    Ich deutete mit einem Kopfnicken auf den freien Stuhl neben mir und schob ihr den Brötchenkorb hin.
    Lena starrte einen Augenblick auf mein blauschwarzes Handgelenk, das bei dieser Bewegung unter dem Ärmel hervorrutschte. Dann setzte sie sich neben mich und nahm sich ein Stück Kuchen.
    »Die Presse schlägt Purzelbäume vor Entzücken«, erzählte Staschek und legte sich gleich zwei Brötchen auf seinen Teller. »Ein toter Lehrer im Sprachlabor! Die Schlampe ist auf zweihundertfuffzig, weil ich ihr keine Details verraten habe. Sie nimmt gerade persönlich das Büro auseinander, um an Horsts Akte zu kommen, die zufällig in meinem Auto liegt. Aber ich kann eure Namen da nicht mehr lange raushalten.«
    Danner richtete sich angriffslustig auf.
    »Atme mal durch, Lenny«, winkte ich ab. »Denkst du wirklich, wir lassen uns so eine Werbung für die Detektei entgehen?«
    Danner sah mich erstaunt an.
    »Vielleicht haben wir

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