Der 7. Lehrling (German Edition)
bemerkt!“
„Soso“, zog Falk seinen Lehrling auf. „
Nicht bemerkt
. Dann ist Dir sicher auch entgangen, was vor uns im Südosten liegt?“
Quentin wandte seinen Kopf in die angegebene Richtung. Dann riss er die Augen auf: ein kegelförmiger Berg ragte in vielleicht sechs oder sieben Meilen Entfernung klar und deutlich aus der Ebene empor. Quentin konnte gut erkennen, dass oben auf dem Berg die Reste einer alten Festung standen. Er blickte Falk fragend an: „Ist das …?“
„Ja Quentin, das ist der Stauf. Es wird Zeit, dass wir uns vorbereiten.“
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Der Ruf eines Falken schallte dreimal durch das von der späten Nachmittagssonne beschienene Dach des Waldes und verstummte. Die wartenden Magier waren mit einem Mal aufs Höchste konzentriert. Nach Minuten, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkamen, hörten sie in ihren Verstecken leise das Getrappel von Pferdehufen. Vorsichtig lugten sie durch die Zweige.
Zehn Reiter mit ledernen Rüstungen und Helmen, unter denen ihr langes schwarzes Haar hervorlugte, kamen langsam in einer weit auseinandergezogenen Reihe und mit den Händen kampfbereit auf ihren Waffen den Weg entlang. Die Fremden ließen misstrauisch ihre Blicke über den Boden, die hBüsche und die Hecken wandern. Es war die Vorhut der
Horden
!
Milan spähte durch die Äste der Tanne nach unten und sah zu, wie ein Krieger nach dem anderen vorbeizog. Sie bemerkten ihn nicht. Als alle zehn, die er schon aus der Ferne gezählt hatte, unter ihm durch waren, hob er die Hände wie zu einem Trichter geformt an den Mund und ließ erneut dreimal den Ruf eines Falken erschallen. Er wartete noch einen Moment, dann begann er so leise und vorsichtig wie möglich seinen Abstieg.
York und Meara hatten die Stelle, an der der vorderste Topf mitten im Weg vergraben war, genau im Blick. Als der erste Reiter näher kam, überschlug sich Mearas Herz fast vor Aufregung, aber er ritt vorbei, ohne etwas zu bemerken. So ging es mit den anderen Reitern weiter. Erleichtert schaute sie zu York hinüber, der ihr zublinzelte und einen Daumen hoch hielt –
gute Arbeit!
Kurz danach, als sie die Vorhut schon nicht mehr hören könnten, kam Milan leise von der Tanne zurückgeschlichen. „Haltet euch bereit, die Hauptstreitmacht hat nicht viel Abstand“, flüsterte er im Vorbeihuschen Thordis, Meara und York zu. So schnell und leise wie möglich eilte er nun von Zauberer zu Hexe und informierte sie über die baldige Ankunft.
York schaute sich noch einmal um. Die Dämmerung brach langsam über den Wald herein.
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Quentin sah in die Gesichter der anderen Gefangenen. Alle waren genauso wie er bis aufs Äußerste gespannt. Seit einer guten halben Stunde marschierten sie nun schon durch den Wald auf die Stelle zu, an der York und die anderen sie erwarteten – wenn sie wirklich da waren. Quentin hatte nun schon vier Hohlwege mitgezählt, der eine länger, der andere kürzer, aber noch immer war nichts passiert! Sicher, Amina hatte von einem sehr langen Hohlweg gesprochen, aber dieser Wald würde irgendwann wieder aufhören, und dann?
Plötzlich fing sein Magen an, wie verrückt zu rebellieren. Quentin zuckte zusammen, drückte die Hände auf seinen Bauch und versuchte das Gefühl niederzukämpfen. Langsam gelang es ihm, obwohl es immer und immer stärker wurde. Das konnte nur eins bedeuten: Sie waren da!
Rasch warf er einen Blick auf die Bewacher, die sie nur ganz vorn vor den Gefangenen aus Serding und ganz hinten hinter den Gefangenen aus Enden begleiteten, weil der Weg so schmal war. Sie beachteten ihn nicht. Leise zischte er zu Falk hinüber: „Sie sind da!“ und wollte noch weiter mit ihm sprechen, als von weiter vorn überraschte Rufe ertönten.
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Thordis stand auf der kleinen Erhebung, hatte die Augen geschlossen und die Hände vor sich gestreckt. Nur Meara, die direkt neben ihr stand, hörte, wie sie leise: „
Hagjæ sprautaz
“ flüsterte und die Finger emporschnellen ließ.
In der Lücke zwischen den vorderen Bewachern und den Gefangenen aus Serding entstand ein handbreiter Spalt im Boden. Die sonst so friedlichen Zugochsen rissen die Köpfe hoch und blieben verunsichert stehen. Die vordersten Gefangenen aus Serding stießen einen Ruf der Überraschung aus und starrten gebannt auf die Erde hinunter.
Im nächsten Moment schnellten Triebe aus dem Boden, wuchsen, wurden dicker, streckten Zweige zu den Seiten aus, verwoben sich, wurden dornig, bekamen dichtes Laub. Die Bewacher hatten
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