Der 7. Lehrling (German Edition)
immer banden die Bewacher ihre Gefangenen an den Wagen fest, dann setzte sich der Zug in Bewegung.
Immer häufiger musste Quentin an Amina und York denken. Wann es nur endlich so weit sein würde? Er blickte zu Falk hinüber, aber der unterhielt sich gerade mit Medards Vater.
Der Lagerplatz war längst hinter einer Biegung des Weges verschwunden. Ein neuer Tag endloser Marschiererei lag vor ihnen.
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Meara und York hatten alle Töpfe an den vorgesehenen Stellen eingegraben oder in Spalten versteckt. Danach zogen sie sich vom Weg zurück, und ein paar Magier verwischten gründlich alle Spuren.
Milan teilte allen ihre Posten mit. Dann ging er wieder zurück an die Stelle, wo der Weg vom Stauf auf den Hauptweg traf. Thordis stand schon bereit. Milan gab ihr das verabredete Zeichen.
Die Hexe schloss die Augen, atmete ein paar Mal tief durch und hielt dann die geschlossenen Hände mit den Handrücken nach unten vor sich. Dann sagte sie leise: „
Hagjæ sprautaz
“ und ließ im gleichen Moment ihre Finger nach oben schnellen.
Der Boden vor ihr erzitterte. In der gesamten Breite des Durchlasses taten sich kleine Risse in der Erde auf, aus denen grüne Schösslinge nach oben schnellten. Die Schösslinge wurden zu Ruten und bildeten Seitentriebe aus, die sich rasch ineinander verwoben. Dichtes Laub faltete sich raschelnd auseinander. Dornen durchstachen die frische blassgrüne Oberfläche der Zweige. In wenigen Augenblicken stand eine fast zwei Mann hohe, undurchsichtige und undurchdringbare Dornenhecke vor ihnen, die sich ohne erkennbaren Übergang in die Büsche und Hecken am Rande des Hauptweges einfügte.
Thordis öffnete die Augen und drehte sich lächelnd zu Milan um. „Das war's schon. Du bist wieder dran.“
Milan nickte ihr dankend zu und klatschte in die Hände. „In Ordnung, jeder geht jetzt auf seinen Posten. Keinen Laut mehr! Ich werde wie besprochen auf die Tanne hinaufklettern und gebe euch das Signal, wenn sie kommen. Denkt daran: Die Vorhut darf keinen Verdacht schöpfen! Seid leise und lasst sie einfach in Ruhe. Wenn sie vorbeigezogen sind, komme ich wieder hierher. Und wenn dann die Hauptstreitmacht eingetroffen ist, werden wir ihnen das Laufen beibringen. In Ordnung?“, rief er aufmunternd in die Runde.
Zustimmende Rufe und aufmunterndes Händeklatschen, dann verschwanden alle im Unterholz. Milan lauschte noch ein wenig in den Wald hinein, aber außer dem Zwitschern der Vögel konnte er nichts mehr hören. Zufrieden nickte er Thordis, Meara und York zu, die ihre Position auf einer kleinen Erhöhung rechts neben dem Durchgang bezogen hatten, dann machte er sich auf den kurzen Weg zu einer ebenso alten wie großen Tanne.
Sie hatten ein Seil hochgeworfen, weil man noch nicht einmal im Sprung an die hüftstarken untersten Äste der Tanne herankam. Geschickt hangelte Milan sich hinauf und begann dann den Aufstieg in die Krone des Baumes, die sicherlich dreißig Meter über dem Boden lag.
Je höher Milan hinaufstieg, desto mehr schwankte die Tanne im Wind hin und her. Der Schmiedegeselle störte sich nicht daran, schließlich erwarteten sie keinen Sturm. Ein gutes Stück unterhalb der Krone konnte Milan bereits über das Blätterdach des Waldes hinwegsehen; die Tanne war einer der größten Bäume im ganzen Wald und überragte die Laubbäume deutlich. Noch ein kleines Stück, dann hatte er es geschafft. Er setzte sich auf einen Ast, der sogar in dieser Höhe noch armdick war, und machte es sich bequem. Jetzt gab es nur noch eins: warten.
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Quentin trottete neben dem Wagen vor sich hin. Seine Gedanken waren irgendwo anders, weit entfernt. Er war so vertieft, dass Falk ihn mehrmals ansprechen musste, bis er endlich erschrocken aufblickte. „Was … was ist?“
Falk lächelte über den Wagen hinüber. „Meine Güte, wo warst Du denn gerade?“ Quentin wurde ein wenig rot. „Ist auch nicht wichtig“, fuhr Falk fort. „Sag, ist Dir noch nichts aufgefallen?“
Quentin sah sich suchend um und zuckte dann mit den Schultern. „Nein, wieso?“
„Na gut, ich gebe Dir eine kleine Hilfe: Schau nach rechts.“
Quentin sah angestrengt nach Süden und suchte nach dem, was Falk wohl gemeint haben konnte. Er wollte schon aufgeben, da bemerkte er es endlich: Der Bergrücken war verschwunden! Rasch schaute er nach Westen und sah, dass die letzten Hügel bereits ein gutes Stück hinter ihnen lagen. „Unglaublich“, drehte er sich wieder zu Falk um. „Ich habe es gar nicht
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