Der 7. Lehrling (German Edition)
konnte nur nicken. Sein Magen drohte schon wieder Purzelbäume zu schlagen, aber dieses Mal vor lauter Aufregung – an die Anwesenheit von Magiern hatte sich sein empfindlicher Bauch mittlerweile gewöhnt.
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Milan hatte mit Absicht den Weg über die Kalkfelsen gewählt, von hier aus hatte man den schönsten Blick über das ganze Dorf.
Langsam erkletterten die Pferde den sanften Anstieg an der Westseite. Mehr und mehr weiße Steine schauten durch den Waldboden und nahmen den Pflanzen den nährenden Untergrund, bis schließlich Bäume und Büsche ganz zurückwichen und den Blick auf eine kleine, grasbewachsene Hochebene freigaben, von der aus man die ganze Umgebung meilenweit überblicken konnte.
Falk und Quentin blieb vor Staunen fast der Atem stehen. Im Licht der späten Mittagssonne breitete sich ein Meer von Baumkronen vor ihnen aus, die in allen Gelb- und Rottönen leuchteten. Inmitten dieser schier endlosen Fläche war ein ordentlich abgegrenztes Pentagramm freigerodet und umschloss das größte Geheimnis der Magier: Filitosa.
Hier und da kräuselte sich Rauch aus einem Schornstein. Eine Windmühle reckte ihre großen Flügel in die Luft, Werkstätten lagen neben Häusern, die scheinbar eher landwirtschaftlichen Nutzen hatten, Weiden und Äcker wechselten sich mit Weinreben ab. Keine einzige Stelle schien ungenutzt. Und in der Mitte erhob sich, wehrhaft und trotzdem einladend, das große Haupthaus.
Milan ließ den Anblick noch etwas wirken, bevor er hinter Quentin trat und leise sagte: „Das, Quentin, ist der Ort, an dem wir alles gelernt haben, was wir vermögen. Zu dem wir immer und von überall her zurückkommen können. Wo wir Verständnis, Halt und Schutz finden. Unser Zuhause.“
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Sie ließen ihre Pferde im Schritt in Richtung Haupthaus gehen. Quentin sog jeden neuen Eindruck, jedes Haus mit großen Augen in sich auf. Auch Falk sah sich alles sehr genau an. Sein Blick, der zuerst eher skeptisch gewesen war, wurde langsam freundlicher, was sicher auch an den vielen fröhlichen Menschen lag, die ihnen überall über den Weg liefen und herzlich grüßten.
Das sollten alles Zauberer und Hexen sein? Falk verstand nicht, wie es ihm jemals entgehen konnte, dass es etwas wie Magie tatsächlich gab. Selbst wenn man alle Bewohner von Filitosa auf das Land verteilte, müsste ja praktisch in jedem Ort eine Hexe oder ein Zauberer wohnen! Wenn Falk gewusst hätte, wie nah er sich damit an der Wahrheit befand ...
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Langsam näherten sie sich dem Haupthaus, und Quentins Aufregung wuchs mit jedem Schritt seines braven Pferdes. Dann bogen sie um die letzte Ecke, die auf den breiten Weg zum Eingang führte, und Quentin sah das Oberhaupt der Magier zum ersten Mal.
Die Hände vor dem Bauch verschränkt stand Korbinian mitten im Eingangstor und erwartete sie. Er hatte keine Festkleidung angelegt, aber doch einen leichten Umhang aus feinem Stoff gewählt, der seinem Auftreten etwas mehr Würde verlieh als seine übliche Kleidung.
Dutzende von Magiern säumten den Weg und beobachteten die Neuankömmlinge, besonders natürlich Quentin, den – hoffentlich – siebten Lehrling.
Als sie sich bis zur Hälfte dem Eingang genähert hatten, sprang Milan aus dem Sattel, was auch die anderen als Zeichen sahen, ihren hohen Sitz zu verlassen. Mit Milan an der Spitze ging ihre kleine Gruppe auf Korbinian zu, der ihnen nun ebenfalls mit langsamen Schritten entgegenkam.
Dann trafen sie aufeinander. Die leisen Gespräche rundherum verstummten.
Milan hätte gern etwas gesagt, aber es wollte ihm nichts einfallen, was passend gewesen wäre, und so blickte er Korbinian nur mit vor Zufriedenheit leuchtenden Augen an. Sie hatten es geschafft, sie hatten den siebten Lehrling heil und unversehrt hergebracht!
Korbinian machte einen Schritt auf Milan zu und breitete die Arme aus. Milan musste sich etwas bücken, um die Umarmung seinerseits zu erwidern. Leise, aber doch noch so laut, dass einige der Umstehenden einschließlich Amina es verstehen konnten, sagte Korbinian: „Willkommen, Milan! Du kannst nicht im Traum ermessen, wie stolz wir auf euch sind! Danke, im Namen unserer ganzen Gemeinschaft. Danke!“
Als sie die Umarmung lösten, fühlte sich Milan so großartig wie noch nie in seinem Leben. Korbinian nickte ihm noch einmal ernst zu, bevor ein schelmisches Lächeln seine Augen umspielte. „Wenn ich Dich jetzt noch länger aufhalte, werde ich ganz sicher Ärger mit einer jungen Dame bekommen –
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