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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Hesse
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einfach. Aber hinterher war ich ganz schön aus der Puste.“
    Schweigsam gingen sie ein Stück weiter. Amina wusste immer noch nicht, was sie von dem Gespräch halten sollte, aber sie sagte nichts. Irgendwann fuhr Korbinian fort: „Amina, kennst Du Linnea?“
    „Die alte Hexe, die hinter der Pferdekoppel lebt und nie ins Dorf kommt?“
    „Genau die. Linnea ist eine gute Freundin, und sie ist sehr weise. Sie kann Dir eine Menge über Deine
Gabe
beibringen. Man nennt diese Begabung das
Zweite Gesicht
.“
    „Was? Das ist das
Zweite Gesicht
? Hat Linnea es auch?“
    „Nein, aber sie weiß sehr viel und kann Dir helfen, aus Deiner Begabung eine Fähigkeit zu machen. Und wenn alles klappt, kannst Du uns sogar mit dieser Fähigkeit bei der Suche unterstützen.“
    „Soll ich etwa nicht mit den anderen zusammen aufbrechen?“ Amina war enttäuscht. Das war bestimmt ihre Strafe ...
    „Nein. Es ist wichtiger, dass Du versuchst, so schnell wie möglich viel über Deine neu entdeckte Begabung zu lernen. Am besten gehst Du gleich heute Nachmittag zu Linnea.“
    Amina war verwirrt. Sie sollte das
Zweite Gesicht
haben? Sie begleitete Korbinian noch ein Stück durch das Dorf, dann ging sie ins Kontor der Metzgerei, um nachzudenken.
     
    #
     
    Milan war inzwischen bei der Heilerin angelangt. Er musste noch eine ganze Weile warten, bis er an der Reihe war. Die Heilerin hatte schier die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als Milan sich bis auf die Unterwäsche seiner Kleidung entledigt hatte. „Du meine Güte! Wie hast Du denn das hinbekommen? Gibt es eigentlich noch ein bis zwei Stellen an Deinem Körper, die nicht verschrammt oder grün und blau sind?“ Sie schüttelte den Kopf. „In Ordnung, das bekommen wir schon wieder hin. Was ist mit Deinem Fuß?“
    Milan erzählte ihr von dem Sturz in die Wolfsfalle. Die Heilerin schüttelte erneut den Kopf. „Du lässt aber auch nichts aus, wie? Gut. Zuerst wirst Du ein Bad mit Kräutern nehmen. Das wird helfen, die Abschürfungen schneller verheilen zu lassen. Du musst aber mindestens eine halbe Stunde im Bad liegen bleiben. Dann kommst Du wieder her, damit wir uns um Dein Fußgelenk kümmern können. Du hast Glück“, sagte sie, als Milan hinausging, „wenn Du nicht so stark wärst, dann wäre Dein Knöchel sicher gebrochen! Und nun verschwinde ins Bad. Der Lehrling weiß, welche Kräuter Du brauchst!“
     
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    Mittag war vorüber. Meara schritt mit ein paar anderen Mitgliedern der
8-Uhr-Speiche
zügig aus. Ihr Weg war weit, alles, was noch weiter außen auf der
Speiche
war, hatte Pferde. Korbinian hatte es bei allen
drei Speichen
so gemacht, dass die jüngsten und kräftigsten die weitesten Wege hatten. Sicher war das richtig, aber in der Mittagshitze hätte Meara sich lieber einen weniger anstrengenden Auftrag ausgesucht. Na gut, solange die älteren Hexen und Zauberer aus ihrer Gruppe nicht anfingen zu murren, würde auch sie sich nichts anmerken lassen.
    Nach einer Weile schalt sie sich selbst einen Dummkopf. War es nicht sie selbst, die erst vor kaum einer Woche geträumt hatte, sie würde auch bald einen Lehrling finden? Sie musste laut über sich selbst lachen.
    Als die anderen sie fragten, was denn so lustig sei, erzählte sie ihnen, was ihr gerade durch den Kopf gegangen war. Alle stimmten in das Gelächter mit ein, und irgendwie war der Marsch danach nur noch halb so anstrengend.
     
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    „Komm herein, Amina“, ertönte es von innen. Amina stutzte. Sie hatte die Hand zwar zum Klopfen erhoben, die Finger hatten das Holz jedoch nicht berührt. „Nun komm schon, lass eine alte Frau nicht warten“, erklang es erneut von innen.
    Amina öffnete vorsichtig die Tür. Die Lehrlinge erzählten sich die absonderlichsten Geschichten über Linnea, und Amina war sich nicht sicher, was sie nun erwarten würde. Sie trat in das Halbdunkel des kleinen Hauses.
    Linnea saß wieder in ihrem großen Sessel und las in einem Buch. „Guten Tag, Linnea, Korbinian schickt mich“, sagte Amina artig, bewegte sich aber keinen Zentimeter von der Türschwelle weg.
    „Nun, dann komm herein, mein Kind. Auch wenn die Lehrlinge alle möglichen naseweisen Märchen erzählen: Ich habe hier keinen Ofen, in den ich Kinder hineinstecke, um sie hinterher gut durchgebraten zu essen.“ Ein leises Kichern war zu vernehmen. „Nein, im Ernst: Ich freue mich, dass Du da bist. Korbinian hat mir erzählt, dass Du eine sehr seltene Begabung haben könntest, und es wäre schön, wenn das

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