Der 7. Lehrling (German Edition)
erzählen.
Gestern am späten Abend waren Verwandte aus dem Süden angekommen. Sie wohnten etwa auf halbem Weg zwischen Alm und Balsberg. Und was sie zu berichten hatten, ließ Medards Familie die restliche Nacht nicht schlafen. Am vergangenen Donnerstag war Alm von wilden
Horden aus dem Osten
überfallen worden. Nachdem sie Teile des Ortes geplündert, niedergebrannt und einige Leute erschlagen und andere verschleppt hatten, waren sie nach Norden weitergezogen. Medards Verwandte hatten sich keinen besseren Rat gewusst, als alles Hab und Gut, was auf ihren kleinen Eselskarren passte, zusammenzupacken und nach Balsberg zu ihren nächsten Verwandten zu fliehen. Es war fast Mitternacht, als sie gestern völlig erschöpft angekommen waren. „Wenn die
Horden
ihre Richtung beibehalten, sind sie am Samstag, spätestens Sonntag hier!“ Medard holte noch einmal tief Luft und schwieg dann.
Quentin, Finja und Falk waren bestürzt. Langsam kroch ihnen die Angst den Rücken hinauf. Plötzlich veränderte sich Quentins Gesichtsausdruck. Er packte Medard am Arm. „Was haben sie von dem Weg erzählt? Waren sie auch noch weiter im Süden? Südlicher als Alm? WAREN SIE AUCH IN MEINEM DORF??“ Beim letzten Satz überschlug sich vor lauter Angst seine Stimme.
Finja legte ihm die Hände auf die Schultern. „Ruhig, Quentin, ruhig! Medard kann doch nichts dafür.“
Medard schüttelte leicht den Kopf. „Ist schon gut, Finja.“ Und zu Quentin gewandt fuhr er fort: „Ich kann es Dir nicht sagen, leider. Sie haben nur von Alm erzählt, sonst nichts. Ich weiß nicht, wo die
Horden
vorher waren.“
„Ich ... ich wollte nicht ... Entschuldigung“, murmelte Quentin leise.
Medard nickte und nahm Quentins Hand, die immer noch seinen Arm festhielt. „Ist schon gut. Ich kann es Dir wirklich nicht sagen. Aber ich frage nachher nochmal, wenn ich zuhause bin. Versprochen!“
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Ihr nachdenkliches Schweigen wurde von dem Geräusch eines Fuhrwerkes unterbrochen, das auf der Straße herangerollt kam. Falk stand auf. „Was auch immer da auf uns zukommt, zunächst einmal gibt es heute noch allerhand zu tun, wie mir scheint. Wir haben noch fünf, vielleicht sechs Tage Zeit, da wird uns schon eine Lösung einfallen! Medard, wenn Du in der Mittagspause nach Hause gehst, frag Deine Eltern doch bitte, ob wir uns nicht heute Abend nach der Arbeit treffen können. Wir sollten gemeinsam beraten, was zu tun ist.“
Der Bauer war angekommen. Während Falk und Finja mit ihm über die
Horden
sprachen, luden Medard und Quentin die vollen Kornsäcke ab. Auch der Bauer war entsetzt, er hatte die schlechten Nachrichten noch nicht gehört. Hastig verabschiedete er sich bis zum Abend, er wollte unbedingt so schnell es ging nach Hause.
Bereits um die Mittagszeit wusste jeder Einwohner von Balsberg über die
Horden
Bescheid. Die Ersten hatten schon in aller Eile ihr Hab und Gut gepackt und waren auf der Flucht.
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Am nächsten Tag näherte sich Adina der Stadt Alm. Schon von Weitem hatte sie Brandgeruch bemerkt, der ihr vom Wind entgegengetragen wurde, und sie ahnte, dass in der Stadt etwas Schlimmes passiert war. Dann stieß sie im Wald an einer Kreuzung auf die breite Spur der
Horden
. Offenbar waren sie auf dem Weg ihrer Plünderungen nach Norden abgebogen!
Rasch untersuchte sie die Spuren. Es war eindeutig, die
Horden
waren hier entlanggekommen, auf direktem Weg zur Stadt Alm! Zum Glück waren die Abdrücke schon mehrere Tage alt, Adina schätzte sie auf Mitte der vergangenen Woche. Ein Schauer überlief sie: Alle Sucher nördlich von ihr waren unmittelbar in Gefahr!
Seit drei Tagen schon hatte sie nichts mehr von Amina gehört. Adina hoffte inständig, dass sie heute mit ihr Kontakt aufnehmen würde. Die anderen mussten dringend gewarnt werden! Hoffentlich war niemandem etwas passiert!
Eilig marschierte sie weiter in Richtung Alm. Schon von Weitem sah sie, was die
Horden
der Stadt und ihren Bewohnern angetan hatten. Viele Häuser waren niedergebrannt, aus den Trümmern stieg hier und da noch der beißende Qualm auf, den sie zuvor gerochen hatte.
In Alm angekommen, bot sich ihr ein entsetzliches Bild. Die Bewohner der Stadt hatten beschlossen, sich den Plünderern zur Wehr zu setzen, die vor nunmehr fünf Tagen von Süden aus gegen die Stadt vorgerückt waren. Nach anfänglichen Erfolgen der Bürger war eine zweite Angriffswelle der
Horden
im Nordwesten aufgetaucht. Sie hatten Alm in einem weiten Bogen umgangen und fielen im
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