Der 7. Rabe (German Edition)
der mit mir Vaters Blut teilt. Und, Farres: Markier ihn, wenn du ihn wirklich für dich haben willst. Andernfalls wird er auf der Canisfeste keine Nacht überleben. Nicht, wenn er bereits nach Blut riecht.“
Übergangslos verwandelte er sich und eilte mit langen Sätzen in den Wald hinein. Auch Farres humpelte los. Gottverfluchte Rabenbrut! Sie hatten seine Schwester regelrecht in Stücke gehackt, als diese sich mit König Rajadas treffen wollte, um Territorialverhandlungen zu führen. Die beiden Wölfe, die sie begleitet hatten, wurden erst Tage später gefunden. Man hatte ihnen die Augen ausgestochen, ihre Nasen zertrümmert und sie orientierungslos in der Wildnis zurückgelassen. Beide hatten es nicht geschafft. Seit dieser völlig sinnlosen grausamen Tat war aus dem schwelenden Konflikt zwischen Raben- und Wolfswandlern über die Grenze zwischen ihren Reichen ein offener Krieg geworden, der von beiden Seiten mit aller Härte geführt wurde. Nicht alle Rudel und Rabenschwärme zogen dabei mit, doch zwischen Rajadas und Farouche gab es keine Gnade oder Erbarmen.
Farres humpelte schneller, als der Wind ihm die Witterung von Raben zutrug. Noch waren sie rund eine Meile entfernt und die Bäume schützten ihn bereits vor ihren Blicken. Ein Glück, dass diese Bastarde zwar scharfe Augen besaßen, Gehör und Geruchssinn hingegen vergleichsweise schwach ausgeprägt waren. Andernfalls hätten die Wölfe gar keine Chance gegen das hinterhältige geflügelte Pack.
In einem nahezu undurchdringlichen Tannenwald ließ Farres schließlich seinen Gefangenen liegen, verwischte seine Spuren, so gut es ging – ein Hoch dem anhaltenden Regen! – und kroch zurück zu Raj, der sich mittlerweile schwach regte.
Sicherheitshalber knebelte er ihn mit einem langen Streifen seiner eigenen Tunika und fesselte seine Hände dergestalt um den Stamm einer Tanne, dass der verdammte Rabe sich diesmal nicht den Weg in die Freiheit beißen konnte. Die niedrigen Äste des Baumes entfernte er, bevor sich einer von ihnen beiden ein Auge ausstach. Noch immer sickerte Blut aus den Stichwunden und bei der Überstreckung des Armes stöhnte Raj gequält. Wenn das nicht besser wurde, musste Farres ihn verbinden, falls er seinen Gefangenen lebend mitnehmen wollte.
Farres witterte die Raben, die nun über den Bäumen kreisten und hörte ihre krächzenden Rufe. Raj reagierte nicht, er war offenkundig blind und taub für die Nähe seiner Sippe. Gut so. Im Schutz der Dunkelheit würde Farres ein weites Stück stromaufwärts laufen und dort die Nande ungefährdet überqueren, ohne dass die Raben etwas davon mitbekommen würden. Noch vor dem Morgengrauen würde er die Canisfeste erreichen. Bis dahin hieß es abwarten … Und eine wirklich unliebsame Aufgabe übernehmen.
~*~
Raj wimmerte unwillkürlich vor Schmerz, als der Wolf ihm fluchend die Fesseln löste und begann, seine anhaltend blutenden Wunden zu versorgen. Bei jeder Bewegung der rechten Schulter durchzuckte ihn höllische Pein. Er war dankbar für den Knebel, der sein würdeloses Gewinsel dämpfte. Als Farres fertig war, dachte Raj zunächst, es wäre nun vorbei und er bekäme ein wenig Ruhe. Stattdessen machte sich der Kerl an seiner Hose zu schaffen.
Raj erstarrte. Ja, vielleicht wollte Farres es ihm lediglich etwas bequemer machen und befreite ihn deshalb von den durchweichten Stiefeln und dem anderen Zeug. Hier unter den Tannen war der Boden trocken und selbst die piksigen Nadeln, unebenen Wurzeln und zahllosen Äste waren besser als der Matsch zuvor. Aber es war wenig wahrscheinlich, dass es um sein Wohlbefinden ging. Warum sollte es den Wolf kümmern, ob er sich unbehaglich fühlte oder nicht? Er wollte nicht nackt vor seinem Feind liegen! Am liebsten hätte er sich mit aller Kraft gewehrt, wenn sein Rücken ihm soviel Gezappel erlauben würde.
„Ich tue das nicht gerne“, flüsterte Farres, während er sich dicht über ihn beugte, nachdem er ihn erneut gefesselt hatte. Viel zu dicht. Der Wolf nestelte an seiner eigenen Kleidung. Innerlich zog sich alles in Raj zusammen, als er die Bedeutung der Worte verstand. Gütiger Gott, nein!
„Nimm ihn ab!“, brüllte er undeutlich gegen den Knebel und riss hektisch an den Fesseln, bis der Schmerz ihn stoppte.
Farres zauderte spürbar, dann zog er ihm die Stoffbinde über das Kinn.
„Wag es nicht zu schreien“, zischte er drohend.
„Warum?“, erwiderte Raj, statt darauf einzugehen. Seine schwankende Stimme verriet die Angst, die
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