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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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gemacht?«
    »Zuerst habe ich die Steuereinheit für das neurale System verändert um ein Geflecht von veränderten Reaktionsschemata zu erhalten, immer wenn die Umstände sich grundlegend verändert hatten.«
    »Damit haben Sie das System gezwungen sich als Reaktion auf neue Eindrücke weiterzuentwickeln.«
    »Im Prinzip, ja. Die veränderten Reaktionen waren zufällig, also musste ich einen Algorithmus generieren, der die Lösungen, die funktionierten, speicherte und die, die nicht funktionierten, herauswarf.«
    »Und wie haben sie das erreicht?«
    Tessa holte tief Luft. Es war eine instinktive Reaktion auf die Schwierigkeit in einfachen Sätzen etwas zu erklären, das selbst sie nur in der fachspezifischen Terminologie völlig begriff. Sie bereute sofort ihre Reaktion und hoffte, sie würde von ihrem Gegenüber nicht als Ungehaltenheit oder offene Unhöflichkeit ausgelegt. Doch Jonathan schien unbeeindruckt.
    »Ich habe das Programm sowohl in Attilas virtuelle Simulation des Labors als auch in Freds tatsächlich vorhandenen Körper eingespeist.«
    »So, wie wir gesehen haben, gibt es dem Programm die Möglichkeit erst abzuwägen, bevor es Fred eine Handlung ausführen lässt?«
    »Ja, so ähnlich«, bestätigte sie und ihre Blicke trafen sich.
    Nicht zum ersten Mal fiel ihr auf, wie bemerkenswert schnell seine Auffassungsgabe für einen Nichtfachmann war. Doch dann rief sie sich in Erinnerung, dass er einer der Besten unter den Besten, dazu noch ein Fellow von All Souls war, was einen Verstand voraussetzte, der wahrscheinlich alles meistern konnte, was er sich vornahm. Wie schade, dachte sie sich, dass er schwul war, dann wunderte sie sich, woher sie das wissen wollte. Weibliche Intuition? Oder einfach die auf der Hand liegende Tatsache, dass er um vierzig, gut aussehend und unverheiratet war?
    Jonathan beobachtete Fred, der bewegungslos vor dem Labyrinth stand. Er runzelte nachdenklich seine Stirn.
    »Sind Sie der Ansicht, dass er schnell lernt?«, fragte er schließlich. »Ich meine schneller, als Sie erwartet haben?«
    Wieder war Tessa von der Scharfsinnigkeit der Frage überrascht.
    »Nun, das tut er wirklich«, gab sie zurück. »Nicht am Anfang. Zuerst stand er starr da und ich glaubte schon, es funktioniere nicht. Doch als ich Attila abfragte, stellte ich fest, dass er wie verrückt rechnete. Zuerst wusste ich nicht, was los war.
    Dann bemerkte ich, dass das Programm aus Attilas Speichern alles abrief, was Fred jemals gemacht hatte. Das ging so zwei Tage lang, dann war alles vorbei und Fred begann besser zu werden. Aber nach jedem Versuch braucht er Zeit um alles, was er gemacht hat, noch einmal durchlaufen zu lassen.«
    »So als ob er träume?«
    Sie machte eine kurze Bewegung mit dem Kopf, so als ob sie den Begriff missbilligen würde, aber gleichzeitig als nicht ganz unzutreffend empfand. »Wenn Sie so wollen. Wie kommen Sie darauf, dass er schneller lernt, als ich erwartet habe?«
    Jonathan stand auf, streckte seinen Rücken um die Steifheit abzuschütteln und schlenderte zu einem der Fenster.
    »Etwas, das ich vor Kurzem gelesen habe. Theorien vom künstlichen Leben. Es hat den Anschein, als ob Leben, in diesem Fall intelligentes Leben, den Willen hat sich zu offenbaren. Ich möchte damit nicht etwas wie Lebenskraft ins Spiel bringen. Ich möchte eigentlich überhaupt nichts ins Spiel bringen. Ich rekapituliere nur, was verschiedene Wissenschaftler gesagt haben, nämlich, wenn man zufälligen Strukturen einen kleinen Anstoß gibt, bilden sie aus sich selbst heraus viel schneller planvolle Strukturen, als die Gesetze der Wahrscheinlichkeit voraussagen.«
    Sie sagte nichts dazu, bis er sich umdrehte und auf eine Antwort wartete.
    »Es hat den Anschein«, meinte sie und schob eine
    relativierende Bemerkung nach. »Doch inwieweit ›Muster‹
    vergleichbar mit ›Leben‹ ist, bleibt eine andere Frage.«
    »Richtig.« Er drehte sich wieder um und schaute eine Zeit lang nach draußen auf die Bäume, bevor er fortfuhr. »So wie Sie erklären, dass das Programm, Freds Gehirn, einen Weg gefunden hat seine Reaktionen auf neue Reize im Licht von erworbenem Wissen neu zu organisieren… «
    Er brach ab und drehte sich wieder zur ihr um, doch diesmal hatte sein Gesicht einen ernsten Ausdruck, den sie etwas einschüchternd fand.
    »… wenn«, führte er seinen Satz weiter, »das, was hier passiert, dem entspricht, dann gibt es Anwendungsmöglichkeiten, die weit über ein Steuerungssystem für Roboter

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