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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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könne sich nicht auch woanders entwickeln.«
    »Aber wenn wir von Reizen in Nervenzellen und Schaltern, die auf an oder aus stehen, sprechen, dann benutzen wir Abstraktionen, nichts weiter.« Helens Stimme nahm einen erregten Ton an. »Warum bilden wir nicht gleich Anordnungen aus Steinen oder Spielkarten oder Messern und Gabeln. Würde das genauso funktionieren?«
    »Theoretisch ja«, erklärte Tessa unbeeindruckt. »Außer dass in diesen Fällen die Prozesse so langsam ablaufen würden, dass keiner von uns lange genug leben würde um irgendeine Veränderung festzustellen.«
    »Also liegt der Schlüssel«, Clive stieß eine Rauchwolke aus, runzelte die Stirn und stieß eine weitere Rauchwolke aus, »in der Anzahl der Nervenzellen oder Schalter und in der Komplexität ihrer Operationen, richtig?«
    »Genau. Einfache Dinge fügen sich zu komplizierten Dingen zusammen. In einer Beziehung ist Bewusstsein eine Form von Emergenz, etwas, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.«
    »Also bist du und wir alle«, Helen machte eine ausholende Geste, »nicht mehr als emergente Formen unserer Gehirne?«
    Sie versuchte nicht die deutliche Verachtung in ihrer Stimme zu verbergen. »Du baust alle deine kleinen Bits und Stückchen und deine Schalter oder was sonst noch zusammen und Simsalabim, wie durch Zauberei, hast du bewusste Gedanken, Identität, einen freien Willen. Das ist grotesk!«
    »Du kannst nicht etwas als grotesk bezeichnen, dass dein ganzes Wesen ausmacht«, gab Tessa kalt zurück. »Und das Wort Zauberei gebrauchst du nur wegen deiner religiösen Erziehung.« Sie wusste, dass dies etwas unter die Gürtellinie ging, kümmerte sich aber nicht darum.
    Helen lehnte sich zurück und kniff die Augen zusammen, als sie sich bereitmachte ihre Zweifel an der Wissenschaft bis zum bitteren Ende zu verteidigen. »In Ordnung«, meinte sie,
    »selbst wenn wir mal annehmen, ausgehend von deiner Definition, eine Maschine könnte intelligent sein, ja sogar ein Bewusstsein haben, willst du mir doch nicht erzählen, sie könnte auch eine Seele haben.«
    »Eine Seele«, wiederholte Tessa mit einem Anflug von Lächeln, von dem sie wusste, dass es Helen noch mehr provozieren würde, »ist nur ein Begriff, den mein Computer genauso gut definieren kann wie du.«
    »Eine Definition«, schoss Helen zurück, die sichtlich bei dieser Diskussion die Geduld verlor, »ist etwas, was im Lexikon steht. Doch niemand, der alle Sinne beisammen hat, wird glauben, dass das Lexikon die Information, die es zur Verfügung stellt, auch versteht.«
    »Verstehen«, fuhr Tessa mit der gleichen Ruhe fort, »ist genauso schwer zu definieren wie Bewusstsein oder auch Seele.«
    »Ich denke«, nutzte Clive das kurze darauf folgende Schweigen, »ich werde mit meiner neuen Maschine Kaffee zubereiten. Wenn sie nicht, und ich vermute es fast, ihre eigenen Gedanken darüber hat.«
    »Sag mir eins«, forderte Helen Tessa auf, nachdem Clive weg war. »Du wirst bald ein Kind haben. Ein menschliches Leben. Weißt du nicht in deinem, nenn es wie du willst, Herz, Seele, Inneres, dass dieses Leben und das Bewusstsein, das es haben wird, Dinge sind, die niemals in einer Maschine sein werden oder in einen Computer programmiert werden können? Leben und Maschinen sind zwei unterschiedliche Dinge.«
    Tessa seufzte und lehnte sich zurück, tippte an die Seite ihres Kopfes und brachte einen neuen Aspekt in die Unterhaltung. »Du sprichst von Überzeugungen, Helen. Du bist davon überzeugt, dass der Geist eine Gabe ist, die ausschließlich ein Wesen aus Fleisch und Blut besitzt. Ich behaupte nur, möglicherweise ist es so, möglicherweise nicht. Was ist falsch daran, es herauszufinden?«
    14
    NETZMANN WUSSTE, DASS er, noch bevor die Nacht
    vorbei wäre, alles Wichtige über die Frau, auf die er heute Nachmittag am Wilshire Boulevard ein Auge geworfen hatte, in Erfahrung bringen konnte. Er war ihr zu dem Geschäft gefolgt, in dem sie augenscheinlich arbeitete, hatte dann die üblichen Datenbanken durchforscht und in null Komma nichts eine aktuelle Liste mit den Angestellten der Firma vor sich gehabt. Danach holte er sich von der Zulassungsstelle ein Foto auf den Schirm, das, obwohl nicht vorteilhaft, eindeutig die Frau zeigte. Doch plötzlich ließ seine Konzentration nach und er verlor das Interesse.
    Er war nicht müde. Das Problem war, er wusste, dass es diesmal nicht ernst war. Er wagte nicht, jetzt schon wieder zuzuschlagen. Selbst wenn er sie auf Eis legte, bis es wieder

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