Der 8. Tag
da, wo sie hingehören.«
»Vielleicht haben wir ihn auch gar nicht. Vielleicht stand er nicht auf der Liste.« Tim hatte sich langsam nach vorne über sein Glas gebeugt, das er zwischen den Fingern drehte.
»Es dauert immer noch eine Woche oder zehn Tage, bevor wir die DNS-Analysen haben.«
»Ja, aber was ist, wenn er uns durch die Maschen geschlüpft ist?«
»Nun, dann ist es halt so.« Jack machte eine Pause und nahm einen weiteren Schluck Scotch. »Hast du noch mehr Verdächtige?«
»Möglicherweise. Ich weiß es noch nicht.«
Jack schaute ihn eine Weile mit zusammengekniffenen Augen an.
»Willst du mir nicht endlich sagen, wo genau du diese Liste herbekommen hast?«
Tim hob den Kopf und ihre Blicke trafen sich. »Ich habe dir gesagt, dass es besser ist, wenn du es nicht weißt. Aber wenn es unbedingt sein muss: durch eine Menge illegaler Operationen im Internet.«
Es war mehr oder weniger, was Jack erwartet hatte, deshalb nickte er nur nachdenklich. »Wenn etwas davon vor Gericht herauskommt, dann ist es unser Todesurteil.«
»Muss es nicht. Wir werden einen anderen Haken finden, an dem wir den Scheißkerl aufhängen.«
»Ja.« Es entstand eine lange Pause. Jack drehte sein Glas und die Eiswürfel klirrten gegeneinander. »Zum Beispiel einen Fleischerhaken.«
35
SCHAU DIR DAS an«, sagte Clive und reichte Helen über den Frühstückstisch die Morgenzeitung.
Sie las die Stelle, die er zurechtgefaltet hatte, und winkte abwesend Matthew zum Abschied zu, der aus der Küche stürmte um zur Schule zu gehen. Der Artikel handelte von den vorläufigen Ergebnissen bei der Untersuchung des Berliner Flugzeugunglücks.
»Pilotenfehler«, stieß Clive, gerade als sie die betreffende Stelle las, hervor. »Genau das haben sie auch heute morgen im Radio gesagt.«
»Das ist aber nicht endgültig«, widersprach Helen. »Außerdem ist es genau so, wie Tessa es vorausgesagt hat.«
»Nicht ganz.«
»Sie sagte, dass es keinen Anhaltspunkt geben würde, und ganz offensichtlich trifft das zu. Es ist immer das Einfachste, es auf den Piloten zu schieben, auf beide Piloten, denn die sind ja tot.«
Clive murmelte eine nicht wiederholbare Bemerkung, während er sich Orangenmarmelade auf seinen Toast strich.
»Willst du damit sagen, dass du ihr nicht glaubst?«, fragte sie und musterte Clive genau.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich werde überhaupt nichts dazu sagen.« Er verstummte, nahm einen Bissen, kaute ihn sorgfältig und schluckte dann. »Gestern Abend war da ein Kerl namens Syme beim Essen, ein Gast von Howard.«
Howard Morrison war der Dekan von Clives Fakultät.
Bevor er als Dekan an die Fakultät zurückkehrte, an der er als junger Mann Assistent gewesen war, hatte er einen hohen Regierungsposten gehabt und verfügte immer noch über gute Beziehungen nach Whitehall und zu Regierungskreisen.
»Nun, ich habe Syme schon vorher einmal getroffen. Jonathan Syme, er ist ein Mitglied der All Souls und irgendein hohes Tier im Handelsministerium. Er kennt übrigens Tessa.
Beim Nachtisch stellte er mir ziemlich unverblümt alle möglichen Fragen über sie.«
»Was für Fragen?«, wollte Helen wissen und runzelte die Stirn.
»Nichts Besonderes. Allgemeine Dinge. Ich hatte das Gefühl, er wollte auf etwas hinaus, ich kam aber nicht dahinter.«
Das beständige Knirschen, mit dem Clive seinen Toast aß, war einige Augenblicke lang das einzige Geräusch im Raum.
Helen schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein.
»Ich denke, wir sollten es ihr lieber sagen«, meinte sie schließlich.
»Aber was? Wie ich schon sagte, es war alles ganz unverfänglich.«
Helen schwieg einen Moment, bevor sie fragte: »Woher wusste er, dass du Tessa kennst?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, er hat einfach gesagt, ›Sie sind doch ein Freund von Tessa Lambert.‹ Vielleicht hat sie es ihm gesagt.«
»So!« Helens Mundwinkel verzogen sich zynisch. »Und vielleicht hat er dann in seinen Unterlagen nachgesehen und brachte Howard dazu, ihn zum Essen einzuladen, damit er dich aushorchen konnte.«
»Er hat mich nicht ausgehorcht. Es war ein ganz oberflächliches Gespräch, reine Konversation.«
»Warum hat er es dann aufs Tapet gebracht?«
»Zufall.« Clive zuckte mit den Schultern.
»Wenn solche Leute Interesse zeigen, dann glaube ich nicht an Zufall.«
»Komm schon Liebling, mach dich nicht verrückt. Wenn die Regierung so effizient wäre, dann würden die Züge pünktlich fahren.«
»Nein«, gab sie mit einem dünnen Lächeln
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