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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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selbst dadurch beliebter zu machen und ihre Wohlredenheit zu rühmen: Ich aber hingegen sagte, daß es genug sei, wenn ich noch zur Zeit meine Freud an einem blanken Degen und einer guten Musketen hätte; nachdem auch das Frauenzimmer diese meine Rede billigte, verdroß es sie so sehr, daß sie mir heimlich den Tod schwuren, ohnangesehen keiner war, der das Herz hatte, mich herauszufordern oder Ursach zu geben, daß ich einen von ihnen gefordert hätte, dazu ein paar Ohrfeigen oder sonst ziemlich empfindliche Wort genug wären gewesen, zudem ich mich auch ziemlich breitmachte. Woraus das Frauenzimmer mutmaßete, daß ich ein resoluter Jüngling sein müßte; sagten auch unverhohlen, daß bloß meine Gestalt und rühmlicher Sinn bei einer Jungfer das Wort besser tun könne als alle anderen Komplimente, die Amor je erfunden; welches die Anwesenden noch mehr verbitterte.

Das 12. Kapitel
    Das Glück tut dem Jäger unversehens eine adelige Verehrung
    Ich hatte zwei schöne Pferd, die waren alle meine Freud, die ich selbiger Zeit in der Welt genoß; alle Tag ritt ich mit denselben auf die Reitschul oder sonst spazieren, wenn ich sonst nichts zu tun hatte; nicht zwar, als hätten die Pferd noch etwas bedurft zu lernen, sondern ich tats darum, damit die Leut sehen sollten, daß die schönen Kreaturen mir zugehörten. Wenn ich dann so durch eine Gasse daherprangte, oder vielmehr das Pferd mit mir dahintanzte, und das alberne Volk zusah und zueinander sagte: »Sehet, das ist der Jäger! Ach welch ein schön Pferd! Ach wie ein schöner Federbusch!« oder: »Min God, war vor en prave Kerl is mi datt« so spitzte ich die Ohren gewaltig und ließ mirs so sanft tun, als ob mich die Königin Nicaula dem weisen Salomon in seiner höchsten Majestät sitzend verglichen hätte: Aber ich Narr hörete nicht, was vielleicht damals verständige Leut von mir hielten oder meine Mißgönner von mir sagten; diese letzteren wünschten mir ohn Zweifel, daß ich Hals und Bein brechen sollte, weil sie mirs nicht gleichtun konnten; andere aber gedachten gewißlich, wenn jedermann das Seinig hätte, daß ich nicht so toll daherziehen würde; in Summa, die Allerklügsten müssen mich ohn allen Zweifel für einen jungen Lappen gehalten haben, dessen Hoffart notwendig nicht lang dauren würde, weil sie auf einem schlechten Fundament bestünde und nur aus ungewissen Beuten unterhalten werden müßte. Und wenn ich selber die Wahrheit bekennen soll, muß ich gestehen, daß diese letzteren nicht unrecht urteilten, wiewohl ichs damals nicht verstund, denn es war nicht anders mit mir, als daß ich meinem Mann oder Gegenteil das Hemd hätte rechtschaffen heißmachen können, wenn einer mit mir zu tun hätte bekommen, also daß ich wohl für einen einfachen guten Soldaten hätte passieren können, wiewohl ich gleichsam noch ein Kind war. Aber diese Ursach macht' mich so groß, daß jetziger Zeit der geringste Roßbub den allertapfersten Helden von der Welt totschießen kann, wäre aber das Pulver noch nit erfunden gewesen, so hätt ich die Pfeife wohl im Sack müssen stecken lassen.
    Meine Gewohnheit war, wenn ich so herumterminierte, daß ich alle Weg und Steg, alle Gräben, Moräst, Büsch, Bühel und Wasser beritten, dieselbigen mir bekannt machte und ins Gedächtnis faßte, damit wenns etwa an ein oder anderm Ort künftig eine Occasion setzte, mit dem Feind zu scharmützeln, ich mir des Orts Gelegenheit beides offensive und defensive zunutz machen könnte. Zu solchem End ritt ich einsmals ohnweit der Stadt bei einem alten Gemäur vorüber, darauf vor Zeiten ein Haus gestanden; im ersten Anblick gedachte ich, dies wäre ein gelegener Ort darin aufzupassen oder sich dahin zu retiriern, sonderlich für uns Dragoner, wenn wir von Reutern übermannt und gejagt werden sollten. Ich ritt in den Hof, dessen Gemäur ziemlich verfallen war, zu sehen, ob man sich auch auf den Notfall zu Pferd dahin salviern und wie man sich zu Fuß daraus wehren könnte. Als ich nun zu solchem End alles genau besichtigen und bei dem Keller, dessen Gemäur noch rund umher aufrechtstund, vorüberreiten wollte, konnte ich mein Pferd, welches sonst im geringsten nichts scheuete, weder mit Lieb noch Leid nicht hinbringen, wo ichs hin wollte, ich sporte es, daß michs daurte, aber es half nichts! ich stieg ab und führt es an der Hand die verfallene Kellerstegen hinunter, wovon es doch scheuete, damit ich mich ein andermal danach richten könnte; aber es hupfte zurück, so sehr es immer

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