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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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hast, so brennet sein Haus auch schon lichterloh, und wenn ich nicht bald lösche, so wirds verbrennen«; mit diesen Worten zeigte ich ihm mit dem Finger, was ich sah: »Bleib nur«, sagte der Einsiedel, »es ist noch keine Gefahr vorhanden.« Ich antwortete, meiner Höflichkeit nach: »Bist du denn blind, wehre du, daß sie die Schaf nicht forttreiben, so will ich Wasser holen.« »Ei«, sagte der Einsiedel, »diese Bilder leben nicht, sie sind nur gemacht, uns vorlängst geschehene Dinge vor Augen zu stellen«; ich antwortet: »Du hast ja erst mit ihnen geredt, warum wollten sie dann nicht leben?«
    Der Einsiedel mußte wider seinen Willen und Gewohnheit lachen, und sagte: »Liebes Kind, diese Bilder können nicht reden, was aber ihr Tun und Wesen sei, kann ich aus diesen schwarzen Linien sehen, welches man lesen nennet, und wenn ich dergestalt lese, so hältst du dafür, ich rede mit den Bildern, so aber nichts ist.« Ich antwortet: »Wenn ich ein Mensch bin wie du, so müßte ich auch an den schwarzen Zeilen können sehen, was du kannst, wie soll ich mich in dein Gespräch richten? Lieber Vater, berichte mich doch eigentlich, wie ich die Sach verstehen soll?« Darauf sagte er: »Nun wohlan mein Sohn, ich will dich lehren, daß du so wohl als ich mit diesen Bildern wirst reden können, allein wird es Zeit brauchen, in welcher ich Geduld, und du Fleiß anzulegen.« Demnach schrieb er mir ein Alphabet auf birkene Rinden, nach dem Druck formiert, und als ich die Buchstaben kennete, lernete ich buchstabieren, folgends lesen, und endlich besser schreiben, als es der Einsiedel selber konnte, weil ich alles dem Druck nachmalet.

Das 11. Kapitel
    Redet von Essenspeis, Hausrat und andern notwendigen Sachen, die man in diesem zeitlichen Leben haben muß
    Zwei Jahr ungefähr, nämlich bis der Einsiedel gestorben, und etwas länger als ein halbes Jahr nach dessen Tod, bin ich in diesem Wald verblieben; derohalben siehet mich für gut an, dem kuriosen Leser, der auch oft das Geringste wissen will, unser Tun, Handel und Wandel, und wie wir unser Leben durchgebracht, zu erzählen.
    Unsere Speis war allerhand Gartengewächs, Rüben, Kraut, Bohnen, Erbsen und dergleichen, wir verschmäheten auch keine Buchen, wilden Äpfel, Birn, Kirschen, ja die Eicheln machte uns der Hunger oft angenehm; das Brot, oder besser zu sagen, unsere Kuchen backten wir in heißer Aschen aus zerstoßenem welschen Korn, im Winter fingen wir Vögel mit Sprinken und Stricken, im Frühling und Sommer aber bescherte uns Gott Junge aus den Nestern, wir behalfen uns oft mit Schnecken und Fröschen, so war uns auch mit Reusen und Anglen das Fischen nicht zuwider, indem ohnweit von unserer Wohnung ein fisch- und krebsreicher Bach hinfloß, welches alles unser grob Gemüs hinunter convoyieren mußte; wir hatten auf eine Zeit ein junges wildes Schweinlein aufgefangen, welches wir in einen Pferch versperret, mit Eicheln und Buchen auferzogen, gemästet und endlich verzehret, weil mein Einsiedel wußte, daß solches keine Sünde sein könnte, wenn man genießet, was Gott dem ganzen menschlichen Geschlecht zu solchem End erschaffen; Salz brauchten wir wenig, und von Gewürz gar nichts, denn wir durften die Lust zum Trunk nicht erwecken, weil wir keinen Keller hatten, die Notdurft an Salz gab uns ein Pfarrer, der ohngefähr drei Meil Wegs von uns wohnete, von welchem ich noch viel zu sagen habe.
    Unsern Hausrat betreffend, dessen war genug vorhanden, denn wir hatten eine Schaufel, eine Haue, eine Axt, ein Beil, und einen eisernen Hafen zum Kochen, welches zwar nicht unser eigen, sondern von obgemeldtem Pfarrer entlehnet war, jeder hatte ein abgenutztes stumpfes Messer, selbige waren unser Eigentum, und sonsten nichts; ferner bedurften wir auch weder Schüsseln, Teller, Löffel, Gabeln, Kessel, Pfannen, Rost, Bratspieß, Salzbüchs noch ander Tisch- und Küchengeschirr, denn unser Hafen war zugleich unser Schüssel, und unsere Hände waren auch unsere Gabeln und Löffel, wollten wir aber trinken, so geschah es durch ein Rohr aus dem Brunnen, oder wir hängten das Maul hinein, wie Gideons Kriegsleute. Von allerhand Gewand, Wollen, Seiden, Baumwollen und Leinen, beides zu Betten, Tischen und Tapezereien hatten wir nichts, als was wir auf dem Leib trugen, weil wir für uns genug zu haben schätzten, wenn wir uns vor Regen und Frost beschützen konnten. Sonsten hielten wir in unserer Haushaltung keine gewisse Regel oder Ordnung, außerhalb an Sonn- und Feiertagen, an

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