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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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zum Kommandanten geführt, welcher sich sehr über meine Jugend verwundert'; er fragte mich, ob ich nie auf schwedischer Seiten gedient hätte und was ich für ein Landsmann wäre? Als ich ihm nun die Wahrheit sagte, wollte er wissen, ob ich nicht Lust hätte, wieder auf ihrer Seiten zu bleiben? Ich antwortet ihm, daß es mir sonst gleich gülte, allein weil ich dem römischen Kaiser einen Eid geschworen hätte, so dünkte mich, es gebühre mir solchen zu halten. Darauf befahl er uns zum Gewaltiger zu führen und erlaubte doch dem Kornett auf sein Anhalten uns zu gastiern, weil ich hiebevor meine Gefangenen (darunter sein Bruder sich befunden) auch solchergestalt traktiert hätte. Da nun der Abend kam, fanden sich unterschiedliche Offizier, sowohl Soldaten von Fortun als geborne Kavalier, beim Kornett ein, der mich und den Korporal auch holen ließ; da wurde ich, die Wahrheit zu bekennen, von ihnen überaus höflich traktiert: Ich machte mich so lustig, als ob ich nichts verloren gehabt, und ließ mich so vertraulich und offenherzig vernehmen, als ob ich bei keinem Feind gefangen, sondern bei meinen allerbesten Freunden wäre, dabei befliß ich mich der Bescheidenheit soviel mir immer möglich war, denn ich konnte mir leicht einbilden, daß dem Kommandanten mein Verhalten wieder notifiziert würde, so auch geschehen, maßen ich nachmals erfahren.
    Den andern Tag wurden wir Gefangenen und zwar einer nach dem andern vor den Regiments-Schulzen geführt, welcher uns examinierte; der Korporal war der erste und ich der ander. Sobald ich in den Saal trat, verwundert' er sich auch über meine Jugend und sagte, mir solche vorzurücken: »Mein Kind, was hat dir der Schwed getan, daß du wider ihn kriegest?« Das verdroß mich, vornehmlich da ich ebenso junge Soldaten bei ihnen gesehen als ich war, antwortet derhalben: »Die schwedischen Krieger haben mir meine Schnellkugeln oder Klicker genommen, die wollte ich gern wieder holen.« Da ich ihn nun dergestalt bezahlte, schämten sich seine beisitzenden Offizier, maßen einer anfing auf Latein zu sagen: Er sollte von ernstlichen Sachen mit mir reden, er hörte wohl, daß er kein Kind vor sich hätte. Da merkte ich, daß er Eusebius hieße, weil ihn derselbige Offizier so nannte; darauf fragte er mich um meinen Namen, und nachdem ich ihm denselben genennet, sagte er: »Es ist kein Teufel in der Höll, der Simplicissimus heißet.« Da antwortet ich: »So ist auch vermutlich keiner in der Höll, der Eusebius heißt!« Bezahlte ihn also wie unsern Musterschreiber Cyriacum, so aber von den Offiziern nicht am besten aufgenommen wurde, maßen sie mir sagten, ich sollte mich erinnern, daß ich ihr Gefangener sei und nicht Scherzens halber hergeholt worden wäre. Ich wurde dieses Verweises wegen drum nicht rot, bat auch nicht um Verzeihung, sondern antwortete: Weil sie mich für einen Soldaten gefangen hielten und nicht für ein Kind wieder laufen lassen würden, so hätte ich mich versehen, daß man mich auch nicht als ein Kind gefoppt hätte; wie man mich gefragt, so hätte ich geantwortet, hoffte auch, ich würde nicht unrecht daran getan haben. Darauf fragten sie mich um mein Vaterland, Herkommen und Geburt, und vornehmlich, ob ich nit auch auf schwedischer Seiten gedient hätte? item, wie es in Soest beschaffen? wie stark selbige Garnison sei und was des Dings mehr ist etc. Ich antwortet auf alles behend, kurz und gut, und zwar wegen Soest und selbiger Garnison soviel als ich zu verantworten getraute, konnte aber wohl verschweigen, daß ich das Narrnhandwerk getrieben, weil ich mich dessen schämte.

Das 15. Kapitel
    Mit welchen Conditionibus der Jäger wieder los worden
    Indessen erfuhr man zu Soest, wie es mit dem Convoi abgelaufen, und daß ich mit dem Korporal und andern mehr gefangen, auch wo wir hingeführt worden, derhalben kam gleich den andern Tag ein Trommelschläger uns abzuholen, dem wurde der Korporal und die drei anderen gefolgt und ein Schreiben mitgegeben folgenden Inhalts, das mir der Kommandant zu lesen überschickte:
    Monsieur, etc. Durch Wiederbringern diesen Tambour ist mir dessen Schreiben eingehändigt worden, schicke darauf hiermit gegen empfangene Ranzion den Korporal samt den übrigen dreien Gefangenen. Was aber Simplicium den Jäger anbelangt, kann selbiger, weil er hiebevor auf dieser Seiten gedient, nicht wieder hinüber gelassen werden. Kann ich aber dem Herrn im übrigen außerhalb Herrn-Pflichten in etwas bedient sein, so hat derselbe an mir einen

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