Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
Schwed- und Hessischen zu tragen oder zu gebrauchen.« Solches ließ sich der Obrist stracks gefallen, bot mir darauf die Hand und schenkte mir zugleich die Ranzion, befahl auch dem Secretario, daß er deswegen einen Revers in duplo aufsetzte, den wir beide unterschrieben, darin er mir Schutz, Schirm und alle Freiheit solang ich in der ihm anvertrauten Festung verbliebe versprach: Ich hingegen reservierte mich über obige zwei Punkte, daß ich, solang ich mich in derselben Festung aufhalten würde, nichts Nachteiliges wider dieselbige Garnison und ihren Kommandanten praktizieren noch etwas das ihr zu Nachteil und Schaden vorgenommen würde verhehlen, sondern vielmehr deren Nutzen und Frommen fördern und ihren Schaden nach Möglichkeit wenden, ja wenn der Ort feindlich attackiert würde, denselben defendieren helfen sollte und wollte.
    Hierauf behielt er mich wieder bei dem Mittagimbiß und tat mir mehr Ehr an, als ich von den Kaiserlichen mein Lebtag hätte hoffen dürfen; dadurch gewann er mich dergestalt nach und nach, daß ich nit wieder nach Soest gangen wäre, wenn er mich schon dahin lassen und meines Versprechens ledig zählen wollen.

Das 16. Kapitel
    Wie Simplicius ein Freiherr wird
    Wann ein Ding sein soll, so schickt sich alles dazu, ich vermeinte, das Glück hätte mich zur Ehe genommen oder wenigst sich so eng zu mir verbunden, daß mir die allerwiderwärtigsten Begegnisse zum Besten gedeihen müßten, da ich über des Kommandanten Tafel saß und vernahm, daß mein Knecht mit meinen zwei schönen Pferden von Soest zu mir kommen wäre; ich wußte aber nicht (wie ichs hernach im Auskehren befand) daß das tückische Glück der Sirenen Art an sich hat, die denjenigen am übelsten wollen, denen sie sich am geneigtesten erzeigen, und einen der Ursach halber desto höher hebt, damit es ihn hernach desto tiefer stürze.
    Dieser Knecht (den ich hiebevor von den Schweden gefangen bekommen hatte) war mir über alle Maßen getreu, weil ich ihm viel Guts tat, dahero sattelt' er alle Tag meine Pferd und ritt dem Trommelschläger, der mich abholen sollte, ein gut Stück Wegs von Soest aus entgegen, solang er aus war, damit ich nicht allein nicht so weit gehen, sondern auch nit nackend oder zerlumpt (denn er vermeinte, ich wäre ausgezogen worden) nach Soest kommen dürfte. Also begegnet' er dem Trommelschläger und seinen Gefangenen und hatte mein bestes Kleid ausgepackt. Da er mich aber nicht sah, sondern vernahm, daß ich bei dem Gegenteil Dienst anzunehmen aufgehalten werde, gab er den Pferden die Sporn, und sagte: »Adieu Tambour und Ihr Korporal, wo mein Herr ist, da will ich auch sein.« Ging also durch und kam zu mir, eben als mich der Kommandant ledig gesprochen hatte und mir große Ehr antat. Er verschaffte darauf meine Pferd in ein Wirtshaus, bis ich mir selbsten ein Logiment nach meinem Willen bestellen möchte, und pries mich glückselig wegen meines Knechts Treu, verwundert' sich auch, daß ich als ein gemeiner Dragoner und noch so junger Kerl so schöne Pferd vermögen und so wohl montiert sein sollte, lobte auch das eine Pferd, als ich Valet nahm und in besagtes Wirtshaus ging, so trefflich, daß ich gleich merkte, daß er mirs gern abgekauft hätte, weil er mirs aber aus Diskretion nicht feil machte, sagte ich, wenn ich die Ehr begehren dürfte, daß ers von meinetwegen behalten wollte, so stünde es zu seinen Diensten; er schlugs aber anzunehmen rund ab, mehr darum, dieweil ich ein ziemlichen Rausch hatte, und er die Nachred nicht haben wollte, daß er einem Trunkenen etwas abgeschwätzt, so ihn vielleicht nüchtern reuen möchte, als daß er des edlen Pferds gern gemangelt.
    Dieselbige Nacht bedachte ich, wie ich künftig mein Leben anstellen wollte: Entschloß mich derohalben, die sechs Monat über zu verbleiben wo ich wäre, und also den Winter, der nunmehr vor der Tür war, in Ruhe dahinzubringen, wozu ich denn Gelds genug wußte hinauszulangen, wenn ich meinen Schatz zu Köln schon nicht angriffe: In solcher Zeit, gedachte ich, wächst du vollends aus und erlangst deine völlige Stärke und kannst dich danach auf den künftigen Frühling wieder desto tapferer unter die kaiserliche Armee ins Feld begeben.
    Des Morgens frühe anatomiert ich meinen Sattel, welcher weit besser gespickt war, als derjenige, den der Kornett von mir bekommen, nachgehends ließ ich mein bestes Pferd vor des Obristen Quartier bringen, und sagte zu ihm: Demnach ich mich resolviert, die sechs Monat, in welchen ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher