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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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vorgezogen worden, auf der Jagd erwürgt.« Ich antwortet: »Wie kann jemand mit mir eifern, da ich doch dem Frauenzimmer nichts nachfrage?« »Versichert«, sagte sie, »wirst du des Sinns nicht verbleiben wie du jetzt bist, so wird dich das Frauenzimmer mit Spott und Schand zum Land hinausjagen, du hast mich jederzeit verlacht, wenn ich dir etwas zuvorgesagt habe, wolltest du mir abermal nicht glauben, wenn ich dir mehr sagte? Findest du an dem Ort, wo du jetzt bist, nicht geneigtere Leut als in Soest? Ich schwöre dir, daß sie dich nur gar zu lieb haben und daß dir solche übermachte Lieb zum Schaden gereichen wird, wenn du dich nicht nach derselbigen akkommodierest.« Ich antwortet ihr, wenn sie ja so viel wüßte, als sie sich dafür ausgebe, so sollte sie mir dafür sagen, wie es mit meinen Eltern stünde und ob ich mein Lebtag wieder zu denselben kommen würde? sie sollte aber nicht so dunkel, sondern fein teutsch mit der Sprach heraus. Darauf sagte sie, ich sollte alsdann nach meinen Eltern fragen, wenn mir mein Pflegvater unversehens begegne und führe meiner Säugammen Tochter am Strick daher; lachte darauf überlaut, und hängte dran, daß sie mir von sich selbst mehr gesagt, als andern die sie drum gebeten hätten: hernach machte sie sich, weil ich sie nur anfing zu foppen, geschwind von mir, als ich ihr zuvor etliche Taler verehrt, weil ich doch schwer am Silbergeld zu tragen hatte. Ich hatte damals ein schön Stück Geld und viel köstliche Ring und Kleinodien beieinander, denn wo ich hiebevor unter den Soldaten etwas von Edelgesteinen wußte oder auf Partei und sonst antraf, brachte ichs an mich und dazu nicht einmal ums halbe Geld, was es gültig war. Solches schrie mich immerzu an, es wollte gern wieder unter die Leut; ich folgte auch gar gern, denn weil ich ziemlich hoffärtig war, prangte ich mit meinem Gut und ließ solches meinen Wirt ohne Scheu sehen, der bei den Leuten mehr daraus machte als es war: Dieselbigen aber verwunderten sich, wo ich doch alles hergebracht haben müßte, denn es war genugsam erschollen, daß ich meinen gefundenen Schatz zu Köln liegen hatte, weil der Kornett des Kaufmanns Handschrift gelesen, da er mich gefangen bekommen.

Das 18. Kapitel
    Wie der Jäger anfängt zu buhlen, und ein Handwerk daraus macht
    Mein Vorsatz, die Büchsenmeisterei- und Fechtkunst in diesen sechs Monaten vollkommen zu lernen, war gut, und ich begriffs auch: aber es war nit genug, mich vorm Müßiggang, der ein Ursprung vieles Übels ist, allerdings zu behüten, vornehmlich weil niemand war, der mir zu gebieten hatte. Ich saß zwar emsig über allerhand Büchern, aus denen ich viel Guts lernete, es kamen mir aber auch teils unter die Händ, die mir wie dem Hund das Gras gesegnet wurden. Die unvergleichliche ›Arcadia‹, aus der ich die Wohlredenheit lernen wollte, war das erste Stück, das mich von den rechten Historien zu den Liebesbüchern und von den wahrhaften Geschichten zu Heldengedichten zog: Solcherlei Gattungen brachte ich zuwegen wo ich konnte, und wenn mir eins zuteil wurde, hörte ich nit auf bis ichs durchgelesen, und sollte ich Tag und Nacht darüber gesessen sein; diese lehreten mich für das Wohlreden mit der Leimstangen laufen. Doch wurde dieser Mangel damals bei mir nicht so heftig und stark, daß man ihn mit Seneca ein göttliches Rasen, oder wie er in Thomae Thomai Welt-Gärtlein beschrieben wird, eine beschwerliche Krankheit hätte nennen können; denn wo meine Lieb hinfiel, da erhielt ich leichtlich und ohne sonderbare Mühe, was ich begehrte, also daß ich keine Ursach zu klagen bekam wie andere Buhler und Leimstängler, die voller phantastischer Gedanken, Mühe, Begierden, heimlich Leiden, Zorn, Eifer, Rachgier, Rasen, Weinen, Protzen, Drohen und dergleichen tausendfältigen Torheiten stecken und sich vor Ungeduld den Tod wünschen. Ich hatte Geld und ließ mich dasselbe nit dauren und überdas ein gute Stimm, übte mich stetig auf allerhand Instrumenten; anstatt des Tanzens, dem ich nie bin hold worden, wies ich die Gerade meines Leibs, wenn ich mit meinem Kürschner focht; überdas hatte ich einen trefflich glatten Spiegel und gewöhnte mich zu einer freundlichen Lieblichkeit, also daß mir das Frauenzimmer, wenn ich mich dessen schon nicht sonderlich annahm, wie Aurora dem Clito, Cephalo und Tithoni, Venus dem Anchise, Atidi und Adoni, Ceres dem Glauco, Ulysse und Jasioni, und die keusche Diana selbst ihrem Endymione von sich selbst nachlief, mehr als ich dessen

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